10.Zayns Problem und eine Einladung für Harry

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"Hör zu Liam, als ich mich mit Louis unterhalten habe, wirkte er total nett und bodenständig. Ich kann nicht wirklich verstehen, wieso du und Niall so schlecht von ihm denkt....was habt ihr gegen ihn?"

Er erwartete, dass Liam sich eine Ausrede oder eine hochtrabende Geschichte ausdenken würde, doch dem war nicht so. Liam zuckte nur mit den Schultern und sagte schlicht: "Ich habe nichts gegen ihn. Er hat mir nichts getan. Nie. Aber in der Schule halten sich halt die Gerüchte, dass er Dinge treibt, die nicht in Ordnung sind. Manche Schüler haben erzählt, sie hätten ihn nachts noch sehr spät auf der Straße herumlaufen sehen und das sei ihnen merkwürdig vorgekommen. Naja und auf diese Art und Weise hat sich eben der Verdacht gefestigt, dass Louis und Zayn nicht ganz sauber sind", erklärte Liam ruhig und sah Harry dabei ernst an. "Ja", mischte sich nun auch Niall ein: "und jetzt, wo du auch noch beobachten konntest, dass er einem Mann Geld für etwas gegeben hat...scheint an den Gerüchten ja etwas dran zu sein." Harry biss sich auf die Lippe.

Vielleicht hatten seine Freunde ja wirklich recht aber vielleicht sahen sie auch Dinge, die nicht da waren, weil sie sich schon in den Kopf gesetzt hatten, dass mit Louis und Zayn etwas faul war.

Annes Ruf unterbrach ihre Diskussion und sie gingen gemeinsam runter in die Küche, wo sie ein herzhaft gedeckter Tisch empfing. "Wow", entfuhr es Niall und er setzte sich mit strahlenden Augen. "Guten Appetit", sagte Anne und schöpfte ihnen allen auf die Teller. Auch Robin saß mit am Tisch und so kamen bald lustige Gespräche zustande, denen Harry allerdings nicht ganz folgte, denn immer wieder schwirrten seine Gedanken zu Louis, egal wie sehr er auch versuchte, sich davon abzulenken.

Gerade als er es halbwegs geschafft hatte, wandte sich Anne an ihn und fragte: "Wieso konnte Louis nicht kommen, Schatz?" "Keine Ahnung, er hatte wohl schon was vor", antwortete Harry und klang dabei etwas ruppiger, als sonst, obwohl er es nicht böse meinte. "Ja, ich kann mir schon denken, was er vorhat...", kicherte Niall und verzog das Gesicht, nachdem Harry unter dem Tisch nach seinem Bein getreten hatte.

Es fehlte ihm gerade noch, dass seine Mutter von den Gerüchten um den Punk erfuhr. Anne war die Andeutung allerdings nicht entgangen und sie sah den blonden Jungen am Tisch neugierig an: "Ach, kennst du ihn gut, Niall? Wenn du dir denken kannst...."
"Nein, Niall kennt ihn gar nicht, er glaubt nur Gerüchten, die Louis in schlechtem Licht darstellen", sagte Liam zu Harrys Überraschung und schenkte Anne ein Lächeln, das sie daran hinderte, noch weitere Fragen zu dem 18 jährigen Waisenkind zu stellen.

Das Essen ging vorbei, ohne, dass noch einmal das Thema Louis zur Sprache kam, worüber Harry sehr froh war.

Nachdem sie fertig gegessen hatten, saßen sie alle im Wohnzimmer zusammen und sahen sich einen Film im Fernsehen an. Während Niall gebannt den Film verfolgte, saß Anne auf dem Boden vor der Couch und sortierte noch eine Kiste mit Büchern. Liam saß neben Harry und flüsterte irgendwann: "Hey hör zu, ich will nicht, dass du denkst, ich würde Louis hassen...ich habe auch nichts dagegen, wenn du zu ihm Kontakt hast, denn das kann ich dir nicht verbieten. Aber, wenn ich dir einen Rat geben darf; dann sei bitte vorsichtig. Lern Louis kennen, wenn er dich so interessiert, aber behalte im Hinterkopf, dass etwas mit ihm nicht stimmt und pass auf dich auf, ja?" Harry sah Liam an, der ihn aus seinen braunen Hundeaugen besorgt ansah und er konnte ihm seinen Wunsch nicht abschlagen, also nickte er langsam und flüsterte: "Ich verspreche dir, dass ich aufpassen werde." Erleichtert legte Liam den Arm um Harry und klopfte ihm auf die Schulter. Den Rest des Abends verbrachten sie schweigend.

Gegen 10 Uhr verabschieden sich Niall und Liam und bedankten sich nocheinmal wortreich für das Abendessen. Harry brachte sie zur Tür und verabschiedete sich von seinen Freunden. Als er zurück ins Wohnzimmer kam, sah Anne von den Büchern auf, die sie sortierte. "Harry, ich will, dass du vorsichtig bist, wenn du dich nocheinmal mit diesem Louis triffst, ja?", sagte sie ernst und er erkannte in den Augen seiner Mutter dieselbe Angst, die er auch bei Liam gesehen hatte.
Er konnte nicht verstehen, wie manche Menschen so ängstlich gegenüber anderen sein konnten, nur weil sie an ein Vorurteil glaubten, das diese Person umgab.

.-.-.-.

Er bekam Louis erst wieder am Montag zu Gesicht.

Der halbe Schultag war bereits vorbei und er hatte schon Mathe, Englisch und Geschichte hinter sich gebracht. Zusammen mit Liam lungerte Harry vor dem Jungsklo herum, wo sie auf Niall warteten, als Liam ihn anstupste. "Da ist Louis...und Zayn", zischte er und deutete auf die beiden. Gemütlich schlenderten sie über den Korridor, hatten ihre Taschen locker über eine Schulter geworfen und schienen es zu genießen, dass man ihnen den Weg freimachte. Zayn sah ziemlich fertig aus und Louis flüsterte ihm immer wieder etwas zu, woraufhin der Dunkelhaarige wortlos den Kopf schüttelte. Louis schien wütend zu werden, kramte in seiner Tasche und drückte Zayn ziemlich grob eine Thermoskanne in die Hand.

"Was der nur immer mit dieser Kanne hat...ich hab ihn noch nie mit einer normalen Plastikflasche gesehen", brummte Liam, während sie Zayn dabei zusahen, wie er Louis die Flasche energisch zurückgab und dann den Gang beschleunigte. Louis blieb stehen, biss sich auf die Unterlippe und sah müde, genervt und enttäuscht aus. Harry verspürte den Drang, zu ihm zu gehen und ihn anzusprechen, ihn zu fragen, was ihn bedrückte, doch noch immer stand Liam neben ihm, der allerdings grinste Harry an und flüsterte: "Na los, geh schon. Ich esse heute allein mit Niall zum Mittag." Er schob Harry sanft in Richtung Louis, der sich wünschte der Punk würde ihn nicht sehen, doch es war zu spät.
Louis blaue Augen hatten ihn bereits gesehen und er sprach ihn an: "Hey Harry. Hattest du ein schönes Wochenende?", fragte er und wirkte nervös.
"Ja, war ganz nett...ich hab endlich alle Kisten ausgepackt...hast du Stress mit Zayn?", fragte Harry und nickte zu dem dunkelhaarigen Punk hinüber, der am Fenster saß und traurig hinaus blickte.

Sie gingen nebeneinander her und ließen sich in Zayns Nähe an einem freien Tisch nieder. "Ja, es geht ihm nicht gut", seufzte Louis - seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern und seine dunklen Augen mit den riesigen Pupillen huschten immerwieder zu Zayn hinüber. "Zayn hat Selbstmordgedanken", sagte er schließlich und Harry keuchte auf.

Wie war Louis denn drauf? Erzählte ihm das einfach so in der Mittagspause?

"Wieso sagst du mir das?"
"Weil du mich gefragt hast?" Harrys Stimme piepste, als er weitersprach: "Aber...aber wir kennen uns doch gar nicht. Du kannst mir das nicht einfach so erzählen..."
"Tut mir leid, aber dann hättest du mich nicht fragen dürfen", sagte der Punk, verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich im Stuhl zurück und fixierte Harry mit den Augen. "Und deswegen habt ihr euch gerade gestritten?", fragte Harry und Louis nickte nur knapp bevor er sagte: "Mehr werde ich dir nicht sagen, sonst erschrickst du nur wieder zu sehr, kleiner Junge."

Louis griff nach der Thermoskanne auf dem Tisch, schraubte den Deckel ab und nahm einige große Schlucke, dann, als hätte er sich gerade Mut angetrunken, sagte er ein wenig lockerer: "Willst du heute Abend mit mir hoch zur Burg? Von da Oben hat man eine tolle Aussicht auf die Stadt, das solltest du unbedingt mal sehen."

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