Ich hätte das nicht tun sollen...

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*Annas Sicht*


Als Ethan und ich gemeinsam tanzten vergaß ich alles um mich herum. Er hatte mich in seinen starken Armen und führte mich geschickt über das Parkett. Wir sagten lange Zeit nichts, es herrschte Stille, aber keine unangenehme. Wir sahen uns nur in die Augen und das sagte schon alles. Doch leider war der Moment viel zu schnell vorbei und wir lösten uns voneinander. Wir beschlossen raus auf die Terrasse zu gehen um frische Luft zu schnappen. Es wehte ein leichter Wind und die Luft war feucht. Morgen würde es wahrscheinlich wieder regnen wie fast jetzt jeden Tag in dieser Woche. Wenigstens würde es hoffentlich am Wochenende wieder warm und sonnig werden. Vielleicht besuche ich Oma und Opa in Schottland, ich war lange nicht mehr oben. Natürlich würde ich Daisy mitnehmen. Ich liebte es mit ihr durch den Wald zu reiten und über die weiten Felder. Daisy liebte Schottland, vor allem das saftige Gras dort oben. Es war immer wieder schwer sie wieder in den Pferdetransporter zu bekommen, weil sie nicht weg möchte. Ich würde sie ja oben bei meinen Großeltern lassen, aber dann würde ich sie nur vielleicht alle zwei Wochen sehen, wenn es gut kommt und meine Eltern nicht irgendetwas anderes geplant haben. Ohne Daisy würde ich hier wahrscheinlich noch wahnsinnig werden. Wenn es mir zu viel wurde setzte ich mich immer zu ihr in die Box. Sie war neben Rose meine zweite Psychologin und Lebensberaterin. Ich weiß, voll merkwürdig ein Pferd nach seiner Meinung zu fragen, aber es war wirklich beruhigend und ich wusste, dass Daisy jedes Wort verstand was ich ihr sage. Sie war unersetzbar. Ethan lehnte sich an dem Steingeländer an, verschränkte die Arme und sah mich an: „ Über was denkst du nach?" Ich: „ Über nichts besonderes. Ich überlege nur ob ich am Wochenende einmal wieder rauf zu meinen Großeltern nach Schottland fahre. Natürlich mit Daisy im Gepäck." Ethan: „ Schottland ist ein schönes Land. So ruhig, sonnig und friedlich." Ich: „ Ja, am liebsten würde ich dort rauf ziehen. Weg von alldem nervigen Getue, dem ganzen Stress und dem dummen Regeln und Gesetzen. Einfach das Leben genießen und sich um nichts sorgen." Ethan: „ Das Leben ist nicht einfach. Man bekommt leider nicht immer das was man gerne hätte." Ich: „ Oh doch, das ist ganz einfach. Max wird König, Rose seine Beraterin, sonst baut er nur Mist und ich werde Herzogin von Schottland und ziehe in das Haus meiner Großeltern. Und jeder ist glücklich." Ethan schmunzelte: „ Ich glaube nicht, dass dein Bruder so scharf darauf ist den Thron zu übernehmen." Ich: „ Da hat er Pech gehabt. Er ist der Ältere." Ethan musste breit grinsen: „ Um wie viele Minuten?" Ich: „ Zwei.. Aber das spielt keine Rolle. Älter ist älter. Oder bessere Lösung, Rose wird Königin. Sie kann das sowieso am besten von uns." Ethan: „ Du und Max könntet das auch." Ich: „ Da bin ich anderer Meinung. Wie soll ich denn ein Land regieren, wenn mir die Gesetze, Regeln und das ganze königliche Getue auf die Nerven geht? Vor allem müsste ich dazu heiraten und das mach ich auf keinen Fall!" Ethan: „ Also willst du nie heiraten oder vielleicht einmal Kinder bekommen?" Ich: „ Doch schon, aber ich heirate sicher nicht irgendeinen dahergelaufenen Prinzen. Keiner bringt mich dazu vor den Altar zu treten, wenn da vorne ein Mann steht den ich nicht liebe." Ethan: „ Aber wer weiß, vielleicht begegnest du einem Prinzen in den du dich verliebst und mit dem du dein restlichen Leben verbringen möchtest." Ich lachte kurz auf: „ Ja klar. Alle Prinzen sind arrogant, selbstgefällig und totale Arschlöcher. Denken nur an sich und an ihren tollen Adelstitel, den sie sich nicht einmal verdient haben. Was sagt ein Adelstitel schon bitte aus? Wenn du Glück hast wirst du in eine königliche Familie geboren und bekommst dann automatisch den Adelstitel. Aber was unterscheidet uns von anderen?" Ethan sah mich ein wenig traurig an. Ich: „ Ach tut mir leid, ich labber dich da mit schwachsinnigen Dingen voll und verschwende deine Zeit." Ethan: „ Du verschwendest meine Zeit nicht." Ich: „ Solltest du nicht eigentlich bei Rose sein?" Ethan: „ Sie hat mich weggeschickt. Meinte ich soll den Abend genießen." Ich: „ Und jetzt stehst du hier und lässt dich von mir voll schwafeln." Ethan zuckte mit den Schultern: „ Es gibt schlimmeres." Er lächelte. Dieses Lächeln ließ mein Herz erwärmen. Ich spürte wie mein Gesicht heißer wurde. Meine Güte, kann dieser Mann irgendetwas machen was mich nicht zum Erröten bringt? Um mein Herz und mich zu beruhigen musste ich mich irgendwie ablenken also nahm ich Ethan seinen Hut, den er auf hatte, weg und setzte ihn mir selber auf. Ich: „ Na, steht mir oder?" Ethan lachte: „ Ein bisschen zu groß würde ich sagen." Prompt rutschte mir der Hut ins Gesicht. Ja, er hatte recht. Ich: „ Das ist egal. Von nun an bin ich Musketier Elsa." Ethan: „ Kreativ, vielleicht sollte man einen neuen Disney-Film darüber machen. Königin Elsa, die beschließt von nun an Musketier zu werden." Ich: „ Ganz genau, und ich spiele die Hauptrolle." Ethan drehte sich nun ganz zu mir: „ Das könnte aber in dem Kleid ein bisschen schwierig werden." Ich: „ Mmh, dann muss ich es wohl ausziehen." Als mir bewusst wurde was ich da gerade gesagt hatte wurde ich hochrot im Gesicht. „Dann muss ich es wohl ausziehen", man Anna was hast du dir denn dabei gedacht? Ich sah weg. Doch Ethan trat näher an mich heran, nahm mir den Hut wieder vom Kopf, nahm mein Kinn und hob es so hoch, dass ich ihm in wieder in die Augen sah. Seine Augen funkelten im Mondschein, sie waren so wunderschön. Ethan: „ Du bist süß wenn du so rot wirst." Was? Ich.. bin süß? Süß? Sagte er das gerade wirklich? Seine Hand wanderte von meinem Kinn zu meiner Wange. Seine Berührung hinterließ auf meinem ganzen Körper Gänsehaut und mein Herz schlug immer schneller. Ich war so auf seine Augen fixiert, dass ich nicht merkte wie Ethan mir immer näher kam. Erst als ich seinen Atem auf meinen Lippen spürte wurde es mir bewusst. Gott, hoffentlich spürt er nicht wie schnell mein Herz schlägt, es drohte ja schon aus der Brust zu springen. Aber viel darüber nachdenken konnte ich nicht, denn als sich unsere Lippen endlich berührten war mein Gehirn wie leer gefegt und mein Herz blieb stehen. Ethan.. oh mein Gott, Ethan küsst mich gerade! Leider war auch dieser Moment viel zu schnell zu Ende. Ethan löste sich abrupt von mir und sah mich leicht geschockt an. Nein, bitte nicht aufhören. Ich wollte nicht, dass der Kuss endete, aber Ethan begann leicht seinen Kopf zu schütteln: „ Es.. es tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen." Ohne ein weiteres Wort ging Ethan wieder in den Ballsaal und ließ mich stehen. 


Eine Prinzessin kommt selten alleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt