Es sind jetzt fast zwei Wochen seit meinem ersten Schultag hier vergangen und bisher habe ich mich immer wohl dabei gefühlt, in die Schule zu gehen. An die Schuluniform habe ich mich inzwischen gewöhnt (so gut es eben geht), die Mädchen sind alle nett (zumindest die, die ich bisher kennengelernt habe) und überraschenderweise komme ich gut mit dem Stoff mit, auch wenn alles jetzt auf Englisch ist.
Doch heute Morgen habe ich zum ersten Mal ein flaues Gefühl im Magen, als ich den Flur zu meinem Klassenzimmer entlanglaufe. Ein wenig vergleichbar zum ersten Schultag, auch wenn es da eher Aufregung war. Jetzt fühle ich irgendwie alles zusammen. Eifersucht, Wut, Angst. Wovor ich Angst habe weiß ich selber nicht so genau. Wütend bin ich wegen dem Kommentar, von wegen Brooklyns Freundin wäre eine geldgeile Schlampe. Auch wenn es nur so daher geredet war, indirekt habe ich mich damit angesprochen gefühlt. Eifersüchtig bin ich, weil ich gestern rausfinden musste, dass nicht nur mein halber Jahrgang, sondern bestimmt auch noch viel mehr meinen Freund, so heiß finden, dass sie, ich zitiere, "einen Augenorgasmus allein von seinen Bildern bekommen". Dieser Ausdruck hat mich so unfassbar angeekelt, dass ich mich aufs Klo verzogen habe, und erstmal einen Würgereiz unterdrücken musste.
Den ganzen Abend und auch die halbe Nacht habe ich wachgelegen und überlegt, ob ich nicht einfach die Wahrheit sagen sollte - dass ich mit Brooklyn zusammen bin. Erst letzte Woche habe ich noch zu ihm gesagt, dass ich auf keinen Fall will, dass wir unsere Beziehung öffentlich machen, zumindest nicht jetzt. Brooklyn hat es respektiert, worüber ich echt dankbar war, aber jetzt zweifle ich an meiner eigenen Entscheidung. Dabei geht es hier nicht einmal direkt darum, sondern viel mehr um mich und meine dumme Eifersucht. Ich wollte Brooklyn da nicht mit reinziehen, was soll er auch groß machen? Seinen Instagram-Account löschen? Keine Bilder mehr posten? Das ist alles so lächerlich und ich habe deshalb beschlossen, dass ich ihm auch nichts von gestern erzählen werde. Es ist nicht seine Angelegenheit, er kann ja nichts dafür. Trotzdem konnte ich nicht anders und bin immer wieder auf seiner Instagram-Seite gelandet. Die Kommentare unter seinen Bildern gingen von einzelnen Emojis bis hin zu "OMG SO HOT" und dann waren da noch ein paar viel Schlimmere, die mir fast das Abendessen hochkommen ließen.
Irgendwann bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich ja auch einfach nur meinen engsten Freundinnen hier von Brooklyn erzählen könnte. Immerhin wissen Hannah und die anderen in Deutschland auch davon. Doch ihnen vertraue ich auch, Hannah und ich sind schon seit der Grundschule befreundet. Ava, Leah, Jade und Kayleigh kenne ich seit knapp zehn Tagen und auch wenn sie mich seitdem quasi bei sich "aufgenommen" haben, weiß ich nicht, ob ich den Vieren das einfach so erzählen kann. Ich will aber auch nicht warten und mir jeden Tag dasselbe anhören müssen. Entweder ich erzähle jetzt allen die Wahrheit, was ich davor aber auch mit Brooklyn nochmal irgendwie abklären sollte oder eben nicht. Und keine der beiden Varianten erscheint mir besonders ansprechend. Ich befinde wieder in so einer Zwickmühle und ich weiß, egal für was ich mich entscheide, es wird das Falsche gewesen sein.
Ich beschließe, das Thema für heute einfach zu vergessen, zumindest solange ich in der Schule bin. Ich quäle mich damit nur selber und mache mich verrückt.
"Hey, Lisa!", höre ich hinter mir eine Stimme und als ich mich umdrehe, sehe ich Kayleigh auf mich zueilen.
Wenn sie jetzt ein Wort über Brooklyn sagt...
Zusammen machen wir uns auf den Weg zu unseren Schließfächern. Ich tausche mein Mathebuch gegen mein Deutschbuch aus und schnappe mir meinen Ordner für Design. Dann spüre ich mein Handy, dass ich mir grade so in den engen Bund meines hässlichen Faltenrocks gesteckt habe, vibrieren. Brooklyn hat mir ein Bild von dem neuen Welpen der Beckhams geschickt und bei dem Anblick schmelze ich fast dahin.
Plötzlich wird die Tür meines Schließfaches brutal zugeschlagen und ich kann gerade noch meine Hand rausziehen. Erschrocken blicke ich ihn Kayleighs lachendes Gesicht.
"Tut mir leid, ich habe dich schon gerufen gehabt und du hattest nicht geantwortet.", entschuldigt sie sich, als sie meinen geschockten Gesichtsausdruck bemerkt.
"Macht nichts, ich habe mich nur ziemlich erschrocken, ich war an meinem Handy."
Ich halte das Teil in meiner Hand nach oben und will mich abwenden und zum Klassenzimmer laufen, doch Kayleigh hält meinen Arm fest. "Oh Gott, ist der Hund knuffig! Ist das deiner?"
"Aus Versehen" drücke ich die Sperrtaste und anstatt dem Bild, sieht man nur noch den schwarzen Bildschirm. Bevor Kayleigh noch mehr erkennen kann.
"Der Hund? Nein, der gehört einem Freund von mir.", antworte ich kopfschüttelnd und stecke mein Handy wieder zurück in den Bund meines Rockes. "Was hast du jetzt?"
"Französisch. Das habe ich immer, wenn du Deutsch hast. Und ein Freund oder dein Freund?"
"Oh ja, stimmt. Ähm..."
Das ich nicht richtig weiß, was ich antworten soll, reicht Kayleigh als eine Antwort und sie wirft lachend ihre langen blonden Haare nach hinten. "Wir reden nachher, ich muss gehen sonst wird Madame très en colère."
Sie winkt mir nochmal zu und auch ich beeile mich, dass ich zu meinem Deutschunterricht komme. Es ist immer noch komisch, sich anzuhören, wie man Sätze in der Vergangenheit bildet oder wie man Verben konjugiert, wenn ich das alles doch schon automatisch richtig mache.
~
"Lisa, du musst mir unbedingt erklären, wie ich mir das Perfekt machen muss. Ich kapiere es einfach nicht!", klagt Leah, als wir in der Schlange zum Essen anstehen.
"Klar, mache ich...Nein, keine Kartoffeln bitte.", sage ich an die Küchenhilfe gewandt und schiebe mein Tablett weiter nach vorne. "Deutsch ist gar nicht so schwer, Leah."
"Finde ich schon! Ihr habt zu viele Artikel und argh, keine Ahnung."
Wir setzen uns wieder an den Tisch, der heute nur von Kayleigh belegt ist.
"Jade und Ava sind mit ihrem Biokurs oder so in einem Museum. Wir sind heute also nur zu dritt.", informiert uns diese und beißt von ihrem Sandwich herunter.
"Die haben's gut, verpassen einen ganzen Schultag."
Beim Mittagessen schalte ich mein Handy immer ein, weil ich es während dem Unterricht auf Flugmodus habe. Brooklyn hat mir wieder geschrieben, nachdem ich ihm vorhin nur ein "Wie süß x" geantwortet habe.
"Lisa schreibt wieder mit ihrem Freund.", raunt Kayleigh Leah zu, allerdings so laut, dass ich es auch hören kann.
"Stimmt, über den wolltest du uns doch schonmal was erzählen!"
Am liebsten würde ich über das Thema Freund nicht sprechen, weil ich dadurch nur noch mehr Lügen müsste. Und eigentlich will ich die beiden nicht anlügen müssen, auch wenn mir jetzt nicht wirklich eine Wahl bleibt. Brooklyn würde das auch nicht gefallen, das weiß ich. Mir an seiner Stelle auch nicht, aber gibt es überhaupt eine andere Möglichkeit?
Ich könnte einen auf unwissend machen, so als wüsste ich nicht von was sie spreche und dass ich gar keinen Freund hätte, aber das würde mir selbst ein blinder Taubstummer nicht abkaufen."Oh, äh...okay.", stottere ich unsicher und schlucke fest. Innerlich bete ich, dass ich doch noch aus der Nummer rauskomme, aber wann habe ich bei sowas schonmal Glück?
"Alter?" Leah grinst vielsagend.
"Sechzehn." Das ist wenigstens nicht gelogen. Hätte ich gewusst, dass mich heute so ein Kreuzverhör erwartet, wäre ich gleich zuhause geblieben. Erst wenn sie nach dem Namen fragen, habe ich ein Problem.
Mein Mund ist trocken und ich spiele am Saum des Rockes herum. Ich hasse es zu lügen und ich will gar nicht wissen was passiert, falls es auffliegen sollte, bevor ich meine Freundinnen selbst aufklären kann.
"Haarfarbe? Augenfarbe?" Kayleigh ist mehr auf das Äußere fixiert.
"Braun. Beides ist braun." Auch keine Lüge.
Fragt nicht nach dem Namen, lasst mich endlich damit in Ruhe.
Mein Magen dreht sich um und mein Gewissen meldet sich. Wie gerne würde ich jetzt einfach von Brooklyn erzählen. Dafür ist nur leider die Cafeteria nicht der richtige Platz und jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
Dazu habe ich den Absprung verpasst und ich weiß nicht, wie ich es nochmal versuchen soll, ohne mich noch tiefer in das Netz aus Ausreden und Lügen zu verstricken.
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Head over Heels {Brooklyn Beckham}
FanficNiemals hätte ich gedacht, dass ein einziger Urlaub in London mein Leben von jetzt auf nachher so verändern könnte. Klar, zwei nervige Zwillingsschwestern ziehen das Chaos schon magisch an, aber seit wann passiert mir das auch mit braunäugigen Junge...