Abschied von Ethan?

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*Annas Sicht*


In meinem Zimmer angekommen bat ich Ray niemanden rein zu lassen, da ich meine Zeit alleine brauchte. Eigentlich wollte ich Ray nicht so angehen, aber ich hatte meine Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle. Nichts hatte ich mehr unter Kontrolle, alles schien aus der Bahn zu geraten. Während wir hier auf normalen Alltag machen und den Luxus genießen sitzt Ethan im Kerker und wer weiß wie es ihm da unten geht. Gott, bei diesem Gedanken zog sich mein Herz zusammen und Tränen stiegen mir wieder in die Augen. Ach scheiße verdammt! Alles war zum Kotzen! Mein Atem ging wieder schneller und meine Tränen rannen nur so meine Wangen hinunter. Ich ging ins Badezimmer und schüttete mir eiskaltes Wasser ins Gesicht um mich ein wenig zu beruhigen, dann sah ich in den Spiegel. Was ich dort sah erschreckte mich. Diese Frau in diesem Spiegel war nicht ich, das konnte nicht ich sein. Da wurde mir erst bewusst, dass ich, seit ich den Heiratsantrag von Alexander ganz akzeptiert habe, nicht mehr ich selbst bin. Mein Spiegelbild zeigte jemanden komplett anderen. Wo war bloß die starke, selbstbewusste Frau mit ihrem starken Willen und ihrem Wunsch auf Freiheit hin? Nichts mehr von ihr war noch zu sehen, sie war gestorben. Ich bin innerlich gestorben und nur mehr ein Haufen Elend. Das kotzte mich an, dieses Spiegelbild kotzte mich an! Wütend schlug ich gegen den Spiegel, der tausend Risse bekam, und sank zu Boden. Wieder begannen meine Tränen zu fließen, wie schon so oft die letzten Stunden. Plötzlich klopfte es an der Tür und Ray steckte vorsichtig den Kopf ins Zimmer: „ Anna, ich weiß du sagtest du willst niemanden sehen, aber.. deine Mutter wünscht mit dir zu sprechen." Meine Mutter? Ich sah auf, wischte mir erneut die Tränen weg und stand wieder auf: „ Ich möchte niemanden sehen, schon gar nicht sie oder meinen Vater!" Sie konnte mir gestohlen bleiben, darauf hatte ich nun wirklich keine Lust mehr. Nicht nur, weil sie immer auf fürsorgliche Mutter machte und dann ihre jüngste Tochter dazu zwang zu heiraten, nein! Sie ließ auch noch zu, dass mein Vater mir zwei kräftige Ohrfeigen verpasste und sagte dazu nichts, rein gar nichts! Und da soll ich noch glauben, dass sie fürsorglich und immer für uns da ist? Das ich nicht lache! Ray nickte und schloss die Tür wieder. Aber nach nur wenigen Minuten wurde sie von meiner Mutter aufgestoßen: „ Anna, schließe dich nicht immer weg!" Ernsthaft, was versteht sie nicht darunter, wenn ich sage ich möchte alleine sein? Ich: „ Ich schließe mich nicht weg, schon einmal etwas von „Zeit alleine haben wollen" gehört? Und vor allem habt ihr damit begonnen mich EINZUSPERREN!" Meine Mutter zuckte bei meinem harschen Ton zusammen, wollte sich aber nichts anmerken lassen: „ Das war nur zu deinem Schutz." Ich: „ Meinem Schutz? Wovor denn? Ethan? Ja klar, ist ja nicht so, dass mich Ethan eher immer beschützt hat als mir irgendetwas anzutun!" Mam: „ Ethan hat gegen die Gesetze verstoßen und er hat dir Flausen in den Kopf gesetzt." Er hat bitte was? Ich: „ Erstens, hat er gegen kein Gesetz verstoßen nur, weil er mich liebt! Und zweitens, hat er mir nichts in den Kopf gesetzt, ich war schon immer so! Wärt ihr beide nicht so besessen von euren angeblichen Gesetzen und Regeln, dann hätte ich mich nie so verhalten müssen! Und jemanden einzusperren nur, weil man sich verliebt hat ist das allerletzte! Und wenn wir schon bei Flausen in den Kopf setzen sind, dann würde ich mir eher darüber Sorgen machen, dass Dad dir Flausen in den Kopf setzt! Seit wann stehst du unter ihm und lässt ihn alles machen was er möchte? Du bekommst ja nicht einmal mit, dass er dich schon die ganze Zeit betrügt und sich hinter deinem Rücken mit anderen Weibern vergnügt und auf eure Ehe spuckt! Also erzähl du mir nichts von Flausen im Kopf! Ich lass mir von einer Möchtegern-Königin, die nichts unter Kontrolle hat und keinen Schimmer davon hat was hinter ihrem Rücken getrieben wird, nichts sagen. Und jetzt raus aus meinem Zimmer!" Das Geheimnis meines Vaters auszuplaudern war eigentlich nicht geplant gewesen, aber sie regte mich so sehr auf, dass mir der Kragen geplatzt ist und es nicht anders ging. Geschockt sah mich meine Mutter an, so hatte ich wirklich noch nie mit ihr geredet, aber irgendwann musste es ein. Sie bewegte sich keinen Millimeter, sondern starrte mich nur weiterhin an. Ich: „ Ray?" Ray kam ins Zimmer: „ Ja?" Ich: „ Könntest du bitte so freundlich sein und meine Mutter hinaus begleiten? Das „Gespräch" ist hiermit beendet." Ray nahm meine Mutter vorsichtig am Arm und führte sie hinaus. Nachdem ich mich beruhigt hatte rief ich Ray noch einmal zu mir: „ Ray? Könntest du mir einen Gefallen tun?" Ethan's Sicht Es war dreckig, düster und kalt in diesem stinkenden Drecksloch von Kerker. Ich saß gerade einmal einen beschissenen Tag hier drinnen und mir reichte es jetzt schon. Aber was hatte ich mir denn erwartet? Dass das zwischen mir und Anna nie herauskommt und alles Friede, Freude, Eierkuchen wird? Damit hätte ich rechnen müssen, es musste ja so kommen. Aber mich würde es immer noch brennend interessieren welches miese Schwein uns verpfiffen hatte. Vielleicht war es Alexander? Er wusste immerhin schon von Anfang an, dass zwischen mir und Anna etwas läuft und er wusste auch ganz genau, dass Anna für meine Freilassung alles tun würde. Boah, wenn dieses Arschloch wirklich dahinter steckte, dann drehe ich ihm den Hals um! Und wenn er Anna nur in irgendeiner Weise anfasst, dann... boah, ich durfte gar nicht daran denken. Anna heiratet ihn in zwei blöden Tagen und dann würde sie nach Deutschland ziehen, ich würde sie nie wieder sehen und Alexander durfte dann mit ihr machen was er möchte. Das konnte ich nicht einfach zulassen, das wollte ich nicht zulassen! Aber was soll ich hier unten schon tun? Die Gitter waren mit Eisenkraut versehen und überall standen schwer bewaffnete Waffen, ich komme ohne mein eigenes Schwert nicht weit. Es war ausweglos, ich werde Anna verlieren und vielleicht sogar in diesem Drecksloch verrotten. Ich seufzte und lehnte meinen Kopf wieder gegen die feuchte und kalte Steinmauer bis ich die Kerkertür aufgehen hörte. Eine schwarze Gestalt blieb vor meiner Zelle stehen und bei genauerer Betrachtung konnte ich wage Ray erkennen, bei dem fahlen Licht war das etwas schwer. Ich: „ Ray?" Ray: „ Hey Kumpel." Ich: „ Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr ich mich einmal über ein nettes und freundliches Gesicht hier unten freue." Ray: „ Hast du hier etwa noch keine netten Bekanntschaften gemacht?" Ray's Lächeln munterte mich ein wenig auf: „ Nein leider nicht. Außer unser Lieblingsgast aus Spanien, der ab und zu meint er müsse das Maul aufreißen. Aber generell ist er ziemlich ruhig." Ray: „ Wahrscheinlich hat er sich mit der Einsamkeit abgefunden." Ich: „ Oder ihm ist endlich bewusst geworden, dass hier nicht mehr so schnell rauskommen wird. Und unser lieber Herr König hat mir die Ehre eines Besuches erwiesen." Ray runzelte die Stirn: „ Was wollte er?" Ich zuckte mit den Schultern: „ Keine Ahnung, er stand nur da, starrte mich an und warf mir an den Kopf was für eine Schande ich doch bin und wollte mir weiß machen, dass Anna viel besser dran ist ohne mich und ich ihre Ehre und ihren Namen nie wieder beschmutzen werde." Ray: „ Ja, der König und seine Meinung." Kurz herrschte Stille. Ich: „ Ray, wie geht es Anna?" Sofort erstarb das Lächeln in seinem Gesicht und er wurde ernst: „ Wie denkst du denn, dass es ihr geht? Es geht ihr grauenhaft. Sie versucht sich nichts anmerken zu lassen, weil sie weiß, dass es dir dann noch schlechter gehen würde, aber im Inneren ist sie ein Wrack, Ethan. Sie verkriecht sich in ihrem Zimmer, lässt niemanden zu sich, kommt nur raus wenn es wirklich nötig ist, bricht in Tränen aus... sie ist am Ende. Vorher hat sie ihren Spiegel im Bad zerschlagen und ist ihre Mutter ziemlich wütend angegangen und hat sie aus dem Zimmer geworfen. Ich habe sie noch nie so... zerstört gesehen." Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie Anna am Boden zerstört war. Gott, ich wäre so gerne bei ihr, sie in den Arm nehmen, sie trösten und ihr sagen, dass alles wieder gut werden wird. Aber selbst mein Glaube daran erstarb. Anna heiratete in nicht einmal mehr ganz zwei Tagen und dann würde sie weg sein, mit ihr auch mein Herz. Ich sah zu Boden und strich mir durch mein Haar. Ray: „ Anna hat mich übrigens geschickt. Sie wäre gerne selbst gekommen, aber die Wachen lassen niemanden zu dir, geschweige denn lässt der König Anna sich nicht einmal auf 50 Meter diesem Raum nähern. Ich konnte mit Stefan einen Deal aushandeln, aber mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich soll dir diesen Zettel geben." Ray reichte mir einen kleinen zusammengefalteten Zettel und sprach weiter: „ Und sie möchte, dass du das hier bei dir hast." Er griff in seine Hosentasche und holte eine Halskette heraus. Das war Anna's Halskette, die sie immer um den Hals trug und nie ablegte, ihre Großeltern haben sie ihr zum ihrem sechsten Geburtstag geschenkt. Es war eine Silberhalskette mit einem blauen Herz, das von einem weißen Engelsflügel mit kleinen Steinchen umhüllt war. Ich nahm die Kette und legte sie mir selber um. Ray: „ Ich muss wieder. Wir werden dich hier raus holen, Ethan. Das verspreche ich dir." Ich nickte ein kurzes Mal bis mich Ray wieder alleine ließ. Sofort beschloss ich den Zettel zu öffnen, den mir Ray gab, und begann zu lesen: „Mein geliebter Ethan, ich wollte nicht, dass sich alles so entwickelt und, dass du wegen mir zu Schaden kommst. Ich hätte es besser wissen müssen, eine Prinzessin hat nicht das Privileg verliebt zu sein... der Schmerz von dir getrennt zu sein ist unerträglich, die Vorstellung du im Kerker zerreißt mein Herz. Ich kann nicht mehr, ich bin weiß nicht wie ich das alles überstehen soll. Doch eines weiß ich mit Gewissheit, solange ich hier bin wird dich mein Vater nie wieder gehen lassen oder schlimmer, er wird dich verbannen und das möchte ich nicht. Ich könnte niemals zulassen, dass du wegen meiner Anwesenheit alles verlierst was du dir aufgebaut hast, was deine Eltern aufgebaut haben, worauf dein Vater immer stolz war. Deshalb ist es das beste, wenn ich gehe. Wenn erst Rose Königin ist bekommst du deine Stelle zurück und alles ist vergessen. Das heißt aber auch, dass du mich vergessen musst. Du musst weiterleben egal was ist, du musst mich los lassen, du musst uns los lassen. In fast jedem Märchen gibt es ein Happy End, doch ich fürchte in diesem wird es keines für uns geben. Ich habe gehofft, wollte mein Leben mit dir verbringen, doch als man dich mir völlig entrissen hat erstarb das alles. Ethan, ich liebe dich, ich werde dich immer lieben, aber tu uns beiden den Gefallen und lass mich los und lebe weiter, nur so wird der Schmerz eines Tages erträglich. Vielleicht werden wir uns in naher Zukunft wiedersehen, doch fürs erste heißt es Lebewohl. Ich liebe dich, Ethan. Anna" 

Eine Prinzessin kommt selten alleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt