Kapitel 44

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„Hast du da unten irgendwas gesehen oder gehört?", fragte ich, Alecs Hand in meiner haltend. Wir befanden uns in seinem Zimmer, das ebenso zertrümmert war, wie der Rest des Instituts. Ich hatte ihm geholfen seine alte Waffentruhe wieder aufzustellen. Gemeinsam hatten wir uns darauf nieder gelassen. Langsam bewegte ich meine Finger über seiner Hand, ließ meiner Magie freien Lauf, sprach einen Heilzauber und sah zu, wie sich die blauen Funken langsam wie einen Schleier um seine Hand legten. Alec schüttelte immer wieder den Kopf, blickte wie erstarrt gegen die Wand in seinem Zimmer, von der der Putz mittlerweile abgebröckelt war.

Es kostete mich einiges an Kraft und Energie, diesen Zauber zu sprechen, doch war Alec auch für mich da gewesen; hatte er dafür gesorgt, dass ich dort unten am Leben blieb. Da ich noch immer um einiges geschwächter war als üblich, dauerte es länger, bis mein Zauber endlich Wirkung zeigte. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich den Funken dabei zugesehen hatte, wie sie Alecs Hand unter sich vergruben und langsam seine Knochen heilten. Erst als Alec seine Hand aus meinem Griff zog und sie zur Faust ballte, mir einen dankenden Blick zuwarf, ließ ich meine Magie verpuffen. Die kleinen Funken und glühenden Schlieren lösten sich in Luft auf und plötzlich war es so, als wäre nie etwas gewesen.

Alec zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir nicht sicher ...", stammelte er nachdenklich vor sich hin und betrachtete seine zwischenzeitlich wieder geheilte Hand. Wie ich ließ auch er aufmerksam seine Blicke schweifen. „Es muss einen Grund geben, wieso wir wieder zurück sind ...", sinnierte ich vor mich hin; fiel es mir allerdings schwer, mich zu konzentrieren.

„Ich glaube da war ein Mädchen.", begann Alec schließlich. Neugierig horchte ich auf und blickte in sein verträumtes Gesicht. Ein merkwürdiger Ausdruck lag in seinen Augen. Als wäre er nicht wirklich hier, sondern als wäre ein Teil von ihm noch immer da unten – noch immer in Idem. „Was für ein Mädchen?", fragte ich dann vorsichtig. Wieder schüttelte er den Kopf und wieder zuckte er mit den Achseln. „Ich ... ich bin mir nicht sicher. Sie trug ein langes weißes Kleid, hatte lange schwarze Haare. Sie war höchstens sechs oder sieben Jahre alt."

Augenblicklich sog ich die Luft tief in meine Lungen. „Hat sie was gesagt?" Mittlerweile hatte sich Alec aus seinem tranceähnlichen Zustand wieder befreit. Er wandte seinen Kopf seitlich zu mir und blickte mich fragend an. Er runzelte die Stirn; erinnerte sich. Dann nickte er. „Ja, hat sie ...", begann er und versuchte die Worte, die Bilder und Gedanken ganz offensichtlich zu sortieren. Er räusperte sich.

„Erkomei .... oder so Ähnlich."

„Erchomai?", fragte ich schließlich. Alec nickte.

„Wieso? Was ist? Was bedeutet das?"

Ruckartig hatte ich mich von der Truhe erhoben und lief rastlos in seinem Zimmer auf und ab, stieg über die zerstörten Möbel, schob Scherben mit meinen Füßen zur Seite und hielt immer wieder einen kurzen Augenblick inne, um Luft zu holen; um nachzudenken.

„Magnus?"

Ich wandte mich wieder zu ihm um. Mit großen Augen blickte er mich an, Angst lag in seinen Blicken. Blanke Panik war ihm ins Gesicht geschrieben.

„Erchomai.", wiederholte ich das Wort noch einmal. „Das ist griechisch und bedeutet so wie viel 'Er wird kommen.' oder 'Er wird auferstehen.'"

Jetzt hatte auch Alec sich von der Truhe erhoben. „Wer wird kommen?"

„Ich weiß es nicht.", erwiderte ich und zuckte unwissend mit den Schultern.

„Asmodeus?"

Ich erwiderte seinen fragenden Blick, wusste ich doch ebenso wenig wie er, was vorgefallen war oder was noch kommen würde. „Könnte sein."

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt