Kapitel 41

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Wir befanden uns noch immer im Wachturm als ich plötzlich lautes Geschrei hörte. Ruckartig griff ich nach dem Gewehr und schaute durch das Visier. Maggie wedelte mit den Armen und rannte auf den Turm zu.

"Was ist los, Maggie?"
"Dad... er... er... ich weiß nicht."

Sofort stürmte ich hinab. Daryl folgte mir.

"Was ist mit ihm?"

Gemeinsam rannten wir in den Zellentrackt.

"Ich weiß es nicht."

Ich wurde langsam nervös als ich in die Zelle kam.

"Anna..."

Hershel streckte seine Hand nach mir aus. Ich kniete mich neben ihn. Sofort spürte ich das seine Hand kochend heiß war.

"Er hat Fieber."

Ich überlegte.

"Hershel, wie geht es dir?"
"Es ist so kalt."

Ich ließ langsam seine Hand los und krempelte sein Hosenbein hoch.

"Bringt mir neues Verbandszeug."

Carol nickte und verschwand. Währenddessen öffnete ich den alten Verband. Doch was ich dann sah verschlug mir die Sprache. Der gesamte Stumpf eiterte, blaue Adern verliefen den Oberschenkel hinauf, einzelne Arterien waren geschwollen. Ich suchte nach einer Lösung.

"Ich bin gleich wieder bei dir, ja?"
"Natürlich."

Er lächelte mich an. Hershel wirkte erschöpft. Ich packte Daryl an der Hand und zog ihn aus der Zelle.

"Was hat er?"
"Seine Wunde hat sich entzündet, die Arterien sind gefüllt mit Eiter. Ich muss ihn erneut operieren oder er könnte an einer Blutvergiftung sterben."
"Wie konnte das passieren?"

Ich senkte meinen Blick.

"Ich muss ihnen vergessen haben zu sagen wie oft sie den Verband wechseln und ihm die Medikamente geben sollen."
"Das ist-"
"Doch Daryl es ist meine Schuld."

Ich hielt mir die Hand vor die Augen, atmete tief durch und ging zurück in die Zelle. Als erstes bemerkte ich das Hershel eingeschlafen war.

"Es ist meine Schuld."

Maggie schaute mich mit großen Augen an.

"Ich habe euch vergessen zu sagen wie oft ihr den Verband wechseln und ihm die entsprechenden Medikamente geben sollt. Seine Wunde hat sich entzündet, die Arterien sind gefüllt mit Eiter. Ich muss ihn erneut operieren."
"Was passiert ohne die Operation?"
"Er wird sterben."

Plötzlich ging Maggie auf mich los. Rang mich zu Boden und verpasste mir einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Ich spürte wie meine Lippe zu bluten begann. Daryl riss sie sofort von mir und Glenn hielt sie fest umschlungen.

"Du hast ihn umgebracht! Dich hätte es erwischen sollen und nicht ihn."
"Sie hat ihn gerettet. Sie ist siebzehn, hatte eine schwere Operation alleine durchgestanden. Sie war mit ihren Gedanken nicht voll da, sie war einzig und alleine froh das er überlebt hatte."

Daryl stellte sich schützend vor mich. Doch ich riss mich von ihm los und eilte in den Aufenthaltsraum. Ich zog mir meine Lederjacke an die über einem Stuhl hing, schnallte mir meinen Waffengürtel um und nahm mir eine Pistole und ein Messer aus der kleinen Waffensammlung. Eigentlich wollte ich keine Waffen von meinen Freunden nehmen, doch nun würde ich sie dringender brauchen. Außerdem nahm ich ein paar Handschellen, für den Notfall. Ich griff nach einem leeren Rucksack und warf ihn mir um die Schulter. Ohne zurück zu gehen lief ich auf die große Flügeltür zu. Ich wollte mich nicht von Daryl verabschieden, weil ich genau wusste er würde mich nicht gehen lassen. Doch noch bevor ich hinausstürmen konnte hörte ich Schritte im Aufenthaltsraum.

"Was hast du vor?"

Ich drehte mich widerwillig um. Sie alle standen vor mir. Rick, Lori, Carl, Judith, TDog, Dale, Shane, Glenn, Maggie und Daryl.

"Um ihn zu operieren brauche ich einige Sachen. Ich fahre in das Krankenhaus und hole dort was ich brauche."

Daryl riss die Augen auf.

"Das Krankenhaus? Das ist Selbstmord, dort wimmelt es nur so von Beißern. Schlimmer noch als in Atlanta."
"Das ist mir egal. Vielleicht hat Maggie ja Glück und es erwischt mich."

Sie öffnete ihren Mund, doch fand keine Worte.

"Wenn ich nicht wiederkommen sollte müsst ihr ihn operieren."

Ich schaute zu Carol.

"Du musst ihm so viel Alkohol geben bis er einschläft. Dann hast du etwa dreißig Minuten Zeit. Öffne die Nähte der Arterien, las den Eiter ablaufen und verschließe sie wieder. Es ist riskant, aber ein Versuch ist es wert."

Sie nickte wortlos.

"Dann komme ich mit."

Ich sah Daryl durchdringend an und lief die Treppenstufen hinab. Er stand direkt vor mir. Ich gab ihm einen liebevollen und flüchtigen Kuss. Währenddessen griff ich nach den Handschellen in meiner Hosentasche. Ruckartig kettete ich Daryl am Geländer fest. Er schaute mich pansich an.

"Anna? Was soll das? Mach mich los."
"Das werde ich nicht. Ich gehe alleine."

Daryl versuchte die Ketten zu lösen.

"Das ist kein Spaß mehr, mach die scheiß Teile ab!"
"Es tut mir leid, Daryl."

Ich drückte flüchtig meine Lippen auf seine.

"Ich liebe dich."

Ich löste mich von ihm und öffnete die Flügeltür. Ich schaute zurück und sah Dale der mich ungläubig anschaute.

"Du musst das nicht tun. Du kannst die Operation auch auf Risiko machen."
"Wenn ich die Chance habe auf eine sichere Operation, dann werde ich alles tun um sie stattfinden zu lassen."

Dale fehlten die Worte. Daryls Handgelenke begannen zu bluten. Er zerrte kräftig an den Handschellen.

"Du wirst sterben! Das Krankenhaus ist voll mit diesen Monstern. Du wirst nicht wiederkommen."
"Dann soll es so sein."
"Anna, bitte tue mir das nicht an."

Ich senkte meinen Blick.

"Ich habe keine Wahl, Daryl."

Mit diesen Worten stieß ich die Tür auf.

"Holt mir eine Axt!"

Daryls Stimme hallte durch die Gänge. Er brüllte immer wieder meinen Namen. Ich lief hastig hinaus und öffnete die Tore. Ich schwing mich in eines der Autos. Noch nie war ich gefahren, nun war es Zeit. Ich startete und fuhr einige Meter, bis ich mich an das Gefühl gewöhnt hatte.

"Ich schaffe das. Ganz ruhig. Ich schaffe das."

Ich atmete tief durch und fuhr los. Im Rückspiegel sah ich wie Daryl zusammen mit den anderen hinaus auf den Innenhof stürmte. Doch als er mich wegfahren sah brach er auf seine Knie zusammen.

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt