Kapitel 75

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Nachdem sich der Junge, dessen Name ich noch immer nicht wusste, einigen Fragen stellen musste saß ich auf dem Dach des Hauses und blätterte mich durch einen Stapel an Büchern. Die Sonne wr mittlerweile dabei langsam unter zu gehen, weshalb ein kalter Wind durch meine Haare wehte. Ich legte mir eine warme Decke um und nahm ein neues Buch vom Stapel. Doch plötzlich hörte ich wie jemand durch das Fenster kletterte.

"Darf ich?"

Als ich aufschaute blickte ich in die braunen Augen des Jungen.

Ich nickte und räumte die Bücher auf die andere Seite.

"Mikey."

Ich schaute langsam zu ihm auf.

"Mein Name... mein Name ist Mikey."
"Anna."
"Ein schöner Name. In der Elbensprache bedeutet er so viel wie Gabe oder Geschenk."
"Du hast Herr der Ringe gelesen?"

Er nickte. Ungläubig starrte ich ihn einfach nur an.

"Ich liebte die Bücher, so wie mein Bruder."

Ich senkte meinen Blick und strich über den verstaubten Einband von einem der Bücher.

"Was ist mit deiner Familie, deinen Freunden?"

Er seufzte leise.

"Sie konnte ich nicht beschützen, so wie ich es bei dir konnte."
"Das tut mir leid. Ich hätte nicht-"
"Es ist schon in Ordnung. Mittlerweile ist es fast sieben Jahre her. Damals war ich zwölf."

Ich senkte meinen Blick.

"Ich weiß wie es ist. Ich war auch erst zwölf als all das hier begann."
"Du saßt nicht zufällig ebenfalls im Unterricht."

Ich nickte.

"Mein Lehrer verwandelte sich vor meinen Augen, mein bester Freund kam gerade noch rechtzeitig und rettete mich. Wir versteckten uns lange Zeit in einem Klassenzimmer. Doch danach war alles anders."
"Mein bester Freund verwandelte sich vor meinen Augen. Doch mich rettete keiner, ich stieß ihn gegen ein Fenster und die Scherben bohrten sich in seinen Kopf."
"Verstehe."
"Was ist mit deiner Familie?"

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Ich fand ein leeres Haus vor."
"Das Gefühl kenne ich. Was hast du dann getan?"
"Mein bester Freund und ich schlugen uns irgendwie durch. Wir fanden einen Jungen der zu unserem besten Freund wurde. Wir waren das perfekte Team und das viele Jahre."
"Was ist mit ihnen passiert?"

Ich legte das Buch zur Seite, zog meine Beine an, umklammerte sie mit meinen Armen und legte mein Kinn darauf ab.

"Ich konnte sie nicht beschützen. Ich war nur die jenige die sie erlöste."
"Das tut mir leid."

Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen sammelten als ich sie hastig davon wischte.

"Scheinbar teilen wir das selbe Schicksal."

Ich schaute fragend zu ihm auf.

"Zwei zwölfjährige, hochbegabte die anstatt einer großen Zukunft zu einsamen Mördern wurden."

Ich lachte und nickte. Doch in diesem Moment hörte ich eine leise Stimme die meinen Namen rief. Als ich mich umdrehte sah ich Judith die aus dem Fenster kletterte. Erschrocken sprang ich auf und hob sie in meine Arme während wir zurück ins Haus stiegen.

"Für das Dach bist du noch ein wenig zu klein."

Sie schaute mich mit großen Augen an bevor ich sah wie auch Mikey zurück ins Haus kletterte. Gemeinsam liefen wir hinab in das Wohnzimmer in dem sich die Männer der Gruppe versammelt hatten. Ich lehnte mich gegen eines der Regale während ich Judith noch immer auf meinem Arm hielt. Doch als sie uns bemerkten wanderte ihre Blicke zu Mikey. Ich konnte es förmlich sehen wie Daryl all die Möglichkeiten durchging wie er Mikey loswerden könnte.

"Warum sollten wir dir vertrauen?"

Unsicher schaute Mikey auf mich herab. Ich rollte mit den Augen und schaute die Männer genervt an.

"Weil ich ihm vertraue."

Daryl schwing sich seine Armbrust von der Schulter und strich über die Sehne.

"Ganz ruhig, Großer."

Er schnaubte. Doch Glenn schien die Situation ebenfalls nicht zu passen.

"Er war ziemlich nahe an Terminus. Woher willst du wissen das es keine Falle ist?"

Ich schaute zu Mikey auf. Etwas in seinen Augen verriet mir das es keine Falle war. Dieser Junge hatte das selbe erlebt wie ich. Nur das ich Mr Jefferson damals nicht umbringen musste, so wie er es bei seinem besten Freund tuen musste. Mikey erinnerte mich an Ron und Noah. Mikey war nur ein gebrochener Teenager, so wie ich. Doch Glenn fuhr sich angestrengt durch die Haare.

"Wir haben dich schon einmal verloren. Das Risiko ist zu groß. Er wird gehen müssen. Wir geben ihm Vorräte und Waffen, aber er kann nicht bleiben."

Ich nickte langsam bevor ich auf die Männer zuging und Judith in Ricks Arme legte. Wortlos nahm ich meine Pistole und zählte die Patronen. Ich griff nach einem Magazin das auf dem Tisch lag und verstaute es in meiner Hosentasche. Danach ging ich auf die Waffentasche zu die auf dem Regal lag und nahm eines meiner Messer heraus und steckte es in meinen Gürtel.

"Was machst du?"

Ich spürte Glenns fragende Blicke auf meinem Rücken.

"Du sagtest ihr gebt uns Waffen, also nehme ich mir das nötigste."

Ich griff nach dem Rucksack der auf dem Sofa lag und warf ihn Mikey entgegen.

"Nehm ein paar Dosen mit. Nur ein paar, wir sollten auf dem Weg welche finden."

Mikey stand wie angewurzelt im Türrahmen während er den Rucksack umklammerte.

"Du gehst mit ihm?"

Ich hörte die Panik in Daryls Stimme. Doch ich antwortete nicht. Wortlos griff ich nach den nötigen Vorräten und packte sie in den Rucksack den Mikey noch immer fest hielt. Ich schwing ihn mir um die Schulter und drehte mich noch einmal um.

"Genau das werde ich."


Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt