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Ginevra

Freitag, 21. Juni
Ich sitze bequem auf der Couch, die Beine ausgestreckt, eine Schüssel Popcorn in der Hand. Während ich das knusprige Popcorn genieße, läuft vor mir ein spannender Actionfilm. Plötzlich höre ich, wie die Haustür aufgeht. Mein Körper spannt sich an und ich bemerke, dass Enrico hereinkommt. Neben ihm steht eine junge Frau - ungefähr so in meinem Alter. Bevor ich etwas sagen kann, erklärt er kühl: »Das ist Elena. Sie wird hier als Haushälterin arbeiten.«

»Eine Haushälterin? Das ist doch nicht dein Ernst, Enrico«, sage ich, obwohl ich versuche, meine Abneigung zu verbergen. Enrico ignoriert meinen Protest und wendet sich an Elena: »Ich zeige dir jetzt deinen Zimmer und mache mit dir einen Rundgang durch die Villa.«

Ich bleibe auf der Couch sitzen, versuche mich wieder auf den Film zu konzentrieren, aber mein Geist schweift immer wieder ab. Widerwillig greife ich erneut nach dem Popcorn, doch der Geschmack ist plötzlich fade. Ich mache den Fernseher aus, weil ich zu wütend bin, um mich noch auf den Film zu konzentrieren. Der Gedanke, dass Enrico ohne mein Einverständnis eine Haushälterin eingestellt hat, bringt mich auf die Palme. Ich stehe auf und gehe die Treppen hinauf ins Schlafzimmer. Im Schlafzimmer öffne ich eine Schublade, um meine Ladekabel zu nehmen, doch ich entdecke eine Pistole. Mein Herz setzt einen Moment aus. Was macht diese Waffe hier? Vorsichtig nehme ich sie heraus und setze mich auf das Bett. Ich halte die Pistole in den Händen und starre sie an, während meine Gedanken rasen.

Genau in diesem Moment geht die Tür auf und Enrico kommt herein. Er bleibt stehen, als er die Pistole in meinen Händen sieht. »Was machst du da, Ginevra?«, fragt er mit einer kalten, kontrollierten Stimme. Ich sehe ihm direkt in die Augen, mein Griff um die Pistole wird fester. »Ich könnte dich dasselbe fragen, Enrico. Warum bringst du einfach eine Fremde in unser Haus, ohne mich zu fragen?«

Er verschränkt die Arme vor der Brust und tritt ein Schritt näher. »Eine Haushälterin zu haben, ist keine schlechte Idee. Übertreib nicht.« Ich stehe auf und gehe näher zu Enrico, die Pistole noch immer in der Hand. »Du wohnst hier nicht alleine«, brumme ich. »Schön. Trotzdem treffe ich die Entscheidung hier, nicht du.« Mein Griff um die Pistole wird fester, und ich merke, wie meine Hand zittert. »Ich will sie hier nicht haben. Punkt aus Ende.« »Das ist mir so verdammt egal.« Ich verdrehe die Augen und plötzlich löst sich ein Schuss. Ein ohrenbetäubender Knall erfüllt den Raum, und ich sehe mit Schrecken, dass ich Enrico ins Bein geschossen habe. Er steht immer noch und sieht gar nicht so aus, als würde er leiden. »Ups«, sage ich. »Mein Fehler.« Sein Blick ist voller Zorn. Eigentlich sollte er zu Boden stürzen und schmerzhaft schreien - er macht das Gegenteil.

»Du willst mich so fertig machen? Du kennst mich ja noch gar nicht.« Er reißt die Pistole aus meiner Hand und geht an mir vorbei. Ich folge ihm, unfähig, meinen Blick von ihm abzuwenden. Trotz der blutenden Wunde zeigt er keine Anzeichen von Schwäche. Er öffnet den Medizinschrank und holt Verbandszeug und Desinfektionsmittel heraus. Mit erstaunlicher Ruhe und Präzision beginnt er, seine Wunde zu reinigen und zu verbinden. »Du brauchst einen Arzt«, sage ich. »Ich habe schon Schlimmeres überstanden«, meint er trocken. »Das hier ist nichts.« Der Schock darüber, dass ich ihn tatsächlich angeschossen habe, ist überwältigend.

»Wie kannst du nur so gefühllos sein?«, platzt es aus mir heraus. »Ich habe dich gerade angeschossen, und du tust, als wäre es nichts. Was bist du für ein Mensch?« Er beendet das Verbinden seiner Wunde und schaut mich mit eisigen Augen an. »Ich bin jemand, der überlebt, Ginevra. In meiner Welt gibt es keinen Platz für Schwäche. Du solltest das langsam verstehen.« Seine Worte treffen mich hart, und der Hass in mir wächst. Ich sehe ihn an, sehe die Härte und die Unbarmherzigkeit in seinen Augen.

»Du bist ein Monster, Enrico«, sage ich leise, aber mit fester Stimme. »Und ich werde niemals so werden wie du.« Er zuckt nur mit den Schultern und wendet sich ab, als ob meine Worte keine Bedeutung hätten.

La mia altra metàWo Geschichten leben. Entdecke jetzt