1. Ein gestohlenes Portemonnaie und eine schicksalshafte Begegnung

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Und hier geht's auch gleich mit dem ersten Kapitel los:


POV: Caitlin

*****London, Piccadilly Circus, Samstag, 14. Juli. 2012 Abends*****

Schon seit Stunden stromerte ich durch die Gassen Londons. Inzwischen war es schon dunkel, naja, soweit es in dieser Metropole möglich war. Da ich nur meine dünne Strickjacke und eine löchrige Jeans trug, fror ich erbärmlich. Zwar war es Mitte Juli, aber nachts wurde es ziemlich kalt. Wenigstens regnete es nicht.

Mein Magen knurrte wie ein hungriger Löwe. Zuletzt hatte ich heut Morgen ein Brötchen gegessen, dass irgendwer auf einer Parkbank liegen lassen hatte. Zuhause gab es mal wieder nichts.

Obwohl ich eigentlich um eine solche Uhrzeit nichts mehr auf der Straße verloren hatte - hätte ich eine normale Familie, würde ich jetzt satt in einem gemütlichen, warmen Bett liegen und schlafen, um für den nächsten Schultag fit zu sein - dachte ich nicht einmal daran, nach „Hause" zu gehen. Wahrscheinlich war mein Vater wieder in der Kneipe und wenn er da war, würde er mich nur schlagen.

Darauf konnte ich verzichten, erst gestern war ich durch eine Ohrfeige so blöd gefallen, dass ich mir wahrscheinlich die Rippe geprellt hatte. Jedenfalls tat meine Seite sehr weh und ich hoffte, dass es nur eine Prellung war und ich mir nichts gebrochen hatte. Falls doch hätte ich ein Problem, ich konnte ja schlecht zum Arzt gehen. Der würde nur doofe Fragen stellen und wer sollte den Arztbesuch bezahlen?

Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Caitlin Miller oder einfach Cate, so hatte mich Mama immer genannt. Ich bin sieben Jahre alt und ich lebte schon immer in London. Die ersten Jahre hatte ich ein sehr schönes, normales Leben. Zusammen mit meinen Eltern wohnte ich in einer kleinen, aber schönen Wohnung hier in der Stadt; beide arbeiten, wir hatten genug Geld und ich hatte sie ganz dolle lieb und sie mich auch.

Als ich vier Jahre alt war, starb Mama jedoch bei einem Autounfall. Mein Vater kam damit überhaupt nicht zurecht. Er ging immer öfter in die Kneipe, kam betrunken wieder und vernachlässigte seine Arbeit. Irgendwann kam es, wie es kommen musste. Er wurde gefeuert und wir mussten in eine ärmere Gegend umziehen. Seitdem war er fast dauerbetrunken.

Das war sehr hart für mich. Oft gab es Schläge; Essen und Geld hatten wir selten im Haus.

Vielleicht konnte ich den Abend ja sinnvoll nutzen und mir noch etwas Geld „verdienen". Abends waren die Leute meist ausgelassen (besonders wenn sie betrunken waren) und achteten nicht mehr so sehr auf ihre Taschen. Ja, ich klaute und darauf war ich überhaupt nicht stolz. Mama hatte immer gesagt, dass Klauen etwas ganz böses ist. Aber inzwischen hatte ich keine andere Wahl. Wenn ich etwas Ordentliches zu essen oder mal neue Kleidung brauchte, musste ich irgendwo das Geld herbekommen.

Inzwischen war ich am Piccadilly Circus angelangt. Dort hielten sich immer viele Leute auf, da standen meine Chancen gut. Ich ließ meinen Blick über die Menge schweifen. Er blieb an einer Gruppe ausgelassener, junger Männer hängen, auf den zweiten Blick eher noch Teenager. Sie trugen allesamt teure Markenkleidung, jeder eine Mütze oder Kapuze und trotz der späten Uhrzeit Sonnenbrillen.

Wahrscheinlich fielen sie mir wegen ihrer seltsamen Kleidung auf, ich meine, wer trägt bei Dunkelheit eine Sonnenbrille? Ob die vielleicht Vampire waren? Ach quatsch, Cate, du solltest nicht immer die großen Mädchen belauschen. Jedenfalls konnte das nur von Vorteil sein, so würden sie mich vielleicht schlechter sehen.

Unauffällig folgte ich ihnen, was bei den Menschenmassen, die unterwegs waren, nicht weiter schwer war. Auf einmal stoppten sie vor einem Café und holten sich alle etwas zu trinken. Durch die Fensterscheiben beobachtete ich sie. Einer der Männer, mit einer roten Mütze unter der einige hellbraune Haarsträhnen hervor lugten, bezahlte. Danach steckte er sein gutgefülltes Portemonnaie in seine Jackentasche. Das war leichtsinnig, aber mein Glück. Nach dem die Jungs den Laden wieder verlassen hatten, blieben sie kurz stehen und schienen zu diskutieren. Dann trennten sie sich. Der mit dem Geldbeutel ging zusammen mit einem der Jungs, der eine Kapuze aufhatte, unter der braune Locken heraus guckten, weiter, während die anderen drei einen anderen Laden betraten. Das war meine Chance!

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