Chapter Fourty Two

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Caleb

»Bist du dir sicher, dass du heute in einem Hotel schlafen willst?«, fragte ich Stacy besorgt, als ich zwei Tassen aus dem Küchenschrank nahm und sie mit frischem, heißen Kaffee füllte. »Ja«, verdrehte sie bloß die Augen. »Sei doch froh, dass ich euch etwas Privatsphäre gebe. Außerdem ist es vielleicht mal gar nicht schlecht, wenn ich heute etwas anderes ohne dich mache«, schlang meine Schwester ihre Arme um meine Hüfte und lehnte ihren Kopf an meine Brust. »Aber wenn du es dir nochmal anders überlegen solltest, kannst du jederzeit wieder herkommen. Versprichst du mir das. Autumn ist dir da nicht böse«, legte ich mein Kinn auf ihrem Kopf ab und streichelte liebevoll über ihren Rücken. »Versprochen«, gab Stacy widerwillig nach. »Ich hab dich lieb«, küsste ich ihren Scheitel und ließ sie, nachdem sie Anstalten machte, los. Stacy schnappte sich eine der gefüllten Tassen und ließ sich mir gegenüber auf einem der Barhocker nieder.

»Das ist ja fast schon gruselig. Woher kommen auf einmal deine Gefühle?«, sprach sie die Zeit vor Autumn an, in der ich, nach dem Tod unseres Bruders, nicht für sie da war. »Stacy«, wollte ich mich einmal mehr bei ihr entschuldigen. »Ist schon gut Caleb. Ich liebe dich auch. Das weißt du«, umfasste sie meine tätowierte Hand und strich über den »I regret everything« Schriftzug. Eine Erinnerung an die vergangene Zeit und an meine Eskapaden, auf die ich nicht stolz war. »Aber jetzt was anderes. Werden Autumn und du heute eure Zweisamkeit nutzen, um einen Schritt weiterzugehen? Weiht ihr heute dein neues Bett ein?«, zog sie mich auf, um vom vorherigen Thema abzulenken. »Du bist ja genauso schlimm, wie Reece«, seufzte ich genervt und nahm einen Schluck von dem belebenden Gesöff. »Das beantwortet meine Frage aber nicht«, war eine ihrer Augenbrauen hochgezogen. Dazu kam der verheißungsvolle Blick, mit welchem sie mich bedachte.

»Ich habe dafür keinen Plan. Entweder es passiert oder eben nicht. Mit Autumn geht es mir nicht darum so schnell, wie möglich Sex zu haben. Auch, wenn das am Anfang mein erster Gedanke war, als ich sie gesehen habe«, nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart. »Ach ja. Interessant«, war Stacys Nicken übertrieben langsam. »Na dann wünsche ich euch viel Spaß beim, keine Ahnung, ... Karten spielen vielleicht«, prostete sie mir mit ihrer Tasse zu und kicherte, wie ein kleines Kind. Diesmal war ich derjenige, der die Augen verdrehte und ihr einen dein Ernst Blick zuwarf. Stacy hob abwehrend ihre Hände und trat den Rückzug an. »Ich pack noch schnell ein paar Sachen zusammen und dann bin ich auch schon weg«, teilte sie mir auf ihrem Weg ins Wohnzimmer mit. »Mach das. Ich fahr dann jetzt ins Studio. Ich habe noch einen Termin«, warf ich einen prüfenden Blick auf die Uhr. Ich hatte noch eine halbe Stunde bis der Kunde auftauchen würde. Deshalb trank ich schnell meinen Kaffee aus, zog mich an und rief Stacy noch eine Verabschiedung zu, als ich die Wohnung zehn Minuten später verließ.

Mit meinem Ford fuhr ich durch die noch relativ stille Kleinstadt. Es war gerade erst kurz nach neun. Die meisten Touristen schliefen noch ihren gestrigen Rausch aus. Der Rest von ihnen saß vermutlich gerade in einem der kleinen Cafés, um zu frühstücken. Allein bei dem Gedanken an etwas essbares grummelte mein Magen vorwurfsvoll. Ich warf einen Blick auf die Anzeige des Armaturenbrettes. Mir blieben noch 15 Minuten. Eigentlich noch genug Zeit, um einen kurzen Abstecher zu machen. Gedacht, getan. Kurzerhand lenkte ich den Wagen auf den Parkplatz der nächsten Bäckerei und besorgte mir noch ein belegtes Brötchen mit Tomate Mozzarella und anstatt der Butter grünes Pesto. Noch auf dem Rückweg zum Auto biss ich herzhaft hinein. Bei den verschiedenen Aromen schloss ich genüsslich die Augen. Das war genau das, was ich jetzt gebraucht hatte. Zufrieden kauend, glitt ich auf den Fahrersitz.

Ich verschlang den Rest des Brötchens, wischte mir mit einer Serviette den Mund ab, kontrollierte im Spiegel nochmal, ob ich irgendwo noch Pesto kleben hatte, bevor ich meine Kaugummis aus der Mittelkonsole angelte, einen aus der Packung fischte und ihn mir in den Mund steckte. Schon beim ersten bissen breitete sich der vertraute Geschmack von Minze und Eukalyptus in meinem Mund aus. Ich warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, klappte die Sonnenblende hoch und fuhr von der Bäckerei direkt zum Studio. Auf dem Parkplatz standen Reece schwarzer Dodge und ein mir fremdes Auto. Da das Kennzeichen nicht von hier stammte, war es wohl ein Kunde, der die weite Reise auf sich genommen hatte, um sich von Reece tätowieren zu lassen. Ich parkte, sammelte meine wenigen Sachen zusammen und betrat das Studio. Im Inneren empfing mich eine wohlige Wärme, die nichts mit der anbrechenden Kälte draußen gemein hatte. Mitte November war es hier mit Temperaturen von gerade mal 4°C schon deutlich kälter, als zuhause in Detroit, und so wie der Himmel aussah, würde in absehbarer Zeit der erste Schnee fallen.

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