40. Abschied

5.2K 568 108
                                    

Louis POV:
Er wartete, bis Harry eingeschlafen war, dann schlich er sich aus dem Zimmer. Er musste seine Sachen noch zusammenpacken und sich von Zayn verabschieden. Anne und Robin saßen im Wohnzimmer, als er die Treppe herunterkam und im Flur in seine Stiefel schlüpfte. Sie sahen auf und Robin fragte: "Bleibst du nicht über Nacht? Wenn ihr morgen so früh loswollt, kannst du gerne hier schlafen, Louis." - "Ja, das werde ich auch tun, aber ich muss noch meine Sachen packen. Ich komme dann später wieder. Danke für das Angebot." sagte Louis, lächelte die beiden schüchtern an und zog sich seine Jacke über. "Louis, warte einen Moment." bat ihn Anne, stand auf und ging zu ihrer Handtasche, in der sie einen Moment herumkramte, dann drückte sie dem völlig überraschten Louis ihren Hausschlüssel in die Hand. "Wenn du länger brauchst und wir schon im Bett sind," erklärte sie ihm und lächelte ihn an. "Schließ einfach dann hinter die wieder zu und leg den Schlüssel zurück in meine Tasche." Louis schluckte: was für ein enormer Vertrauensbeweis von Harrys Mutter. Er sah auf den Schlüssel in seiner Hand, schloss die Faust darum und umarmte Anne: "Danke, diese Geste bedeutet mir wirklich viel." flüsterte er heiser und sie drückte ihn kurz an sich. "Ich habe dich ins Herz geschlossen, Louis. Du tust Harry gut. Ich habe ihn schon lange nicht mehr so glücklich gesehen." sagte sie und lies ihn wieder los. Noch ganz berauscht vom Erhalt des Schlüssels, ging Louis durch die dunklen Straßen zurück nach Hause.

Er ging so schnell, dass er nur 5 Minuten brauchte, um den Weg zurückzulegen. In der WG angekommen, packte er sich ebenfalls eine Reisetasche. Er steckte die Röhrchen mit Harrys Blutspende und Ersatzspritzen ein – vielleicht würde er ja Nachschub benötigen. Zuletzt steckte er seinen Ausweis ein, den ihm ein Mann beim Amt gegen eine Menge Bargeld erstellt hatte und verließ sein Zimmer. Als er an Zayns Tür vorbeikam, hielt er kurz inne, dann klopfte er.

Sein Verdacht bestätigte sich, als er seinen Kumpel auf dem Bett sitzen sah: in der Hand drehte er eine kleine Kugel aus Holz. "Du hast es also geschafft?" fragte Louis, ohne Zayn zu begrüßen und starrte auf die Kugel. Dieser sah auf und nickte: "Ja. Diese Kugel ist aus dem härtesten Holz der Welt...das müsste funktionieren. Was willst du mit der Reisetasche?" - "Ich mache mit Harry einen Ausflug. Er liest so gerne Shakespeare und....weil du mir ja vor einigen Jahren diese Geschichte erzählt hast, dachte ich, wir könnten den guten William in seinem Globe Theatre in London besuchen. Morgen gehts los." Ein Lächeln glitt kurz über Zayns Lippen, die sich aber sofort wieder zu einem ernster Strich verzogen und er sagte: "Das ist wirklich eine schöne Idee." Louis setzte sich neben Zayn und hatte ein wenig Angst vor dem, was er gleich aussprechen wollte, doch er tat es trozdem: "Wenn ich zurück bin, wirst du nicht mehr hier sein, habe ich Recht?" Sein Freund senkte den Kopf und schloss die Faust um die kleine Kugel, wie Louis es vorhin mit dem Schlussel der Familie Styles getan hatte. "Ja....vermutlich." atwortete er und sah Louis dabei nicht in die Augen. Zayn würde sich also umbringen, wenn er nicht da war. Er biss sich auf die Lippe und seufzte. Wenn er heute Nacht diese WG verlassen würde, dann hatte er Zayn also zum letzten Mal gesehen.

"Louis, ich weiß, dass es für dich schwer ist, aber du hast doch jetzt Harry und ich bin mir sicher, dass du mich gar nicht so sehr vermissen wirst." sagte Zayn und versuchte Louis damit zu trösten, doch es klappte nur halb. Sie hatten in den 142 Jahren, die sie zusammen verbracht hatten, so viel miteinander erlebt, dass es schwer war, den Menschen nicht zu vermissen, wenn er plötzlich nicht mehr da wäre. Eine Träne lief Louis stumm über die Wange und tropfte in seinen Schoß, was Zayn natürlich gesehen hatte und ihn in eine feste Umarmung zog: "Och Louis, bitte mach es mir nicht noch schwerer. Du bist für mich wie ein Bruder und es tut mir weh, wenn ich dir wehtun muss, aber ich bin so scheiße unglücklich, dass mir das Leben einfach keinen Spaß mehr macht." - "Das verstehe ich doch, aber ist es nicht klar, dass es mir trozdem schwerfällt, mich von dir zu verabschieden?" schluchzte Louis und klammerte sich an Zayns Schultern fest, als könnte er dadurch verhindern, dass der die Holzkugel benutzte. Sie saßen eine ganze Weile so da, hielten einander im Arm und Louis lies seinen Tränen freien Lauf, wärend Zayn ihm über den Rücken strich um ihn zu beruhigen. Irgendwann schob er ihn von sich weg, sah ihn eindringlich an und sagte: "Und jetzt geh. Oder willst du, dass Harry aufwacht und du nicht da bist? Es ist schon fast vier Uhr und ich weiß ja nicht, wann ihr loswollt." - "Um sechs." schniefte Louis und stand auf. Er lies Zayns Hand erst los, als er im Türrahmen stand, dann sah er ein letztes Mal zu ihm und trat dann hinaus auf den Flur. Sie würden einander nie wieder sehen und er wäre der einzige Vampir hier in Edinburgh. Schnell wandte Louis sich nocheinmal um und stürmte zurück ins Zimmer, wo er Zayn nocheinmal um den Hals fiel. "Danke für alles." nuschelte er an seinem Hals und drückte ihn fest an sich. "Bitte, hab ich gern getan. Danke auch an dich Louis. Machs gut. Ich hab dich sehr lieb." - "Ich dich auch!" schluchzte Louis, als Zayn sein Gesicht in seine Hände nahm und ihm einen Kuss auf die Stirn gab. "Los. Ab zu Harry." Er schien die Verabschiedung nun schnell hinter sich bringen zu wollen, denn er schob Louis nun bis zur Wohnungstür. Dort umarmten sie einander ein allerletztes Mal, dann verließ Louis das Haus.

Tränen liefen ihm unaufhörlich über die Wangen, als er zurückging. Mit langsamen Schritten, denn er wollte sich beruhigt haben, wenn er bei Harry angekommen war, damit dieser keinen Verdacht schöpfte. In seinem Kopf spielten sich nocheinmal alle Geschichten ab, die er mit Zayn erlebt hatte. Es waren so verdammt viele.

Als sie zum ersten Mal in ein Kino gegangen waren – das war 1901 gewesen.
Der große Börsencrash 1929, wo sie es gerade noch so geschafft hatten, einige Geldreserven in Gold umzuwandeln.
Der zweite Weltkrieg, wo sie beide in der Armee gedient hatten – unverwundbar und somit ihr Land besonders lange verteidigen konnten.
Der Aufschwung der 50er Jahre, in denen sie in New York als junge Unternehmer getarnt ebenfalls eine Menge Geld hatten scheffeln und anlegen können.
Sie hatten die Entwicklung des Mobiltelefons, der Computer und des Internets erlebt, viele geschichtsträchtige Ereignisse in den Zeitungen verfolgt und waren dabei immer zusammen geblieben.

Er vermisste Zayn jetzt schon und Louis wusste, dass er lange mit dem Verlust seines Freundes zu kämpfen haben würde.

Er wischte sich die letzten Tränen weg, als er die Haustür aufschloss und leise den Flur betrat. Im Haus war es still und alle schliefen noch, als Louis den Schlüssel leise in Annes Handtasche legte und auf Zehenspitzen die Treppe hinaufging. Harry schlief tief und fest, als er eintrat und ihn einen Moment beobachtete. Er lag auf dem Rücken, eine Hand locker auf seinem Bauch, den Mund leicht geöffnet und schlief seelig. Wenn er ihn so ansah, konnte Louis kaum glauben, dass dieser Mensch wirklich sein Freund war. Dass er sich bewusst der Gefahr aussetzte und sich nicht von ihm abewandt hatte, nachdem er von seinem Geheimnis erfahren hatte.

Dafür war er Harry unheimlich dankbar.

.-.-.-.

Hey,

kurze Info: wenn über dem Kapitel nichts steht, dann ist es aus Harrys Perspektive geschrieben. Louis wird gekennzeichnet.

LG

Umzug mit FolgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt