Kapitel 90

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Am Abend waren wir noch immer im Haus meiner Eltern. Daryl und Dad schienen sich gut zu verstehen, was mir hundert Steine vom Herzen fallen ließ. Ich stand zusammen mit Mum in der Küche als sie mich schmunzelnd beobachtete.

"Mein kleines Mädchen ist erwachsen."

Ich klemmte mir eine Haarsträhne hinters Ohr und schmunzelte.

"Es ist auch viel Zeit vergangen."

Sie nickte.

"Wir haben eine wunderschöne Kirche. Ihr solltet diese Gelegenheit nutzen und ein Brautkleid finden wir bestimmt auch."
"Würdest du mit mir eins aussuchen gehen?"

Ein breites Lächeln zierte Mums Lippen als sie eifrig nickte.

"Morgen Mittag?"
"Das klingt gut. Aber entschuldigst du mich kurz."

Sie nickte bevor ich aus dem Raum verschwand und die Treppe hinauf lief. Ich wollte ins Badezimmer, doch eine halb offen stehende Tür erhaschte meine Aufmerksamkeit. Ich betrat den großen Raum und schaute auf die vielen Instrumente. Ich befand mich in einem Musikzimmer. Mit großen Augen bewunderte ich das Zimmer. Doch etwas bestimmtes zog meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Ein wunderschöner Flügel aus weißem Holz. Ich ließ meine Fingerspitzen über das Holz streichen und setzte mich zögerlich auf die kleine Bank. Mit meinen Fingern fuhr ich über die glatten Tasten. Das letzte Mal gespielt hatte ich am Morgen des Ausbruchs bevor ich zur Schule. Ich spielte schon seit meinem vierten Lebensjahr so gut wie jedes Instrument. Doch Piano war mir immer das Liebste. Doch das kleine Mädchen das damals Musik machte, war ich nicht mehr. Es war als würde ein vollkommen anderer Mensch auf der Bank sitzen. Ich atmete tief durch und legte meine Fingerspitzen auf die Tasten. Nur zögerlich begann eine langsame Melodie zu spielen.

 Nur zögerlich begann eine langsame Melodie zu  spielen

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Die Musik durchzog mich sofort. Das Gefühl der Tasten, der erklingenden Melodie. All das durchströmte meinen Körper mit einer überwältigenden Wärme. Klang seltsam für Außenstehende, doch genau so fühlte es sich an. Ich schloss meine Augen und ließ meine Finger über die Tasten gleiten. Die Melodie wurde schneller, gefühlvoller. Als hätte ich nie mit dem Spielen aufgehört. In diesem Moment fühlte ich mich wie zurück teleportiert in mein altes Zimmer. Der kleine weiße Flügel in meinem alten Zuhause. Er verbrauchte fast den gesamten Platz, doch das war mir egal. Er war mein Heiligtum. Mein Ein und Alles. Noch immer stand er in meinem Elternhaus. Mittlerweile war er verstaubt. Als wir vor einigen Monate zuhause waren hatte ich keine Zeit gehabt um darauf zu spielen, immerhin waren wir auf der Suche nach Lebensmitteln gewesen. Ich begann leise ein Lied aus meiner Kindheit zu singen. Die Musik war es die meine Lungen mit Luft füllte. Sie war es die mein Leben mit Farben mischte. Damals. Heute war alles anders. Ich schmunzelte leicht und entfernte mich langsam von den Tasten.

"Hör nicht auf."

Erschrocken drehte ich mich um. Daryl lehnte am Türrahmen und schaute mich lächelnd an.

"Wie lange stehst du schon dort?"
"Lange."

Ich senkte meinen Blick und schaute hinab auf die schwarz-weißen Tasten. Er kam langsam auf mich zu und setzte sich neben mir auf die Bank.

"Spiele weiter."

Er schaute auf meine Finger die nun auf meinen Oberschenkeln lagen.

"Ich höre dir gerne zu."

Ich klemmte mir eine Haarsträhne hinters Ohr und begann erneut die Melodie zu spielen. Ich spürte wie mich Daryl musterte. Nicht ein einziges Mal schaute er auf die Tasten. Seine Blicke lagen auf mir.

"Das klingt schön."

Ich schmunzelte.

"Kannst du mir noch ein Lied vorspielen."
"Welches?"
"Egal welches."

Ich schmunzelte leicht. Behutsam legte ich meine Finger wieder auf die Tasten und spielte eine wunderschöne, langsame Melodie. Sie klang so zart, so sanft. Ich lehnte meinen Kopf gegen Daryl Schulter und schloss meine Augen. Doch meine Finger schwebten weiter über die Tasten. Ich hörte nichts weiter die wunderschöne Melodie und unseren Herzschlag. Ich konnte mir das Lächeln auf seinen Lippen nur vorstellen. Doch ich wusste das er es tat. Ich kannte ihn. Doch nach einiger Zeit ließ ich die Musik abklingen.

"Du hast großes Talent."

Ich zuckte nur leicht mit den Schultern.

"Das meine ich ernst."

Daryl legte seinen Finger unter mein Kinn und drehte mein Gesicht sanft in seine Richtung. Seine Augen schimmerten während er auf mich herab schaute.

"Ich muss dafür sorgen das in unserem Haus eines Tages auch ein Flügel steht. Dann kann ich dir den ganzen Tag zuhören."

Ich lachte und schaute ihn verliebt an.

"Du könntest auch spielen."

Er verzog das Gesicht.

"Das glaube ich eher nicht."

Ich nahm seine Hand und legte sie so auf die Tasten das es einen C Ton ergab. Er schaute mich ungläubig an.

"Ich kann einen Ton spielen."
"Ich werde dir jeden Tag einen weiteren Ton beibringen. Irgendwann kannst du sie alle."

Daryl zog mich ruckartig und überraschend an seine Lippen. Ich lächelte etwas überrumpelt aber doch überglücklich in den Kuss hinein. Niemals, wirklich niemals würde ich in Worte ausdrücken können sie sehr ich ihn liebte. Doch wer hatte vor einigen Jahren gedacht das ausgerechnet Daryl, der Mann ist der mein Herz besaß. Wer hätte erwartet das ausgerechnet Daryl am Altar auf mich warten wird. Scheinbar wusste das zu diesem Zeitpunkt nur Merle.

Still alive || Daryl Dixon FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt