43. Sightseeing

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Sie gingen noch die restlichen 3 Tatorte besichtigen, wobei nur der Vorletzte wirklich interessant für Harry war – die anderen waren im Laufe der Jahre verbaut worden und es war nichts mehr von der ursprünglichen Optik erhalten geblieben. Am 30.September 1888 war auf dem Mitre Square die Leiche von Catherine Eddowes gefunden worden und genau wie der Pub war auch dieser Platz fast noch original erhalten. Lediglich die Gebäude drum herum hatten sich geändert. "Das Kopfsteinpflaster ist noch dasselbe." bemerkte Louis und klopfte mit der Ferse gegen die kleinen Steine im Boden. Weil sich der kleine Platz zwischen hohen Häusern befand, war es hier relativ still und der Straßenlärm kam kaum zu ihnen durch. "Danke, dass du mir das alles gezeigt hast." sagte Harry und umarmte Louis fest. "Aber jetzt habe ich Hunger. Wollen wir etwas zum Mittag essen?" Louis warf einen besonders auffälligen Blick zu Harrys Hals und leckte sich grinsend über die Lippen: "Jaaa zu gerne..." seufzte er gespielt, woraufhin Harry ihn in die Seite boxte: "SO hab ich das nicht gemeint."

So saßen die beiden also 10 Minuten später in einem Indischen Restaurant, wo Harry sich ein Currygericht bestellte und Louis nur eine Schale Reis orderte. Der Kellner sah ihn verwundert an, ging dann aber davon und lies die beiden allein. "Ich will heute Nachmittag das ganze Touristenprogramm machen." sagte Harry aufgeregt und malte sich im Kopf schon aus, wie er zusammen mit Louis im Doppeldeckerbus fahren würde. "Ja, das können wir gerne machen. Und morgen Abend sehen wir uns eine Vorstellung im Globe an, was hälst du davon?" fragte Louis und Harry nickte begeistert. Er war total aufgeregt und als das Essen kam, schlang er es so schnell herunter, dass Louis es gerade so schaffte, sich zwei Löffel Reis hineinzuzwingen. "So, fertig wir können gehen." sagte Harry, legte die Gabel beiseite, trank sein Wasserglas leer und sprang auf. "Moment Curly, ich sollte noch zahlen." erinnerte Louis ihn und zog 25Pfund aus seiner Jackentasche, die er auf den Tisch legte. Dem Kellner zunickend, verließen sie das Restaurant und machten sich auf den Weg zur nächsten Tube-Haltestelle, wo sie die Bahn in die City nahmen.

"Komm, lass uns doch einfach hier aussteigen." schlug Harry vor, als die Bahn an der Haltestellte Temple einfuhr, nahm Louis Hand und zog ihn aus dem Waggon hinaus auf den Bahnsteig, gerade noch rechtzeitig, bevor die Türen sich wieder schlossen. "Mind the gap between tha train and the platform." plärrte die Stimme aus den Lautsprechern erneut. "Aber, wieso willst du denn hier aussteigen? Wenn du zu Big Ben willst, dann wäre Westminster die bessere Haltestelle. Zu Fuß sind wir so sicherlich 20 Minuten unterwegs." meinte Louis, folgte Harry aber durch das Drehkreuz und die Treppe hinauf an die Oberfläche. "Ja, ich weiß, aber wenn wir nur unter der Erde unterwegs sind, sehe ich von der Stadt doch gar nichts." sagte Harry und hopste fröhlich vor Louis her. Sie kamen direkt am Themsenufer heraus und der Lockenkopf lies den Blick über das graue Wasser des Flusses schweifen, der von unzähligen Brücken überspannt wurde. "Oh, da ist die Tower Bridge!" rief Harry und deutete auf die berühmteste Brücke Londons, die in einiger Entfernung zu sehen war. Er zog sein Handy aus der Tasche und knipste ein Foto der Brücke und sah sich glücklich das Foto an. "Gib mal her." sagte Louis, nahm Harry das Handy aus der Hand, hielt es vor sie beide, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und gleichzeitig auf den Auslöser. "Unser erstes, gemeinsames Foto." grinste er und gab Harry das Handy zurück, der es natürlich sofort als Hintergrundbild einrichtete.
Hier am Themsenufer war es ziemlich windig und sie waren froh, als sie nach einem kurzen Fußmarsch am Houses of Parliament ankamen, wo es etwas geschützter war.

"Tut mir leid, dass du dir das alles nochmal anschauen musst." entschuldigte Harry sich bei Louis, als er stehenblieb und an dem Glockenturm von Big Ben hinaufsah, um das Ziffernblatt der Uhr sehen zu können. "Ach, das macht doch nichts. Es ist schon ziemlich lange her, dass ich hier war und London verändert sich ja auch ständig." erwiderte Louis gelassen, stellte sich hinter Harry und legte ihm beide Arme um die Taille. Sein Blick folgte dem Harrys und er musterte ebenfalls das Ziffernblatt: "Was diese Uhr wohl erzählen würde, wenn sie sprechen könnte?" fragte er und einen Moment schwiegen sie beide. Harry wusste nicht, wie alt diese Uhr schon war, aber sicherlich hatte sie einen Weltkrieg mitgemacht und bestimmt auch so einige kleinere Dramen erlebt, die sich zu ihren Füßen zugetragen hatte. "Ich kann nicht glauben, dass ich endlich in London bin. Wie lange hast du das denn schon geplant?" seufzte Harry und lehnte sich gegen Louis, der ihn noch ein wenig fester hielt und ihn mit den Lippem am Ohr zupfte. "Die Idee kam mir, als du mir gesagt hattest, dass du Shakespeare so gerne liest." antwortete er und Harry konnte es kaum glauben, dass er so einen aufmerksamen Freund hatte, denn er war sich sicher, nur nebenbei erwähnt zu haben, den Poeten zu mögen.

In der Nähe des Houses of Parliament gab es eine Bushaltestelle, an der Sightseeingbusse hielten und die Beiden stiegen in einen Bus, der in Richtung Buckinham Palace fuhr. Der Bus war nicht voll besetzt und sie fanden einen Platz auf dem Oberdeck, wo sie direkt hinter der Frontscheibe sitzen konnten. Harry kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus: er sah endlich einmal den Buckinham Palace mit dem goldenen Wappen am Tor und den rot uniformierten Soldaten auf dem Vorplatz. "Meinst du die Queen ist Zuhause?" fragte Harry an Louis gewandt, der nickte und auf einen Fahnenmast auf dem Dach des Palastes deutete: "Ist sie. Wenn die Flagge gehisst ist, so wie jetzt, dann ist die Queen im Palast." Die Tour ging weiter und sie fuhren durch eine lange Allee, an einem großen Park vorbei und kamen irgendwann am Picadilly Circus heraus, wo sie ausstiegen, um zu Fuß weiterzugehen. Im West-End, das sich direkt beim Picadilly befand, gab es viele Theater und die blinkenden, mit kleinen Lämpchen ausgeschmückten Plakate und Schilder sahen einfach toll aus. Es begann ein wenig zu nieseln und Harry zog sich seine Mütze noch ein wenig tiefer in die Stirn. "Wohin wollen wir jetzt gehen?" fragte er und Louis musste sich einen Moment orientieren. Er drehte sich einmal um sich selbst, dann schien er erkannt zu haben, wo sie sich befanden und deutete in eine Straße, wie vom Picadilly wegführte und voller Menschen war: "Hier können wir lang, da kommen wir zu Covent Garden, das ist eine alte Markthalle von 1830 und sie ist wirklich schön. Auch wenn man dort nur Müll verkauft bekommt." sagte Louis, als sie zwischen den hohen, alten Häusern hindurch gingen. Harry war glücklich und genoss es, zusammen mit seinem Freund durch die Stadt zu gehen, obwohl es leicht nieselte. Sie sahen sich die große Markthalle von Covent Garden an, schlenderten zwischen den vielen Ständen hindurch, die allerlei Ramsch anboten und als der Regen ein wenig nachgelassen hatte, verließen sie Covent Garden wieder, um sich nocheinmal auf den Weg zur Themse zu machen.

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