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Enrico

Dienstag, 22 Oktober
So kanns nicht mehr weiterhin. Ich beobachte Ginevra schon länger und sie verhält sich komisch. Sie will mir nicht sagen, was das Problem ist? Fein. Ich finde es schon heraus.

»Signore?«, fragt Alfonso und stellt sich neben mich hin. »Hol 10 weitere Männer. Wir fahren ins Krankenhaus«, befehle ich und steige ein.

Ich sitze auf dem Rücksitz, während Alfonso den Wagen fährt. Meine Hände sind zu Fäusten geballt, und mein Blick ist starr auf die vorbeiziehende Straße gerichtet. Die Anspannung in mir wächst mit jedem Kilometer, den wir dem Krankenhaus näher kommen.

Seit Monaten benimmt sie sich merkwürdig. Sie zieht sich zurück, versucht, ihren Sorgen zu verbergen, aber ich kenne sie besser als sie denkt. Ich sehe die Angst in ihren Augen, höre die Unsicherheit in ihrer Stimme. Es muss etwas Ernstes sein, und ich kann nicht länger im Dunkeln tappen. Die Ungewissheit frisst mich auf.

Meine Gedanken rasen weiter. Was wenn etwas nicht mit der Schwangerschaft stimmt? Ein kalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter bei diesem Gedanken.

Endlich erreichen wir das Krankenhaus. Alfonso hält direkt vor dem Eingang, und ich steige aus, gefolgt von meinen Männern. Sie verteilen sich diskret im Erdgeschoss, um sicherzustellen, dass wir nicht gestört werden.

Mit schnellen Schritten und entschlossener Miene betrete ich das Krankenhaus. Die Menschen weichen zurück, als sie mich sehen. Mein Ruf eilt mir voraus. Ich bin hier, um Antworten zu bekommen, und ich werde nicht ohne sie gehen.

Ich gehe direkt zum Büro von Dr. Russo. Ohne anzuklopfen, trete ich ein. Die Ärztin blickt überrascht auf, aber sie erkennt mich sofort. Hinter mir betreten meine Männer den Raum und stellen sich schweigend an die Wände. Die Atmosphäre ist zum Schneiden gespannt. »Dr Russo«, beginne ich, meine Stimme ruhig, aber fest, »ich will wissen, was mit meiner Frau los ist. Jetzt.«

Dr Russo blickt mich an, und ich sehe die Unsicherheit in ihren Augen. Sie zögert. »Ich kann Ihnen das nicht einfach so sagen. Es verstößt gegen die ärztliche Schweigepflicht.«

Ich trete näher an ihren Schreibtisch heran, meine Stimme senkt sich zu einem gefährlichen Flüstern. »Ich bin nicht hier, um mir Vorschriften anzuhören, Doktor. Ich bin hier, um Antworten zu bekommen. Sie verheimlicht mir etwas, und ich werde nicht gehen, bis ich weiß, was es ist.« Sie schluckt und wirft einen nervösen Blick auf meine Männer, die stumm und bedrohlich den Raum füllen. Die Spannung ist greifbar. Sie zögert noch immer, aber ich sehe, wie ihre Entschlossenheit langsam bröckelt.

»Bitte, Sie müssen verstehen..«, beginnt sie, doch ich unterbreche sie scharf. »Nein, Sie müssen verstehen. Das ist kein Spiel. Was auch immer Sie mir sagen müssen, Sie sagen es jetzt.« Dr Russo sieht mich an, ihre Augen weit vor Angst. Sie nimmt einen tiefen Atemzug und ich sehe, wie ihre Schultern leicht zittern. Sie weiß, dass sie keine Wahl hat.

»Sie hat eine schwere Herzkrankheit«, sagt sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Geht raus«, sage ich zu meinen Männern. »Und jetzt können Sie fortfahren«, ergänze ich und schaue in ihre Augen. »Ihr Zustand hat sich rapide verschlechtert. Wir haben alles versucht, aber es gibt nichts mehr, was wir tun können. Sie hat nicht mehr viel Zeit.« Die Worte treffen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Mein Herz rast, und ich spüre, wie sich meine Wut in mir aufbaut. »Warum hat sie mir das nicht gesagt?«, frage ich scharf, obwohl ich die Antwort bereits kenne. Sie wollte mich schützen, wollte uns schützen.

»Sie wollte Ihnen keine zusätzliche Last aufbürden«, sagt Dr Russo leise. »Sie dachte, es wäre besser so.«

Ich trete einen Schritt zurück und lasse die Worte auf mich wirken. Die Realität trifft mich mit voller Wucht. Sie ist im neunten Monat schwanger, und ich wusste nicht, wie ernst es wirklich ist. Ich schließe kurz die Augen, versuche, meine Gedanken zu ordnen. Aber es fällt mir schwer, klar zu denken. Ich öffne die Augen und sehe Dr Russo fest an. »Was können wir jetzt tun?«, frage ich. »Gibt es noch eine Chance, sie zu retten?«

Dr Russo schüttelt den Kopf. »Wir können nur versuchen, ihre letzten Wochen so angenehm wie möglich zu gestalten und sicherzustellen, dass das Baby gesund zur Welt kommt.« Ich nicke langsam, meine Gedanken sind ein Wirrwarr aus Angst, Wut und Trauer. »Grazie, Doktor«, sage ich schließlich, meine Stimme rau. »Ich werde mich um den Rest kümmern.«

Ich verlasse das Büro und schaue die Männer an. »Wir gehen«, sage ich kurz angebunden. Auf dem Weg nach draußen fühle ich, wie die Blicke der Menschen auf uns ruhen, aber das ist mir egal. Als wir das Krankenhaus verlassen und wieder in den Wagen steigen, spüre ich, wie sich die Realität meiner Situation immer mehr auf mich legt. Ich habe nicht viel Zeit, aber ich werde alles tun, um sie und unser Kind zu schützen.

Zuhause, öffne ich leise die Tür zum Schlafzimmer. Ginevra liegt im Bett, in ein Buch vertieft. Als sie mich hereinkommen sieht, hebt sie den Blick unf schenkt mir ein müdes Lächeln. »Du bist zurück«, sagt sie sanft, doch in ihren Augen sehe ich die Schatten der Sorgen, die sie zu verbergen versucht. Ohne ein Wort zu sagen, gehe ich zu ihr und lege mich neben sie. Ich spüre, wie meine Anwesenheit sie beruhigt, auch wenn sie nichts sagt.

Ich lege eine Hand auf ihren runden Bauch, fühle die Bewegungen unseres Babys. Ein kleines Leben, das inmitten all dieses Schmerzes Hoffnung und Freude bringt.

Meine Hand wandert langsam von ihrem Bauch zu ihrem Herz. Ich spüre den schwachen, unregelmäßigen Schlag, der mich daran erinnert, wie zerbrechlich sie geworden ist. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, aber ich schlucke ihn herunter. Ich muss stark bleiben, für sie und für unser Kind.

Ginevra legt das Buch beiseite und sieht mich an. »Enrico, was ist los?«, fragt sie leise, als ob sie die Antwort fürchtet. Ich sehe sie an, meine Augen voller unausgesprochener Worte.

Ich öffne den Mund, um ihr zu sagen, was ich von Dr Russo erfahren habe, um die ganze Wahrheit zu teilen. Doch in diesem Moment verzieht sich Ginevras Gesicht vor Schmerz. Sie atmet scharf ein und greift nach meinem Arm. »Enrico..«, stöhnt sie, ihre Stimme voller Panik.

»Die Wehen.. sie haben begonnen«, sagt sie, ihre Augen weit vor Angst und Schmerz. Sie presst eine Hand auf ihren Bauch und atmet schwer.

Mein Herz rast. »Okay, okay«, sage ich, versuche ruhig zu bleiben, auch wenn mein Inneres tobt. »Wir müssen sofort ins Krankenhaus.«

La mia altra metàWo Geschichten leben. Entdecke jetzt