Kapitel 6

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Ich schmiss die Schrotflinte auf den Boden, drehte mich ohne ein weiteres Wort um und lief in Richtung Wald.

"Hey!"

Ich blickte über meine Schulter zurück und sah den Sherriff auf mich zulaufen.

"Warte!"

Ich zeigte ihm den Mittelfinger, fuhr herum und eilte weiter. Keine Sekunde länger wollte ich bei diesen Menschen bleiben, lieber würde ich mich selbst erschießen. Es zeriss mich Lydia... Judith... oder wie auch immer sie hieß, zurückzulassen. Doch ich hatte nur noch ein einziges Ziel. Ein Ziel das mein Herz zum Bluten brachte. Ich musste Ron und Noah finden. Die einzigen beiden Menschen die meinem Leben einen wahren Sinn gaben. Sie waren alles was mich am Leben hielt. Sie waren alles wofür es sich zu leben lohnte. Ich spürte meine Energie zurück kehren und vergaß die Schmerzen in meinem Oberschenkel. Mein Herz sprang und ich rannte hastig in den Wald. Verschwand im Schatten der Bäume und ließ alles andere hinter mir. Einige Zeit irrte ich wirr umher. Stolperte über Baumstämme und Steine. Spürte den kalten Boden unter meinen nackten Füßen. Ich merkte jeden Ast und jeden Stein der sich in meine Fußsohle bohrte. Aber ich ging weiter. Ich musste das Haus erreichen in dem wir uns zuletzt aufgehalten hatten. Vielleicht waren sie noch immer dort. Auch wenn ich keine Ahnung hatte wo ich mich im Moment befand. Ich hatte keine Ahnung wohin sie mich gebracht hatten und wie weit es dem Haus enfernt war. Jedoch würde ich sie finden. Egal was es mich kosten würde.Meine letzte Möglichkeit würde es sein zurück zur Schule zu gehen. Ron, Noah und ich hatten abgemacht, sollten wir uns jemals verlieren, würden wir uns dort wiedertreffen. Durch die Baumkronen konnte ich sehen das die Sonne langsam unterging. Ich schien bereits eine lange Zeit gelaufen zu sein. Doch als meine Wunde begann zu schmerzen lehnte ich mich gegen einen Baum. Ich brauchte eine Pause. Ich saß auf den Boden und sah wie sich Blut durch meinen Verband wandte. Langsam, fast wie in Zeitlupe, färbte er sich rot. Ich drückte meine Hand auf die Wunde und hoffte so die Blutung ein wenig zu mildern. Doch plötzlich durchfuhr es mich wie ein Stromschlag. Meine Waffen. Meine Pistole, meine Messer. Ich saß in einem bald dunkel werdenden Wald und war vollkommen unbewaffnet. Ich schlug mit der Faust auf den Boden, als würde es mir eine Lösung bringen. Wie sollte ich mich ohne Waffen und in diesen Klamotten durchschlagen. Und als es langsam dunkel wurde wusste ich das es nun mein Ende sein würde. Doch war dies so schlimm? Ich bemerkte es immer mehr wie meine Kräfte zu Ende gingen. Seit fünf Jahren nun verlief mein Leben wie ein einziger Alptraum. Ein perfekt laufender Horrorfilm. Die Kleine unschuldige einser Schülerin. Die Außenseiterin, das Wunderkind, die Hochbegabte wurde zu einer grausamen Killermaschine. Nicht mehr und nicht weniger. Ich lehnte meinen Kopf gegen den Baum und schloss meine Augen. Die leichten Geräusche des Waldes lullten mich ein. Die Vögel, das Rauschen der Blätter, ein entfernter Wasserfall. All diese Geräusche wirkten vollkommen normal. Als würde sich eine normale Welt vor meinen Augen aufbreiten, sollte ich sie nur öffnen. Doch da war noch etwas anderes. Dieses Gurgeln, das Stöhnen, das Schlurfen von Körperteilen. Ohne hinschauen zu müssen wusste ich genau was sich mir näherte. Ich öffnete langsam meine Augen und bekam die eindeutige Bestätigung. Drei Beißer humpelten direkt auf mich zu. Einer hässlicher als der andere. Alle jedoch mit dem selben starren Blick und ekelhaft, herausstehenden Augen. Ihre Körper wurde geziert von Wunden, abhängenden Hautfetzen und blutenden Stellen. Ihre Klamotten hingen an ihren abgemagerten und unvollständigen Körpern wie Fetzen. Sie kamen immer näher auf mich zu und streckten ihre widerlichen Hände nach mir aus. Doch ich bewegte mich nicht, blieb am Baum angelehnt und begann die Melodie zu summen. Ich sah Ron und Noah vor mir und ein einziger Gedanke hallte durch meinen Kopf. Ich würde meine Familie hier lassen. Ich würde die Beiden in dieser Welt zurück lassen. Doch vielleicht, nur vielleicht, würde ich meine leibliche Familie wiedersehen. Vielleicht war es an dem Ort an den ich nun ging besser. Ein Ort ohne Angst, Tod und Verzweiflung. Vielleicht warteten sie schon auf mich. Eine einzelne Träne lief meine Wange hinab als ich die Beißer noch immer ohne zu blinzeln anstarrte. Ich sah ihnen in die Augen als würde ich den letzten Funken Menschlichkeit in ihnen suchen. Sie waren nur noch wenige Schritte von mir entfernt und bald würde alles zuende sein. Als die Fingerspitze des vordersten Beißers fast meine Nase berührte hörte ich plötzlich ein leises Surren. Das Surren eines Pfeiles. Kurze Zeit später lagen alle drei Beißer auf mir. Mit all ihrem Gewicht. Doch es war ihr Gestank der mich erstickte. Ihr Blut, ihre Körperteile und ihre Innerein ergossen sich über mich. Ich hielt die Luft an und doch hatte ich das Gefühl als würden meine Atemwege qualvoll verätzen. Doch jemand zog die Monster von mir und frische Luft drang in meine Lungen. Ich schaute in das, in Dunkelheit gelegte, Gesicht des Vollidioten der erst auf mir gesessen und dann auf mich geschossen hatte.

"Eine sehr schlechte Idee ohne Waffen abzuhauen."

Er zog mich auf meine Füße und drückte mir meine Pistole in die Hand.

"Halts Maul."

Ich versuchte mir die gesamten Innereien vom Kleid zu wischen, doch vergebens. Das zuerst weiße Kleid, war nun blutrot.

"Verschwinde einfach wieder."

Ich zwischte ihn wütend an bevor ich zu ihm aufblickte.

"Warum bist du mir überhaupt gefolgt?"
"Ich wollte dich noch einmal in diesem Kleid sehen."

Er musterte meinen Körper gesamten Körper. Von meinen Füßen, über meine Beine, das Kleid hinauf und bis in meine Augen.

"Wenn man es überhaupt ein Kleid nennen kann. Es ist ziemlich kurz, findest du nicht auch, Kleine?"

Ich richtete meine Waffe ruckartig auf ihn, doch er zuckte nicht einmal. Vielleicht war er es gewöhnt, dass jemand eine Waffe auf ihn richtete.

"Noch so ein dummer Spruch und es ergeht dir wie diesen Arschlöchern."

Mit einem Grinsen hob er die Hände an, doch ich legte meinen Kopf schief.

"Es wäre doch nur fair wenn ich dich ebenfalls anschießen dürfte, findest du nicht auch, Großer?"

Sein Blick wanderte zögerlich hinab zu meinem blutigen Verband.

"Deine Wunde... sie ist aufgegangen."
"Der Mann kann eins und eins zusammen zählen."

Ich rollte mit den Augen, senkte die Waffe und verschränkte meine Arme vor der Brust.

"Du musst behandelt werden."
"Ich komme sehr gut alleine klar."

Mein Blick senkte sich.

"Ich bin fünf Jahre klar gekommen. Es sollte kein Problem für mich sein."

Er schüttelte seinen Kopf.

"Das glaube ich dir nicht

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"Das glaube ich dir nicht."

Ich blickte ihn wütend an.

"Es interessiert mich nicht was ein Vollidiot wie du von mir denkt. Das Mädchen vor dem Ausbruch hätte es vielleicht interessiert, ja."

Ich hob die Waffe erneut an und zielte direkt auf seine Stirn.

"Doch dieses Mädchen existiert schon lange nicht mehr."

Ich sog all die Luft ein die ich bekommen konnte und verdrängte den verwesten Geruch der darin lag.

"Und jetzt lass' mich in Ruhe."

Mit diesen Wroten drehte ich mich um und humpelte einige Schritte in die entgegen gesetzte Richtung, als mich seine Stimme einholte.

"Deine Freunde werden sich nicht freuen wenn ich ohne dich zurück komme."

Ich verharrte und schnellte ruckartig herum.

"Was hast du gesagt?"
"Deine-"
"Halt die Klappe, ich habe dich schon verstanden."

Er schmunzelte als ich hastig auf ihn zulief und direkt vor ihm stehen blieb.

"Wenn das ein Trick sein sollte dann-"
"Schießt du mir ins Bein, schon verstanden."

Ich grinste und lief einige Schritte in die Richtung die zurück zum Haus dieser Menschen führen musste.

"Das werde ich sowieso irgendwann machen."

Ich hörte ihn leise lachen bevor er mir hinterher rannte und wir gemeinsam zurück liefen.

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt