Die U-Bahn ist gerappelt voll, als Aidan und ich einsteigen. Alle Plätze sind belegt und sogar im Stehen haben wir kaum Platz und sind dicht an die anderen Leute um uns gedrängt. Um uns herum wird in den verschiedensten Sprachen gesprochen, Französisch, Japanisch und sogar Deutsch kann ich heraushören. Das ist eine Sache, die ich hier in London so faszinierend finde: Man trifft auf so viele unterschiedliche Menschen und Kulturen und muss dafür nur in die Tube steigen.
"Woah, vorsichtig.", lacht Aidan, als die Bahn ruckartig stehen bleibt und ich gegen ihn falle und fängt mich am Arm auf.
Noch mehr Menschen steigen ein und ich rücke noch ein Stückchen näher an Aidan heran. Er grinst schief zu mir herunter, als sich unsere Oberkörper jetzt fast berühren. Wenn ich dachte, Brooklyn wäre groß, ist Aidan eindeutig ein Riese. Er ist einen guten Kopf größer als ich, aber sieht nicht aus wie eine Bohnenstange, sondern ist trotzdem noch irgendwie durchtrainiert.
Aidan sagt etwas, was ich aber nicht verstehen kann, weil das Rattern der Gleise und das Stimmengewirr um uns herum viel zu laut ist.
"Was?"
Er wiederholt es nochmal, aber ich schüttle nur fragend meinen Kopf und stelle mich dann auf Zehenspitzen. Er muss sich trotzdem noch zu mir runterlehnen, bevor ich ihn endlich verstehe:
"Wir müssen die übernächste Station raus."
Wir steigen noch ein Mal um und nach weiteren zwanzig Minuten laufen wir endlich die steinigen Treppen der Waterloo-Station nach oben. Es ist schon viertel vor zehn, aber es sind immer noch so viele Leute unterwegs, als wäre es drei Uhr nachmittags. Ich bin froh, dass meine Mutter denkt, ich wäre mit Freundinnen unterwegs, denn abends allein in Londons Innenstadt mit einem Jungen würde sie mir nie erlauben.
"Wow, ich war hier schon ewig nicht mehr.", meint Aidan, als wir ein paar Minuten später an der Themse langlaufen. "Wieso wolltest du unbedingt hierher?", richtet er dann seine Frage an mich.
"Keine Ahnung, ich wollte nur mal wieder rein in die Stadt. War so ein Gedankenblitz.", antworte ich ehrlich.
Ich habe nicht wirklich nachgedacht, als ich ihm erzählt habe, dass ich unbedingt mal wieder aufs London Eye möchte. Jetzt erst wird mir klar, dass das vielleicht nicht unbedingt meine beste Idee war, aber wann habe ich die schon?Das berühmte Riesenrad erstreckt sich vor uns und ist mit hellen Lichtern beleuchtet. Ich lege den Kopf in den Nacken und bestaune die komplizierte Gerüstkonstruktion, Aidan hat die Hände in den Hosentaschen versenkt und tut es mir gleich.
"Und da willst du echt rein?", fragt er mich zögerlich und verzieht sein Gesicht.
Ich nicke. "Keine Sorge, die Schlange ist nicht so lang, wie sie aussieht. Warum, willst du nicht?"
"Naja, ich dachte nicht einmal, dass es noch offen hat.", gibt er zu, steuert mit mir im Schlepptau dann aber das Ende der Schlange an, bevor sich die Touristengruppe, die von der anderen Seite kommt, sich vor uns anstellen kann.
"Doch, es ist so eine Sonderöffnungszeit diesen Monat, glaube ich." Zumindest hat meine Mutter mal was davon erzählt, aber bevor ich mit ihr und den Zwillingen für eine halbe Stunde 135 Meter über dem Boden eingesperrt bin, doch lieber mit Aidan. Außerdem habe ich London noch nie bei Nacht gesehen, zumindest nicht die City.
Ein wenig fühle ich mich nicht wohl bei der Sache. Nicht, weil es Aidan ist, sondern eher, weil ich meinen Freitagabend alleine mit jemandem verbringe, der nicht Brooklyn ist und ihm nicht einmal was davon erzählt habe. Er hat zwar auch andere Pläne, aber ich weiß, dass er bei Aidan irgendwie seine Sorgen hat und jetzt bin ich ausgerechnet mit ihm hier. Innerlich klatsche ich mir selber eine, aber versuche mir jetzt nichts anmerken zu lassen. Aidan war so lieb und ist mit mir durch die halbe Stadt gefahren, da kann ich jetzt nicht von wegen Kopfschmerzen einen Rückzieher machen und nach Hause machen. Außerdem bin ich froh über jede Minute, die ich nicht in der stickigen, engen U-Bahn verbringen muss.
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Head over Heels {Brooklyn Beckham}
FanfictionNiemals hätte ich gedacht, dass ein einziger Urlaub in London mein Leben von jetzt auf nachher so verändern könnte. Klar, zwei nervige Zwillingsschwestern ziehen das Chaos schon magisch an, aber seit wann passiert mir das auch mit braunäugigen Junge...