64. Unerwartet

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Olivias Sicht

Arizona trat erneut zu mir in die Küche, nachdem sie Lilli versorgt hatte und packte mich von hinten an der Hüfte. "Das essen riecht zauberhaft, Darling!" Sie schmiegte sich an mich und ich drehte mich in ihren Armen um zu fragen: "Wie geht es Lilli?" Sie antwortete: "Gut, sie schläft, die Sonde war ein wenig verstopft, aber ansonsten hat sie sich wirklich gut darum gekümmert! Auch wenn ich probiert habe das Gegenteil zu vermitteln, damit sie nicht aufhört sich darum zu kümmern, ich kenne unsere kleine Maus!" Die Blonde küsste mich.
Ich lächelte stolz auf Lilli: "Das ist gut! Lass sie ruhig in dem Glauben, dann wissen wir, dass sie es ordentlich macht, auch wenn's ein bisschen gemein von uns ist!" Die Blonde nickte wissend mit hochgezogenen Brauen, bevor ich erneut das Wort an sie richtete:"Ich freu mich einfach so, dass Eliza hier ist! Wir können mal wieder so richtig Zeit miteinander verbringen, Lilli und sie können sich kennenlernen und wir können so viel unternehmen!" "Ich weiß mein Schatz! Wie süß das von ihr auch mit der Kette war..einfach mega! Aber wir müssen dieses Jahr auch Rücksicht auf Lilli nehmen..Sie wird in dem Zustand garantiert keine große Dinge unternehmen können und ich möchte sie auch nicht hier alleine versauern lassen!" Ich nickte, etwas traurig über die Tatsache, die ich bis zu diesem Moment verdrängt hatte: „Du hast ja recht...Ich möchte sie auch nicht ausschließen! Aber ich bin mir auch sicher dass wir für die meisten Dinge eine Lösung finden mit der wir alle leben können!" „Das kriegen wir schon irgendwie hin, Liebling!" Und mit diesen Worten zog sie mich in einen weiteren Kuss.

Bevor eine unsanfte Stimme rief: "Habt ihr eigentlich jemals genug von einander? Ist ja eklig!" Rief Eliza amüsiert, mit Luke im Schlepp. Neckisch erwiderte ich: "Neidisch oder was?" Provozierend erwiderte sie: "Auf was denn? Auf euren Blümchen Sex? Nein danke!"
Ich lachte: "Du mich auch Eliza, du mich auch!"
"Was hast du uns leckeres gekocht?" Wechselte sie das Thema und spähte zu den Töpfen hinüber.
"Decke den Tisch und dann wirst du es erfahren!" Erwiderte ich überlegen.
Sie verdrehte die Augen: "Jetzt muss man als Gast auch noch arbeiten, unmöglich!" Ich schmunzelte: "Du bist kein Gast! Und das hier ist auch kein Hotel also Поторопись (beeil dich)" Sie grinste und nahm die Teller, die bereits auf der Küche standen!

Ich liebte es, mal wieder meine Muttersprache mit jemandem sprechen zu können. Auch wenn mein Russisch durch die Jahre ziemlich eingerostet war, wusste ich, dass ich nach ein paar Wochen mit Eliza, die weitaus besser sprechen konnte als ich selbst ,es wieder auffrischen würde.

Nach einem weiteren atemberaubenden Kuss mit meiner Frau, widmeten wir uns alle dem Essen zu. Arizona half den Tisch decken, während ich den Reis und das Curry auf die Teller verteilte.

„Ist das Curry?" Fragte Eliza verwundert. „Sowas kannst du?" Neckte sie mich weiter. „Ist aus der Dose, was anderes hatten wir nicht! Also Klappe und essen!"
Eliza probierte vorsichtig und sah mich erstaunt an: „Das ist verdammt lecker!"

Ich lächelte nur wissend und setzte mich neben meine Frau, bevor ich es selbst probierte.
Und Elizia hatte Recht, es war wirklich verdammt lecker. Auch Arizona sah mich erstaunt an, nachdem sie es probiert hatte. "Was hast du damit gemacht, Schatz, das ist unglaublich!" Ich zuckte nur mit den Schultern: "Ich weiß es selbst nicht! Aber das sollten wir öfter machen!"
Die blonde neben mir nickte, während sie sich einen vollen Löffel in den Mund schob.

"Was sollten wir öfter machen!" Erklag eine mir sehr vertraute Stimme hinter mir.
Arizona und ich tauschten einen verwirrten Blick, bevor ich zu meiner Tochter sprach: "Dieses Curry! Möchtest du mal probieren?" Als Antwort beugte sie sich über meine Schulter und öffnete ihren Mund.
Daraufhin lud ich etwas Reis samt der gelben Soße auf meinen Löffeln und schob ihn ihr in den Mund.
Das Mädchen ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder und nickte anerkennend: "Das schmeckt wirklich sehr gut!"
In der Hoffnung, dass sie vielleicht noch ein paar zusätzliche Kalorien zu ihrer Sondennahrung aufnehmen würde, bot ich an: "Also es ist zwar nichts mehr übrig, aber du kannst bei mir mit essen, wenn du magst!"
Lilli lächelte schmal: "Nein danke, ich bin satt!" Und klopfte sich demonstriert auf den Bauch.

Ich wollte mich gerade schon wieder an Eliza wenden und sie nach ihrer Arbeit befragen, da fiel mir ein sehr entscheidender Unterschied in dem Gesicht des Mädchens neben mir auf. Sie trug nicht, wie gewohnt, ihre Sauerstoffsonde, um mit ausreichend Sauerstoff versorgt zu werden, wie sonst.
Ihre Lippen hatten jetzt schon einen leichten Blauschimmer..

Gerade als ich sie danach fragen wollte, fuhr mir meine Frau in die Parade und wandte sich ironisch an unser Kind: "Du hast ja wirklich lange geschlafen, Liebes!"
Lilli räusperte sich und setze gerade zu einer Antwort an, da kam ich ihr zu vor und fragte sie entrüstet: "Wo ist dein Sauerstoff!" Sie zuckte mit den Schultern: "Ich brauch den gerade nicht!," Dann wandte sie sich Arizona zu. "Ich konnte nicht schlafen!"
Ich überblickte kurz die Runde und hielt eine Sekunde Augenkontakt mit Eliza, die sichtlich bemüht war ernst auszusehen, was ihr auch sehr gut gelang. Doch ich kannte sie besser und wusste, dass sie nur darauf wartete, dass ich die Mutter raushängen ließ, um sich dann darüber lustig zu machen, da wir uns in der Regel nie Ernst nehmen konnten.

Also entgegnete ich der jüngeren neben mir nur: "Okay, du das meinst!" Was zu einem schockierten Blick Arizonas führte: "Dein Ernst?!" Ich zuckte nur mit den Schultern: "Sie muss es doch selbst wissen!" Ich blinzelte und Arizona verstand, worauf ich hinaus wollte.

Natürlich wollte ich Eliza nicht diesen Anblick gönnen, aber viel wichtiger war es, dass Lilli nicht wieder so leichtsinnig wie früher wurde, sondern die Unterstützung, die sie brauchte, auch an- und ernst nahm. Bevor ich erneut damit anfangen musste, dem Mädchen mit der Sauerstoffsonde hinterher zu rennen, wie ich es am Anfang lange getan hatte.
Auch wusste ich, dass wir medizinisch bestens ausgestattet waren und wir Lilli in fast allen Situationen sofort versorgen konnten.
Zu dem war das schlimmste was in diesem Moment passieren konnte nur, dass sie das bewusstsein verlor und wir sie im schlimmsten Fall künstlich beatmen müssten, was jedoch unwahrscheinlich war, angesichts ihres momentan Zustandes.
Wahrscheinlich würde sie den Sauerstoffmangel von alleine bemerken und wieder in ihr Zimmer gehen, um sich selbst darum zu kümmern.
Außerdem hatte ich mittlerweile ein wenig das Gefühl, dass sie langsam reifer wurde und ihre Krankheit ernster nahm. Also vertraute ich ihr, dass sie schon das Richtige entscheiden würde.
So wandte ich mich, als wäre nichts, an meinen beste Freundin und fragte sie nach ihrer Arbeit, während ich dann doch ein Auge auf Lilli hatte.

Eliza und Luke erzählen von ihren Einsätzen in den verschiedenen Krisengebieten der Welt. Vom gefährlichen Nahkampf mit dem Feind bis hin zur Rettung von hungernden Kindern in Krisengebieten.

Ich schob mir gerade einen der letzten Bissen in den Mund, als ich die jetzt deutlich dunkelblauen Lippen des Mädchens sah. Ich wies sie darauf hin, woraufhin ich mir jetzt doch anfing, Sorgen um mein Kind zu machen.
Doch als Antwort bekam ich nur ein verzweifeltes "Mir geht es gut" ,welches ich als sehr frustrierend empfand.

Kurz darauf passierte das vermeintliche und bei dem schmalen Mädchen verdrehten sich zuerst die Augen, dann verschwand ihr Bewusstsein ganz.
Mit festem Griff hielt sie am Arm fest, damit sie nicht vom Stuhl fiel, während ich aufstand.
"Air..?" Rief ich nach meiner Frau die sich ebenfalls erhob: "Komme!"

Vorsichtig hob sie sie vom Stuhl und trug sie in Richtung des Zimmers des kranken Mädchens.

"Wir kommen sofort wieder!" Entschuldigte ich mich bei unseren Gästen. Eliza sah mich verständnisvoll und mit einem Hauch von Spott an: "Alles gut! Kümmer dich um deine Tochter! Es scheint ihr ja wirklich schlecht zu gehen! Das kam jetzt unerwartet.."
Als Antwort verzog ich nur bedauernd das Gesicht und nickte, bevor ich meiner kleinen Familie hinterher lief.

Arizona legte Lilli vorsichtig auf ihr Bett.
Während ich ihr die High flow Sonde anlegte, zog Air ein kleines Gerät aus dem nachstehenden Nachtisch und klemmte es um Lillis Zeigefinger, welches ihren Puls und ihren Sauerstoffgehalt im Blut auf der Vorderseite projizierte und uns gleichzeitig eine Warnnachricht aufs Smartphone schickte.
Als Antwort drehte meine Frau den High Flow Sauerstoff noch weiter auf.

Ziemlich geschockt von der Situation, gab ich meine Gefühle preis: „Damit hätte ich jetzt wirklich nicht gerechnet...zumindest nicht in der kurzen Zeit.. Ich dachte, ihr Zustand würde sich im Moment ein wenig verbessern..aber damit hatte ich wohl Unrecht!" Die Blonde nahm mitfühlend meine Hand: „Schatz, das konnte keiner von uns kommen sehen! Ich denke, wir haben uns gerade alle von diesem scheiß Krebs an der Nase herumführen lassen... Aber auch wenn es erschreckend ist, wissen wir wenigstens wo wir jetzt stehen!" Ich nickte Gedankenverloren, mit Blick auf der reglosen Lilli, die so friedlich aussah, als würde sie einfach nur ein kleines Nickerchen halten.

Das Leben ist zu kurz, um es zu hassen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt