Von Dr. Christine Schirrmacher
Vorwort
Der Koran enthält an keiner Stelle eine systematische Abhandlung über das Wesen oder die Eigenschaften Gottes, der im arabischen "Allah" genannt wird, was nichts anderes bedeutet als "der Gott". Er wird im Koran nicht wie im Alten Testament vorgestellt ("Ich bin, der ich bin" 2. Mose 3,14). Er bleibt vielmehr verborgen, ein Geheimnis. Er ist vollkommen losgelöst von seiner Schöpfung und in keiner Weise mit seinen Geschöpfen vergleichbar, denn "nichts ist ihm gleich" (Sure 42,11). Weil Gott ein Geheimnis ist, kann der Mensch sich keine Vorstellung von ihm machen. Das stände ihm auch gar nicht zu. Er kennt nur die Namen Gottes, die ihm im Koran beigelegten Attribute und erfährt von seinem Handeln mit den Menschen. Daß Gott nur einer ist, ihm nichts gleicht und er mit nichts zu vergleichen ist, das ist das Zentrum der koranischen Botschaft und der islamischen Dogmatik, der "tauhid" (die Einsheit Gottes): "Er ist Gott, ein Einziger, Gott der Ewige! Er zeugt nicht, und er wurde nicht gezeugt! Und es gibt niemand, der ihm gleicht!" (112,1-4)
Dieser Gott wird vor allem von drei Bereichen gekennzeichnet, von Schöpfung, Erhaltung und Gericht. Der Koran berichtet, daß Gott am Anfang die Welt und die Menschen erschuf. Am Ende der Tage wird jeder Mensch ins Gericht kommen und Vergeltung erfahren von dem allmächtigen, aber auch gnädigen Gott, dem nichts verborgen bleibt, auch kein Blatt, das zu Boden fällt (6,59). Gott ist der einzige Gott, transzendent und existent, allmächtig und allgegenwärtig, unveränderlich und unvergänglich, ewig und unerschaffen, allwissend und unumschränkt in seiner Herrschaft: "Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt. Messungen können ihn nicht umfassen, Schleier können ihn nicht bedecken. Die versuchen ihn zu ergreifen, können ihn nicht erfassen, nach dem Menschen kann er nicht gemessen werden, das Geschöpf gleicht ihm unter keinem Aspekt". - Heute hat sich im Islam die Auffassung durchgesetzt, daß Allah 99 Namen besitzt, mit denen die Gläubigen ihn anbeten können.
Gott, der Richter
Schon in der Frühzeit des Islam verkündigte Muhammad Gott als Richter im Jüngsten Gericht, in dem alle Menschen ohne Ausnahme zur Verantwortung für ihr Handeln und ihren Glauben gezogen werden: "Die Stunde (ergänze: des Gerichts) kommt bestimmt. An ihr ist kein Zweifel möglich" (40,59). Am Ende der Zeiten, zur von Gott festgesetzten Stunde, werden Tote und Lebendige zu Gott "zurückgebracht": "Und macht euch auf einen Tag gefaßt, an dem ihr zu Gott zurückgebracht werdet. Dann wird jedem voll und ganz das vergolten, was er (ergänze: während seines Lebens) begangen hat! Und ihnen (ergänze: den Menschen vor Gericht) wird nicht Unrecht getan" (2,281), denn Gott wird absolut gerecht richten. Das Tun jedes Menschen, das in einem Buch verzeichnet ist, wird auf einer Waage gewogen. Gläubige Muslime kommen ins Paradies, während Ungläubige auf ewig in die Hölle geworfen werden.
Gott, der Allmächtige
Die Allmacht Gottes ist eines der wichtigsten Kennzeichen Gottes im Koran. Oftmals hebt der Koran hervor, wie machtlos dagegen die Götzen sind. Nach Sure 22,73-74 können die Götzen mit gemeinsamer Anstrengung noch nicht einmal eine Fliege erschaffen, während der Allmächtige der Schöpfer des Himmels und der Erde und jedes einzelnen Menschen ist. Dem Menschen kommt es zu, die Allmacht Gottes und sich selbst als sein Geschöpf und Diener anzuerkennen, sich ihm zu unterwerfen und an ihn zu glauben, denn er schuldet ihm für sein beständiges Erbarmen Dank und Anbetung.
Obwohl es zwischen dem transzendenten Schöpfer und dem vergänglichen Geschöpf, dem Menschen, eigentlich keinen Vergleich und keine Verbindung gibt, hat Gott dem Menschen Wissen über ihn zukommen lassen. Wissen allerdings nicht im eigentlichen Sinn über seine Person und sein Wesen, denn es ist undenkbar, daß Gott seine Transzendenz überschritte, für menschliche Augen sichtbar würde oder in die Welt käme, um sich in menschlicher Weise zu offenbaren. Gott übermittelte vielmehr dem Engel Gabriel sein Wort, der es den einzelnen Propheten in der Geschichte überbrachte. Die Propheten übermittelten dann Gottes Botschaft den Menschen. So wurde die Offenbarung Gottes herabgesandt.
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Islam aus christlicher Sicht/ Kritik an die katholische Kirche teil 1
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