Sichere Sache

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"Es ist...gut gelaufen. Also, wenn man das so sagen kann, ja." Meine Mutter steht auf und schenkt sich Wasser nach. Das ist alles, was sie dazu zu sagen hat?

"Komm schon, das reicht mir nicht. Ich meine, was hat er gesagt? War er überhaupt da?"

Ich rede von meinem Vater immer nur als 'er'. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, wann ich ihn das letzte Mal Papa genannt habe. Denn er ist vielleicht mein Vater, aber bei Papa muss ich an jemanden denken, der immer für mich da ist und nicht einmal im Jahr am Geburtstag eine Karte und Geld schickt.

Mama seufzt. Sie hat keine Lust auf meine Fragerunde, aber da muss sie jetzt durch. "Ja, dein Vater war da. Und er war eigentlich ganz nett. Auch wenn es mir ein bisschen seltsam vorgekommen ist, nach all den Jahren wieder mit ihm am gleichen Tisch zu sitzen und zu reden...", gibt sie zu.

"Ja okay, aber ich will wissen, was er gesagt hat. Ob er zustimmt, dass wir nach England gehen."

Warum muss ich ihr auch alles aus der Nase ziehen?

Ich stelle meine Tasche ab und schlüpfe aus meiner Jacke, aber halte den Blick fest auf meine Mutter gerichtet. Ich kann den Sekundenzeiger der Küchenuhr ticken hören, so still ist es kurz. Im Grunde weiß ich ja, dass mein Vater zugestimmt hat. Er interessiert sich so gut wie gar nicht für uns, wir aber auch nicht für ihn. Normalerweise habe ich das nie schlimm gefunden oder ihn vermisst, er hat eben sein Leben und wir unseres, aber jetzt wünsche ich mir doch irgendwie, dass er sich mehr für Nelli, Lilli und mich interessieren würde und uns das vielleicht nicht erlauben würde.

Gott, ich hasse mich so sehr für diese Gedanken. Die ganze Zeit jammere ich mir selber vor, dass ich Brooklyn vermisse, aber dann möchte ich auch nicht nach London. Dabei ist das doch der Traum von jedem Mädchen seit es One Direction gibt, oder? Ich sollte mich nicht so anstellen und meine Mutter lieber unterstützen.

Meine Mutter lächelt mich müde an, ich glaube der Vormittag hat ihr ganz schön zu schaffen gemacht.

"Dein Vater ist damit einverstanden, dass wir nach London gehen. Was dachtest du denn?"

Ich bin mir sicher, dass sie den letzten Satz nicht laut sagen wollte, obwohl ich es ja auch schon wusste. Natürlich interessiert es ihn nicht, dass wir umziehen und dann auch noch in ein anderes Land. Mir war es auch schon klar, dass wir nach London gehen werden, aber nicht, dass sich alles so plötzlich ergibt. Vor ein paar Tagen erst habe ich sie darauf angesprochen und jetzt ist es wirklich sicher.

Ich bemühe mich, mir ein Lächeln aufzuringen. "Oh...toll." Es klingt nicht besonders enthusiastisch.

"Mama, heißt das dann jetzt, dass wir..." Ich bringe den Satz nicht zu Ende.

Meine Mutter holt Luft und ich halte den Atem an, bevor sie strahlend verkündet: "Jap, wir werden gehen."

Mit jeder Stufe, die ich die Treppe hochrenne, verschwindet mein Lächeln ein wenig mehr und dafür werde ich plötzlich immer wütender. Auf meine Mutter, dass sie uns nach London mitschleppt und wir von hier wegziehen müssen, auf meinen Vater, dass er sich all die Jahre einen Scheiß um uns gekümmert hat und es jetzt immer noch tut, einfach auf alles und jeden. Ich weiß, ich sollte mich freuen, auch für meine Mutter. Aber aus irgeneinem Grund kann ich das nicht. Ich möchte hier nicht weg, ich will nicht alle meine Freunde hierlassen.

Verzweifelt werfe ich mich auf mein Bett und lasse einen wütenden Schrei los, der aber vom Kissen abgedämpft wird. Dann bleibe ich einfach so liegen, mit dem Gesicht vergraben und mache im Kopf eine Pro und Contra Liste - warum ich nach London soll und warum ich hier bleiben soll.

Klar werde ich alles hier vermissen, immerhin ist es mein zuhause. Aber sollte Brooklyn nicht Grund genug sein, nach London zu gehen? Immerhin liebe ich ihn und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als ihn endlich mal öfters zu sehen. Ein Monat ist mir jetzt schon viel zu lang und ich habe ja noch eineinhalb vor mir. 

Head over Heels {Brooklyn Beckham}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt