Kapitel 79

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Am Abend saß ich noch immer in einem der Zelte, eingekuschelt in einer Decke und mit einem Buch vor der Nase das ich aus dem Schlafzimmer der Eltern hatte. Ich hörte das leise Rascheln der Äste, das Knistern des Lagerfeuers und die Stimmen meiner Gruppe. Keiner hatte versucht zu mir durchzudringen, sie wussten das es zwecklos war. Selbst Dale hatte es nicht versucht. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Plastikwand und schloss meine Augen. Ich dachte zurück an den Moment im Fluss. Ich strich über meine Lippen während ich sehnsüchtig auf das Prickeln wartete das Daryl hinterließ. Doch es kam nicht wieder. Es war fort. Als Tränen meine Wangen hinab liefen hörte ich wie zum ersten Mal jemand versuchte mit mir zu sprechen. Als ich meine Augen öffnete wischte ich mir sofort die Tränen von der Wange und schaute Glenn dabei zu wie er sich vor mich setzte.

"Was auch immer am Fluss passiert ist... es scheint euch beide ziemlich fertig gemacht zu haben."
"Wegen ihm ist meine Schleife nun weg."

Glenn legte seinen Kopf schief.

"Du kannst mir nicht sagen, das es nur die Schleife ist, die dich bedrückt."
"Doch. Sie ist fort und ich weiß das egal was ich mache, sie nie wieder bei mir sein wird. Nicht wird wieder so sein wie es einmal war. Sie ist fort und lässt mich alleine zurück. Sie hat nichteinmal versucht mich aufzuhalten. Er hat mich einfach gehen lassen. Er hat mich belogen. Er sah mich immer nur als eine Ablenkung für diese schlimme Zeit."

Ich sah wie mich Glenn traurig musterte.

"Er hat dich nie belogen. Egal was er zu dir gesagt hat, es war sein purer Ernst. Das wissen wir alle. Schon in den ersten Monaten als du bei uns warst hat man es bemerkt wie sehr er sich um dich gesorgt hat."

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Du erinnerst dich daran wie er auf mich geschossen hat?"

Glenn verzog das Gesicht, doch dann seufzte er.

"Du erinnerst dich daran, was in Atlanta geschehen ist. Was er zu dir gesagt hat als du nicht aus dem Fenster springen wolltest? Er hat dir damals schon seine Liebe gestanden, du hast es einfach nur nicht bemerkt. Daryl ist nicht einfach, es ist schwer zu ihm durchzudringen. Doch wenn man es ersteinmal geschafft hat, dann ist er der aufrichtigste und liebevollste Mensch den ich kenne. Wenn sich Daryl verliebt, dann liebt er diese Person bis zum Ende seiner Tage. Diese Person bist du."
"Nein..."

Glenn nickte und legte seine Hand auf meine.

"Er sprach von seinen Plänen und das viel zu oft. Er konnte nicht aufhören darüber zu sprechen. Er war sich so sicher mit dir. Noch nie war er sich in etwas so sicher. Doch als du dich so sehr über den negativen Test gefreut hast, da zerbrach etwas in ihm. Er dachte du würdest diese Zukunft nicht wollen."
"Ich wollte diese Zukunft."

Glenn schmunzelte.

"Dann sage es ihm."

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Ich kann nicht..."

Ich warf mein Buch gegen die Plane, riss mir die Decke vom Körper und sprang aus dem Zelt. Ich sah wie mich die Gruppe besorgt musterte. Doch ich wandte mich ab und rannte in den Wald. Immer und immer weiter. So lange bis ich an einer Falle ankam die scheinbar schon seit einer langen Zeit nicht mehr kontrolliert wurde. Ich stand vor einem etwa drei Meter tiefen, rechteckigen Loch das vollkommen gefüllt war von Beißern. Ich setzte mich an den Rand und ließ meine Füße baumeln. Die Beißer streckten ihre widerlichen, blutigen Finger nach mir aus. Sie leckten sich die Finger nach mir. Nach meinem lebenden Körper, nach meinem mit Blut befüllten Fleisch, nach meinen noch funktionierenden Innereien, nach meinem schlagenden Herzen. Sie wollte mich. Sie sahen nur noch mich. So wie sie nur Noah sahen oder Ron. Und wie Noah und Ron, dann nur mich sahen. Ihre Beute. Doch als ich die Beißer so ansah, dachte ich daran was ich alles getan hatte. Ich war nicht besser als diese Monster. Sie morderten, ich mordete. Sie fügten Leid zu, ich fügte Leid zu. Ich war ein lebender Beißer. Ich hatte Menschen ermordert, lebende Menschen. Ich hatte sie gequält und leiden lassen. Ich war all das was man früher als missraten bezeichnete. Ron und Noah hatten soetwas nie getan. Sie töteten Beißer und das nur um zu überleben. Und doch waren sie diejenigen die bestraft wurden. Während ich, das einzig wahre Monster, noch immer lebte. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als sie jetzt bei mir zu haben. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als wieder bei ihnen zu sein. Immer wieder hallten Rons letzte Worte durch meinen Kopf.

Wohin mich mein Weg nun auch führen mag. Wir warten dort auf dich.

Sie warteten auf mich. Ron und Noah. Ich schaute hinauf in den Himmel. Auch wenn ich es eher in die Hölle geschafft hatte, so wusste ich das sie wohin ich nun auch gehen würde, auf mich warten würden. Ich atmete tief durch bevor ich in das Loch voller Beißer sprang. Ich lehnte gegen der Wand aus fester Erde als ich das tiefe Gurgeln hörte. Ich schloss meine Augen und sah niemand anderen vor mir als Ron und Noah, sie streckten ihre Hände nach mir aus.

"Ich bin Zuhause."

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt