Alles zerbricht in tausend Teile

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*Anna's Sicht*

Ich saß auf der Koppel, auf der unsere Pferde wie wild herum rannten und miteinander spielten, und betrachtete still schweigend den Ring von Ethan. Mir war es völlig egal ob ich vollkommen alleine auf der Koppel und, wie meine Eltern sagen würde, völlig unbeschützt war. Eigentlich wollte ich vor Rose's Zimmer auf Ray warten, aber ich brauchte unbedingt frische Luft und hatte keine Geduld mehr. Und was heißt hier unbeschützt? Nicht, dass vielleicht über 100 Wachen an den Mauern immer wieder auf und ab gingen und auch um das Schloss herum überall Wachen aufgestellt waren. Pff, von wegen unbeschützt! Ich seufzte und drehte den Ring schon zum gefühlten 1000 Mal in meinen Fingern herum. Er war wirklich atemberaubend schön. Herr Gott, warum musste das Leben auch so scheiß kompliziert sein? Das Leben einer Prinzessin war doch das beschissenste überhaupt! Ich stand vor zwei Hebeln, die jeweils eine Falltür vor mir betätigen würde. Auf der rechten Falltür stand Rose und auf der anderen linken stand Ethan. Würde ich mich für Rose entscheiden, dann würde sich der Hebel zu meiner linken senken und Ethan fiel. Entschied ich mich für Ethan, senkte sich der rechte und Rose fiel in die Tiefe. Tat ich nichts und würde einfach reglos stehen bleiben, würden sich beide Hebel senken. Wie solle man bei so etwas denn wissen was das Richtige war? Warum konnte ich nicht einfach hier liegen bleiben und nie wieder aufstehen? Konnte ich nicht wieder klein sein wo noch mein größtes Problem darin bestand, dass ich noch zu klein dafür war um an den Schokokuchen im Kühlschrank ranzukommen? Ich zog meine Beine näher an meinen Körper, legte meinen Kopf auf meine Knie und sah mir den Ring genauer an. Er funkelte schon schön im Sonnenlicht, jeder einzelne Stein strahlte. Dann sah ich auf den Ring, den mir Alexander letzte Woche gegeben hat. Langsam nahm ich diesen runter, hing ihn mir an meine Kette, sodass man ihn nicht sah und steckte mir Ethan's Ring an den Finger. Sofort begann ich zu strahlen, er passte wie angegossen. Es lagen jetzt schon viele Gefühle in diesem Ring, er strahlte auch so eine Wärme aus, die durch meinen ganzen Körper zu fließen schien. Ich liebe ihn. Ich liebe Ethan, und war das nicht das einzige was zählen sollte? Die Liebe zu jemanden anderen? Warum sollte ich unser Glück nicht zulassen? Wahrscheinlich war meine Aktion nicht ganz überlegt und ich hatte keine Ahnung ob alles gut gehen würde, ob es überhaupt irgendetwas bewirken würde, aber scheiß drauf, oder? Manchmal muss man Risiken im Leben eingehen und das war wohl das größte Risiko was ich eingehen würde. Ein letztes Mal sah ich auf den Ring, der nun an meinem Finger steckte, und stand entschlossen auf. Mit neu gefasstem Mut ging ich in Richtung Schloss bis mich Alexander abfing als ich gerade das Tor zur Koppel schloss: „Anna!" Ich zuckte ein wenig zusammen: „Alexander!" Schnell verschränkte ich meine Hände hinter meinem Rücken um Ethan's Ring zu verstecken: „Ah, was gibt's?" Alexander: „Ich wollte mich nur erkundigen wie es dir so geht und wie es mit den Vorbereitungen voran geht?" Kurz stand ich vollkommen auf der Leitung, da ich mit all meinen Gedanken bei Ethan und dem Ring war, und wusste nicht welche Vorbereitungen er meinte. Doch Gott sei Dank viel es mir rechtzeitig ein bevor Alexander bemerkte, dass ich nicht gerade auf der Höhe war: „Ah ja, die Hochzeitsvorbereitungen.. jaa.. die.. laufen ganz gut. Rose hat sich jetzt zu Herzen genommen, die ganze Planung zu übernehmen. Ich vertraue ihr da vollkommen, dass sie das wunderbar hinbekommen wird. Sie hatte immer schon ein Händchen für so etwas und keiner kennt mich besser als sie. Sie weiß ganz genau was ich verabscheue und was ich liebe. Oft haben wir über unsere Traumhochzeiten geredet, also kennt sie meine innersten Wünsche und Träume und vor allem macht es ihr Spaß. Da sie ja dann den Thron übernehmen wird, wird sie auch öfters mit Hochzeiten konfrontiert also konnte sie sich schon gut darauf einstellen." Meine Fresse Anna, hol mal Luft! Du quasselst ja wie ein Maschinengewehr. Pass auf du dumme Nuss, das ist ein typisches Anzeichen von Nervosität beziehungsweise, dass du etwas verheimlichst. Hoffen wir, dass es Alexander nicht mitbekommen hat und blöd nachfragt. Doch Alexander sah mich stirnrunzelnd an: „Anna, alles okay? Du redest.. hahaha, du redest gerade ohne Punkt und Komma." Shit! Er hatte es bemerkt. Okay, ruhig Anna ganz ruhig, einfach cool wirken. Überspiele es! Ich schluckte: „Tut mir leid, ich.. bin ein wenig in Gedanken und nun ja ein wenig nervös, immerhin heiratete man ja nicht alle Tage und das schon.. puuh, in drei Tagen. Wie die Zeit vergeht." Das nennst du also cool wirken und überspielen? Mein inneres „Ich" schlug sich gerade an die Stirn. Doch zu meinem Glück kaufte mir das Alexander ab und fing an zu lachen: „Hahaha, ja die Zeit vergeht wie im Flug. Aber hey, ich bin auch ziemlich nervös. So ein Spektakel geht nicht gerade einfach so unberührt an einem vorbei. Und wenn ich ehrlich bin, freue ich mich schon darauf. Nicht nur darauf, dass ich dann eine wunderschöne Frau an meiner Seite haben, sondern auch, dass ich dir dann Deutschland zeigen kann. Du wirst sehen, es wird dir gefallen." Auch so charmant wie Alexander geworden ist und er mir ein wenig leid tat, werde ich nie wirklich an seiner Seite sein. Mein Herz würde immer nur Ethan gehören, egal was passiert. Ich wollte gerade etwas darauf sagen als Katherina mit einem fetten Grinsen zu uns kam. Da war doch etwas faul, oder? Katherina: „Euer Majestät, meine Prinzessin." Sie machte einen kleinen Knicks und fuhr fort: „Euer Majestät, der König schickt mich. Sie sollen sofort in den Thronsaal kommen. Er hat eine Ankündigung zu machen." Ich hob misstrauisch die Augenbrauen: „Hat er auch gesagt um was es geht?" Katherina schüttelte den Kopf, doch hörte nicht auf blöd zu grinsen. Sie wusste etwas und das beunruhigte mich. Was hatte mein Vater bitte jetzt noch für eine Ankündigung zu machen und das um fünf Uhr am Nachmittag? Widerwillig seufzte ich und nickte: „Ist okay. Wir kommen." Alexander neben mir nickte ebenfalls. Im Thronsaal angekommen standen auch schon Max, Jerome, Rose, Ethan und Ray und waren alle gespannt was mein Vater zu berichten hatte. Max und Rose waren ein wenig rot im Gesicht und ihre Atmung ging schneller. Nein, ich wollte gar nicht wissen was sie vorher gemacht haben. Ich sah mich noch einmal um. Überall standen Wachen, mehr als sonst und sowohl mein Vater als auch meine Mutter hatten eine strenge Miene aufgesetzt. Okay, hier war doch irgendwas faul. Mein Unbehagen stieg von Sekunde zu Sekunde und ich traute mich einfach nicht nachzufragen was jetzt so wichtig ist. Auch Rose und Max sahen sich unbehaglich an, selbst Alexander merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich kaute nervös auf meiner Lippe herum und sah meinen Vater an, der sich nun von seinem Thron erhob: „Schön, dass jetzt alle eingetroffen sind. Ihr fragt euch doch sicher alle was es denn so wichtiges noch um diese Zeit gibt. Ich möchte nicht viel drum herum reden also mache ich es kurz." Mein Herz begann immer schneller zu schlagen, mein ganzer Körper begann sich aufzuheizen. Panik stieg in mir auf vor den nächsten Worten meines Vater: „Vor wenigen Minuten hat mir ein kleines Vögelchen etwas sehr interessantes gezwitschert. Anscheinend habe ich doch nicht alles im meinem Schloss unter Kontrolle und wie mir scheint ist es für manche sehr reizvoll sich mir zu widersetzen. Gesetze zu brechen ist wohl möglich ein kleiner Reiz geworden und das kann und werde ich nicht dulden." Ich konnte sehen wie Max und Rose totenbleich wurden. Oh Gott, wusste Dad von dem Baby? Oder wusste er von.. scheiße, nein! Nein, das.. Doch ich konnte meinen Gedankengang nicht zu Ende führen, da mein Vater eine kleine Handbewegung in Richtung der Wache machte und sie auf einmal Jerome und Ray beiseite rissen und Ethan umzingelten. Damit Ethan nicht auf die Idee kam sich irgendwie zu wehren zogen sie sofort ihre Waffen und hielt sie ihm unter die Nase. Nein, was geschah hier gerade? Mein Vater sprach weiter: „Ethan, deine Familie steht schon sehr lange im Dienste der Königsfamilie. Schon meine Schwiegereltern schätzen deine Eltern sehr und dich auch. Ich habe dich von Anfang als einen sehr talentierten und ehrenvollen jungen Mann betrachten. Ich wusste ich konnte auf dich zählen und dir vertrauen. Doch wie bekanntlich kann man sich irren." Ethan sah meinen Vater verwirrt an: „Majestät?" Dad: „Dass du dich den Gesetzen so widersetzt und uns alle für dumm verkaufst! Bei den letzten Fehltritten habe ich ein Auge zugedrückt und dich mit einer Verwarnung davon kommen lassen. Doch das geht zu weit!" Ein kurzer Blick von meinem Vater huschte zu mir und dann wieder Ethan. Nein... nein, nein! Er wusste es! Mein schlimmster Albtraum ist wahr geworden. Erneut setzte mein Vater an: „Dass du es wagst unter meinem Dach eine heimliche Liebesbeziehung zu meiner eigenen Tochter anzufangen und sie mit deinen hirnspinstigen Gedanken beeinflusst! Ich hätte wissen müssen, dass ihre aufmüpfige Art in letzter Zeit nur dein Werk ist!" WAS?! Mit einer weiteren Handbewegung meines Vaters, steckten zwei der Wache ihre Waffen wieder weg und nahm Ethan an den Händen fest, schlugen ihm in den Bauch und drückten ihn auf die Knie. Mir blutete das Herz, sofort stiegen mir Tränen in die Augen. Max und Rose wurden auch sofort von Wachen aufgehalten damit sie nicht eingriffen. Dad: „Was wolltest damit denn bezwecken? Mich vom Thron stürzen? Die Macht an dich reißen oder wolltest du sie nur als deine persönliche Hure?" Die letzten Worte schrie mein Vater, doch Ethan beeindruckte das nicht. Er sah auf und grinste frech: „Schon mal etwas von dem Wort „Liebe" gehört, euer Majestät?" Für die freche Aussage kassierte Ethan einen kräftigen Schlag ins Gesicht mit dem Knauf des Schwertes einer Wache, die ihn hielt. Dad: „Wage es jetzt nicht so mit mir zu reden! Du hast meine Familie beschmutzt, die Gesetze gebrochen und das schlimmste, du hast es fast geschafft alles zu ruinieren was wir versuchen aufzubauen. Doch das hat jetzt ein Ende, keinen Meter wirst du dich mehr meiner Tochter nähern!" Ethan sah wieder auf, noch immer spielte ein Lächeln über seine Lippen, die leicht blutete: „Also werde ich dafür bestraft, dass ich mich verliebt habe und blöderweise genau in eure Tochter, die wie ich anmerken darf, mich genauso liebt wie ich sie? Ach ja, ich habe ganz vergessen, eine Prinzessin hat ja nicht das Privileg verliebt zu sein! Man muss sie zu ungewollten Hochzeiten zwingen!" Erneut kassierte Ethan einen Schlag ins Gesicht von der Wache. Dad: „Komm mir nicht mit Liebe! Als ob sich eine Prinzessin für so einen unbedeutenden Leibwächter interessieren würde! Aber schade, dass du nicht bei der Hochzeit dabei sein kannst. Führt ihn ab!" Die zwei Wachen zerrten Ethan wieder auf die Füße und führten ihn Richtung Ausgang. Ich begann meinen Kopf wie wild zu schüttelnd und ganz leise „nein" zu sagen was immer lauter wurde. Immer schneller ging ich auch in Richtung Ausgang und wollte Ethan hinterher, doch dann hielt mich eine Wache an beiden Armen fest. Ein letztes Mal rief Ethan unter einem Grinsen: „Oh tut mir leid, euer Majestät, ich habe ganz vergessen, dass ihr nichts von Liebe versteht!" Mein Vater wurde wütend und brüllte hinterher: „Steckt ihn ins dreckigste und dunkelste Verlies!" Die Tür wurde zugeknallt und ich rief unter Tränen, die mir wie ein Wasserfall die Wangen hinab liefen, Ethan nach: „NEIN, ETHAN!" Als ein paar Sekunden verstrichen waren räusperte sich mein Vater und Wut keimte in mir auf. Ich drehte mich zu meinem Vater und ging Wut entbrannt auf ihn zu: „Wie kannst du nur? Bist du jetzt von allen Geistern verlassen? Er hat dir nichts getan!" Dad: „Ich bin der König, ich kann machen was ich will! Und er hat die Gesetze gebrochen und wer die Gesetze bricht wird auch bestraft. Ganz einfach!" Ich: „Er hat sich in mich verliebt und ich in ihn, was ist daran falsch?" Dad: „Anna, versteh doch, dieser Typ liebt dich nicht. Er wollte dich doch nur ausnutzen und du liebst ihn auch nicht. Du bist noch viel zu jung und unerfahren um zu wissen was wahre Liebe ist." Warte, was? Wollte er mich gerade wirklich darüber belehren was wahre Liebe ist? Ausgerechnet er, der seine eigene Gattin mit weiß Gott wie vielen Weibern betrog. Bei dieser Ironie musste ich leicht auflachen: „Tzz, wahre Liebe.. als ob du wüsstest was das ist!" Ich fauchte ihn regelrecht an und stand nun direkt vor ihm. Meine Mutter war auch schon aufgestanden und schien nicht zu wissen was sie jetzt machen oder sagen sollte. Als ich meinem Vater diese Worte an den Kopf warf kassierte ich eine Ohrfeige auf meine rechte Wange. Meine Mutter zuckte zurück, hielt ihre Hände vor den Mund und sah meinen Vater ungläubig an. Auch Max, Rose, Ray und Jerome wollten eingreifen, doch sie wurden immer noch von den übrigen Wachen zurückgehalten. Erneut bildeten sich Tränen in meinen Augen. Meine Wange brannte wie die Hölle, doch ich straffte meine Schultern und ließ mir den Schmerz nicht ansehen. Stattdessen sah ich meinen Vater verachtend an. Dad: „Ich werde nicht zulassen, dass dieses Schandmaul uns noch weiter in die Quere kommt und alles ruiniert. Es wird dir nicht mehr zu nahe kommen können und weiter versuchen sich mehr an dich ranzumachen und deinen Ruf und deinen Körper zu beschmutzen." Bei seinen Worten musste ich blöd grinsen. Dieses freche, blöde Grinsen hatte ich mir von Ethan abgeschaut und es reizte mich nur zu sehr meinem Vater genauso mit diesem Grinsen anzusehen wie Ethan einige Minuten vorher. Natürlich hätte ich mir vorher überlegen sollen was ich sage, aber bei genauerer Überlegung hätte ich es wahrscheinlich sowieso gesagt. Ich: „Dann freut es dich sicher zu hören, dass Ethan mir schon längst an die Wäsche gegangen ist!" Feuerrot wurde mein Vater im Gesicht und holte noch einmal aus. Dieses Mal traf er mich auf die linke Wange und der Schlag war so fest, dass es mich zu Boden riss. Dad: „Du wirst dich diesem Typen keine 500 Meter mehr nähern! Sei froh, wenn ich dich nicht in dein Zimmer einsperren muss!"  

Eine Prinzessin kommt selten alleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt