Ginevra
Mittwoch, 15. Mai
Mein Herz klopft aus Nervosität und Angst, als ich neben ihm im Wohnzimmer stehe. Der Standesbeamte spricht die Worte der Zeremonie, und unsere Familien beobachen alles genau.Meine Hände zittern leicht, als der Standesbeamte uns die Dokumente reicht. »Bitte unterschreiben Sie hier«, fordert er uns auf. Ich nehme den Stift, mein Griff ist schwach. Mit zittriger Hand setze ich meine Unterschrift auf das Papier. Danach reiche ich den Stift Enrico, und er unterschreibt mit einer Selbstverständlichkeit, die mich frösteln lässt.
»Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau«, sagt der Standesbeamte abschließend. Wir sollen uns ansehen, lächeln, aber mein Lächeln fühlt sich gezwungen an. Ich schaue ihm in die Augen, suche nach irgendeinem Funken von Verständnis oder Mitgefühl, finde aber nur Kälte. Schon wieder
Jetzt sind wir offiziell Mann und Frau, doch in mir herrscht eine bedrückende Leere.
Während unsere Familien reden, drehe ich mich zu Enrico um und schaue ihn an. »Hör auf so ein Eisblock zu sein«, murre ich. »Ich bin so, wie ich bin.« »Wie schnell vergisst du meine Hilfe?« »Grazie, Ginevra. Das heißt aber nicht, dass wir uns wie Liebende verhalten müssen.« »Denkst du ich will es? Du hast ja schlimmere Stimmungsschwankungen als ich.« Er verdreht die Augen und redet mit meinem Bruder. Menschen verändern sich nicht.
»Gigi!«, kreischt Aurora und umarmt mich. »Du bist einfach meine Schwägerin, auch wenn du es nicht sein willst.« »Ich wünschte du hättest noch einen Bruder-«
»-der nett und freundlich ist«, füge ich lauter hinzu, damit Enrico mich hört. Aurora lacht. »Das Leben ist kein Wunschkonzert«, kommt es von meiner Cousine. »Wie kannst du dich noch beschweren?«, fragt sie. Ich verdrehe die Augen und antworte ihr nicht. »Jetzt egal. Du musst dich umziehen!«
—
Ich stehe in meinem Zimmer und betrachte mein Spiegelbild. Das weiße Kleid, das ich trage, wurde extra für mich angefertigt. Es ist elegant, aber nicht übertrieben. Das figurbetonende Design passt sich an meine Taille an, bevor es locker nach unten fällt. Es ist kein Prinzessinnenkleid, sondern betont dezent meine Silhouette, genau wie ich es wollte.
Ich atme tief durch und streiche den Stoff glatt. Es fühlt sich seltsam an, so viel Sorgfalt in etwas zu stecken, das ich mir nicht gewünscht habe. Die Tür öffnet sich leise, und Enrico tritt ein. Ich drehe mich um und sehe ihn in der Tür stehen. Sein Blick wandert über mich und bleibt schließlich an meinem Gesicht hängen. Ein unbestimmbarer Ausdruck liegt in seinen Augen. »Bist du bereit?«, fragt er, beinahe sanft, doch ich kann die Kälte in seiner Stimme hören. Ich nicke einfach. Enrico tritt näher, und ich spüre seine Präsenz wie eine erdrückende Last. »Das Kleid steht dir gut«, sagt er. »Grazie«, murmele ich und schaue in seine Augen. Er reicht mir seine Hand, und ich zögere kurz, bevor ich sie ergreife. Seine Hand ist kühl und fest. Gemeinsam gehen wir zur Tür, und mein Herz fühlt sich an, als würde es aus meiner Brust brechen.
Das Auto steht bereit. Enrico öffnet die Tür für mich, und ich steige ein, setze mich auf den weichen Ledersitz und richte mein Kleid um mich herum. Er setzt sich neben und schließt die Tür. Der Fahrer startet den Motor, und wir rollen langsam die Auffahrt hinunter.
Die Fahrt zur Location ist still. Ich blicke aus dem Fenster und sehe die italienische Landschaft an mir vorbeiziehen. Mein Herz ist schwer, und dir Anspannung in mir wächst mit jedem Kilometer, den wir zurücklegen. Enrico bricht schließlich das Schweigen. »Es wird alles gut gehen«, sagt er, seine Stimme ruhig, fast beruhigend. Ich nicke, obwohl ich seinen Worten keinen Glauben schenken kann. »Hast du deine Freunde aus Polen eingeladen?«, fragt er. »Ja, habe ich.« Er nickt und spannt sich plötzlich an. »Gibts ein Problem?« »Nein.« Ich nicke und schaue wieder aus dem Fenster.
Nach einer Weile erreichen wir die Location. Der Fahrer hält an, und Enrico steigt aus, um mir die Tür zu öffnen. Ich nehme seine Hand und steige aus dem Auto, mein Kleid raschelt leise im Wind. Die Gäste haben sich bereits versammelt und blicken neugierig zu uns herüber.
—
Ich habe bereits mit fast allen Gästen gesprochen, meine Lippen schmerzen vom erzwungenen Lächeln. Trotz meiner anfänglichen Befürchtungen habe ich Enricos Familie richtig kennengelernt und festgestellt, dass sie alle nett und freundlich sind. Auch meine Familie aus Polen ist da. Sie haben lange Reisen auf sich genommen, um diesen Tag mit mir zu verbringen. Es ist ein kleiner Trost, ihre vertrauten Gesichter zu sehen und ihre liebevollen Umarmungen zu spüren. »Ginevra«, höre ich eine bekannte Stimme. Als ich mich umdrehe sehe ich Amelia und die anderen. »Ihr seid da!«, sage ich freudig und umarme sie. »Du siehst so wunderschön aus.«
Als ich Damian sehe, lächle ich ihn an. Wir hatten eine schöne Zeit in Polen.. eine vergängliche.
»Ich finde es wirklich krass, dass du einfach geheiratet hast«, sagt er. »Wieso?«, frage ich lächelnd. »Naja, du wolltest nie heiraten.« »Das stimmt-« »Wenn man die wahre Liebe findet, ändert sich alles«, mischt sich Enrico ein. Er schlingt seinen Arm um meine Taille und zieht mich zu sich. »Ja«, stimme ich ihm mit einem gefälschten Lächeln zu und klopft leicht auf seine Brust. Damian nickt und schluckt hart.
»Muss das sein«, flüstere ich und schaue ihn wütend an. »Denkst du ich lasse zu, dass meine Ehefrau auf unsere Hochzeitsfeier mit anderen Typen flitert?« »Du bist wirklich so-« »Was bin ich?« »Kinder, schaut hierher! Foto!«, kreischt Enricos Tante.
—
Gerade als wir aufstehen wollen, um zu tanzen, sehe ich eine Frau, die auf uns zukommt. Sie bleibt direkt vor unserem Tisch stehen und in der Hand hält sie ein Geschenk, das sie auf den Tisch legt. »Herzlichen Glückwunsch«, sagt sie mit einem Lächeln. Ich bedanke mich und versuche, ihre freundliche Geste zu erwidern. Doch dann merke ich, wie sich Enricos Gesichtsausdruck verändert hat. Seine Haltung wird steifer, und ein Schatten legt sich über sein Gesicht. Die Spannung zwischen den beiden ist fast greifbar, und ich fühle mich plötzlich unbehaglich. Sie sieht mich an und lächelt weiterhin. »Du versuchst mich, mit ihr zu ersetzen? Das wird nichts.« Schlagartig weiten sich meine Augen. Das ist sie.. Enricos Ex.
»Aria, was suchst du hier?«, fragt er und steht auf. Plötzlich taucht Elijah auf und stellt sich neben Enrico hin. »Ich wollte dich wieder sehen und da dachte ich mir, wieso soll ich kein Hochzeitsgeschenk mitbringen?« »Verschwinde«, knurrt Elijah. »Du sagst mir nicht, was ich tun muss. Ich möchte mit Enrico sprechen.« Ich bleibe still da und setze mich hin.
Es interessiert mich nicht. Es darf mich nicht interessieren.
Ich sehe, wie Enrico ihr folgt und mit ihr verschwindet. »Arschloch«, flüstere ich vor mich hin. Ich nehme das Geschenk in die Hand und packe es aus. Da drin ist ein Foto von ihr und Enrico, wo sie sich küssen. Ich atme tief ein und aus und hole den kleinen Zettel raus.
Enrico ist mein. Er wird für immer mein sein.
-AriaJetzt muss natürlich Aria kommen und alles ruinieren.. die Frage ist nur, ob sie es schafft :/
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La mia altra metà
Любовные романы𝐆𝐢𝐧𝐞𝐯𝐫𝐚 𝐀𝐧𝐚𝐬𝐭𝐚𝐳𝐣𝐚 𝐕𝐞𝐧𝐭𝐮𝐫𝐢 ist die Tochter eines wohlhabenden Geschäftsmannes. Nach der Trennung ihrer Eltern lebt sie mit ihrer Mutter in Polen und führt dort ihr eigenes Leben. Doch als ihre Mutter unerwartet an einer Krankhe...