Kapitel 77

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Ich warf Mikey einen vielsagenden Blick zu bevor wir leise das Haus betraten. Er durchsuchte die unteren Zimmer während ich mich die Treppe hinauf schlich. So war es eigentlich immer, er durchsuchte die unteren Abteile und ich die oberen. Das Haus war modern eingerichtet, es sah aus als wäre nie etwas geschehen. Ich durchsuchte das erste Zimmer und fand Kinderspielzeug, Hygieneartikel und einige Verbandsmaterialien. Das alles packte ich in meinen Rucksack. Doch als ich das Elternschlafzimmer betrat sah ich zwei erwachsene Beißer auf dem Bett liegen. Sie hatten ihre Hände und Füße festgekettet. Ich durchsuchte das Zimmer und packte einige Bücher ein. Ich zückte mein Messer und ging auf die armen Kreaturen zu. Ich erlöste sie von ihrem Leid indem ich meine Klinge in deren Kopf stieß. Doch plötzlich fiel mir etwas auf. Es gab noch weitere Fesseln. Blut lief an den Ketten herab. Es musste einen weiteren Beißer gegeben haben. Doch diesen sah ich nirgends. Doch genau in diesem Moment hörte ich Mikeys Schrei. Das Blut rauschte durch meine Adern als ich durch das Zimmer eilte, den Gang entlang rannte und die Treppe hinab stolperte. Ich übersprang die letzten Stufen und sah Mikey der von einem männlichen Beißer zu Boden gestreckt wurde. Meine Welt stoppte. Vor meinen Augen tauchten die Bilder auf. Noah der mich mit seinen milchigen Augen ansah wie eine Beute und Ron... Auch auf Ron lag ein Beißer. Auch ihn konnte ich nicht beschützen. Ich war wie versteinert. Mikey versuchte verzweifelt seine Waffe zu packen die einige Meter entfernt lag. Meine Welt verlor ihre Farben und mein Herz stand still. Ruckartig riss ich das Messer aus meiner Halterung und warf. Alles verlief wie in Zeitlupe. Das Messer schwebte in der Luft, wurde von all meinen Ängsten getragen. Doch dann traf es den Hinterkopf des Beißers und dieser fiel reglos in sich zusammen. Ich stieß ihn von Mikey und stürzte mich neben ihm zu Boden. Panisch tastete ich seinen Körper ab, suchte nach Wunden, nach Kratzern, nach Bissen, nach irgendetwas das mir sagte das ich ihn verloren hatte. Ich war wie in einem Wahn gefangen. Ich schrie immer wieder Rons Namen. Sah wie der Beißer über ihm lag und seine Zähne in seinem Arm versank. Ich sah den Moment als mir der wichtigeste Mensch in meinem Leben genommen wurde. Und nun würde ich auch Mikey verlieren, so wie alle anderen. Nur leise trat eine gedämpfte Stimme zu mir durch die meinen Namen flüsterte. Doch plötzlich wurde ich an meinen Handgelenken gepackt und festgehalten. Jemand schüttelte mich und riss mich aus der Trance. Als sich mein Atem normalisierte und mein Herz wieder langsamer schlug schaute ich ihn große braune Augen.

"Ich bin hier. Es geht mir gut."
"Wurdest du gebissen?"

Er schüttelte seinen Kopf.

"Es geht mir gut."

Ich schaute ihn panisch an.

"Ich bin nicht Ron. Ich wurde nicht gebissen und ich werde dich nicht alleine lassen."

Ich schüttelte meinen Kopf als er seine Hände um meine Wangen legte.

"Du hast doch nicht geglaubt das du mich so schnell wieder loswirst."
"Er lag auf dir, so wie auf-"
"Ron. Das weiß ich. Aber du hast mich gerettet."

Ich spürte wie Tränen in meine Augen stiegen weshalb ich hastig auf meine Lippe biss.

"Warum konnte ich ihn nicht retten?"
"Man kann nicht jeden retten. Aber glaube mir, wenn ich könnte, ich würde sofort mit ihm tauschen."

Ich sackte in mich zusammen als er mit seinen Daumen über meine Wange strich.

"Aber wir können es nicht ändern. Aber glaube mir, ich werde mich nicht so schnell beißen lassen."
"Du lässt mich nicht alleine?"

Er schüttelte schmunzelnd seinen Kopf.

"Die Hochbegabten müssen zusammen halten, immerhin wollen wir noch eine Bücherrei finden. Das ist unser Ziel, nicht wahr?"

Ich lächelte als ich an unseren Plan dachte. Mikey und ich wollten eine riesige Bücherrei finden und alle Bücher durchgehen die wir gelesen hatten und dann schauen wer von uns mehr gelesen hatte. Ich spürte wie Mikey seine Hand beruhigend auf meinen Kopf legte bevor er seinen Rucksack packte und mich auf meine Füße zog.

"Wir sollten zurück ins Camp. Es wird bald dunkel und ich habe keine Lust auf einen weitere innige Umarmung mit einem Beißer."

Ich lachte leise während ich durch meine Haare fuhr und über mein Gesicht strich. Mikey riss die Klinge aus dem Kopf des Beißers bevor er das Blut an seiner Hose abwischte und sie mir in die Hand drückte. Ich nickte langsam und steckte es in die Halterung bevor ich mir den Rucksack um die Schulter warf und aus dem Haus lief.

"Was hast du gefunden?"
"Einiges an Dosen, Wasser, Decken, Taschenlampen und Patronen."
"Die Tasche dürfte schwer sein."

Mikey lachte.

"Als würde ich einen Lastwagen hinter mir herziehen."
"Ein passender Vergleich."

Ich schaute ihn schmunzelnd an während wir über die kleine Farm liefen. Ich sah einen alten Wagen der an der Straße stand. Ich eilte darauf zu, doch wurde schnell enttäuscht. Kein Benzin und zerstörte Reifen. Ich seufzte und lehnte mich dagegen.

"Du hättest sowieso keinen Führerschein gehabt."

Ich schaute ihn mit schiefgelegtem Kopf an.

"Was soll mir passieren?"
"Die Polizei."

Ich lachte und schaute ihn glücklich an.

"Bestimmt. Sie werden mich mit Sicherheit einbuchten."
"Das kann ich mir gut vorstellen."

Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. Mikey schaffte es mich immer wieder zum Lachen zu bringen, so wie es Daryl einst tat.

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt