Kapitel 37

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Ich war mit Lori und Carol im Aufenthaltsraum und half ihnen die Regale einzuräumen. Wir hatten genug Lebensmittel für die nächsten Wochen, doch lange würde es nicht reichen. Außerdem wurde die Babynahrung knapp.

"Vielleicht sollte ich in die Stadt gehen. Es sind Geschäfte in der Nähe."

Lori schaute mich besorgt an.

"Das ist zu riskant."
"Aber-"

Ein Schrei durchfuhr mich. Ruckartig griff ich nach meiner Pistole und rannte hinaus. Glenn und TDog schlossen gerade wieder das erste Tor. Ich hingegen rannte durch das offene Tor hinein in den Innenhof. Maggie und Rick beugten sich über etwas. Daryl rannte auf mich zu.

"Daryl, was istpassiert?!"
"Hershel, er war früher einer von uns. Doch als wir von seiner Farm abhauen mussten dachten wir die Beißer hätten ihn bekommen."

Ich eilte auf die sich am Boden knieenden Menschen zu.

"Er muss entkommen sein. Doch nun-"

Daryl brauchte nicht weitersprechen. Ich sah die Bisswunde am Unterschenkel des Mannes. Maggie weinte.

"Wir müssen etwas tun."
"Anna, du wolltest Medizin studieren. Du kennst dich damit aus."
"Nein, ich... ich habe nur die Lehrbücher gelesen. Ich hatte nie praktische Erfahrung."

Der Mann stöhnte gequält auf.

"Dad..."

Maggie legte ihren Kopf auf die Brust des Mannes. Er war ihr Vater. Ich raufte mich zusammen und schaute zu Daryl.

"Ich brauche eine Axt. Sofort!"

Daryl rannte zurück in den Hof. Ich kniete mich neben den älteren Mann.

"Mein Name ist Anna."

Er umklammerte meine Hand.

"Ich werde alles tun um Sie zu retten. Das verspreche ich Ihnen."

Daryl hielt mir die Axt entgegen.

"Haltet ihn fest."

Daryl hielt Hershels Oberkörper unter Kontrolle, Rick einen Arm, TDog den anderen, Glenn hielt das eine Bein und Maggie den Oberschenkel des anderen Beines fest.

"Haltet ihn gut fest. Er darf sich nicht bewegen."

Ich schaute dem Mann in die vor Schmerzen geweiteten Augen.

"Ich brauche einen Gürtel."

Rick riss sich seinen Gürtel ab und gab ihn mir. Sofort legte ich ihn um das Bein des Mannes und zog ihn so fest wie möglich zu. Er schrie gequält auf.

"Es tut mir leid."

Mit diesen Worten schlug ich auf den Unterschenkel ein. Ein großes Stück über dem Biss. Hershel schrie, wehrte sich. Doch ich arbeitete weiter. Unmengen an Blut spritzten mir entgegen. Tränkten meinen Körper. Plötzlich wurde Hershel bewusstlos. Maggie schrie.

"Das ist normal. Es ist der Schock."

Ich hatte das Bein fast abgetrennt.

"Lori!"

Sie stürzte sich sofort neben mich.

"Bereite alles vor. Ich brauche Verbände, Handtücher, Medikamente und Werkzeuge. Nadel und Faden und eventuell Handschellen. Für den Notfall."

Sie nickte und rannte zusammen mit Carol ins Gebäude zurück. Carl stand wie vor den Kopf gestoßen neben mir.

"Gehe du und kümmere dich um Judith."

Ich schlug einige Male mit meinen letzten Kräften auf den Knochen. Mit einem lauten Knacken wurde mir klar das ich das Bein durchtrennt hatte.

"Beeilt euch."

Die Männer trugen Hershel in das Gebäude. Maggie und ich rannten vorraus. Ich stürmte in eine der Zellen. Carol schob eine kleine Kiste neben das Bett und legte alles darauf was ich von ihr verlangt hatte. Ich stülpte ein großes weißes -hoffentlich halbwegs steriles- Tuch über das Bett. Nur wenige Augenblicke kamen die Männer und legten Hershel auf das Bett.

"Ich brauche ein Kissen."

Maggie stand auf und nahm ein Kissen vom oberen Bett. Ich legte es sofort unter Hershels Oberschenkel. Mit zitternden Händen nahm ich mein Messer und schnitt das Hosenbein am Oberschenkel ab. Der abgetrennte Stumpf blutete noch immer schrecklich.

"Die Unterschenkel- und Wadenarterie ist durchtrennt. Die Beinvenen bluten stark."

Maggie kauerte neben dem Bett. Ich warf Glenn einen vielsagenden Blick zu. Er packte Maggie und zerrte sie vom Bett weg. Alle standen um uns herum und warteten auf meine Befehle. Ich nahm mir ein Handtuch und drückte es auf den Stumpf. Nun hatte ich einige Sekunden Zeit um nachzudenken.

"Ich brauche Nadel und Faden."

Carol kramte im Verbandskasten.

"Wir haben keine Nadel."
"Scheiße. Wenn ich die Arterien nicht schließe dann wird er verbluten."

Ich suchte in meinem Kopf nach einer Lösung. Ich dachte an die Waffe in meinem Gürtel.

"Daryl nimm meine Waffe."
"Was?"
"Mach schon."

Er zog die Waffe aus meinem Gürtel.

"Zieh die Feder heraus."
"Die Waffe wird danach unbrauchbar sein."
"Das ist mir egal."

Alle schauten mich ungläubig an.

"Du wirst dich nicht mehr verteidigen können. Wir haben nicht genug Waffen."
"Das ist mir egal! Jetzt mach schon oder er stirbt."

Daryl fluchte und riss die Feder aus dem Lauf.

"Du musst das Handtuch fest aufdrücken."

Daryl nickte und übernahm meinen Posten während ich mich um die Feder kümmerte. Ich steckte mir den Draht zwischen die Zähne und bog ihn gerade. Mit meinem Messer ritzte ich die Spitze scharf.

"Okay, gut. Der Faden."

Carol legte mir den Faden in die Hand.

"Das könnte nun eine blutige Angelegenheit werden."

Mit diesen Worten löste Daryl das Handtuch von Hershels Bein. Blut spritzte mir entgegen als ich nach den Arterien griff und die Enden verschloss. Es dauerte unglaublich lange jede einzelne Arterie zu verschließen. Aber nachdem ich es geschafft hatte, jede Arterie verschlossen und ich nun blutgetränkt war stoppte die Blutung langsam. Ich biss den Faden ab. Das Feuerzeug war nicht mehr nötig. Ich nahm mir einen Verband und machte ihn um den Stumpf. Mit zitternden und blutbeschmierten Händen legte ich Nadel und Faden zur Seite. Vollkommen erschöpft fiel ich auf meine Knie und hielt mich am Bettrand fest. Rick befestigte einen Arm von Hershel am Bettpfosten. Mein Körper zitterte. Daryl kniete sich langsam neben mich.

"Anna..."

Ich starrte auf die Blutpfütze am Boden.

"Hey..."

Er legte seine Finger unter mein Kinn und drehte mein Gesicht in seine Richtung.

"Du hast sein Leben gerettet."
"Noch lange nicht. Ich habe vielleicht seine Blutung gestoppt. Doch gerettet ist er noch lange nicht."

Ich schaute zu Lori auf.

"Sorgt dafür das er regelmäßig Schmerzmittel bekommt. Wenn er aufwacht sollte er keine Schmerzen spüren."
"Wenn etwas mit ihm ist, wir wissen nicht was... Was wenn die Wunde wieder aufgehen sollte und-"
"Dann könnt ihr mich sofort holen."

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt