33."...ich will nicht ohne dich schlafen."

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"Oh, Sie haben es sich aber schön gemacht." sagte Mrs Boyd gerade, als Harry im Wohnzimmer auftauchte, wo seine Eltern zusammen mit den Nachbarn standen und einen Aperitiv tranken. "Oh, Harry, da bist du ja." sagte Anne, als sie ihn sah und streckte die Hand nach ihm aus. "Hallo." sagte Harry zurückhaltend und schob die Hände noch ein wenig tiefer in die Tasche und stellte sich neben Robin. Mrs Boyd war etwa so alt wie seine Mum, hatte blondes, schulterlanges Haar und ein freundliches Gesicht. Ihr Mann war kleiner als sie, aber ziemlich kräftig und hatte beim Umzug der Familie Styles tatkräftig mitgeholfen. Der Sohn der Boyds hieß Tom und stand mit gelangweilter Miene neben seinen Eltern. Man sah ihm genau an, dass er heute Abend gerne etwas anderes gemacht hätte, als hier zum Abendessen zu sein. Harry und er warfen sich einen kurzen Blick zu und beide stellten schnell fest, dass sie miteinander nichts anfangen konnten und wechselten kein Wort miteinander, wärend ihre Eltern sich unterhielten. Mr Boyd unterhielt sich mit Robin über die Parksituation in der Straße, wärend Anne sich mit Mrs Boyd über die Schulen und Colleges in Edinburgh austauschte. "Tom geht ja seit zwei Jahren aufs College und ich muss schon sagen, dass es wirklich eine sehr gute Institution ist. Hervorragende Professoren, die genügend Zeit für jeden Studenten haben." sagte Mrs Body gerade, als aus der Küche ein Klingeln zu hören war: "Oh, das wird das Essen sein. Ich hole es rasch aus der Küche, setzt euch doch schonmal an den Tisch." sagte Anne, stellte ihr Glas auf dem Tisch ab und verschwand in der Küche. Harry, Robin und die Gäste setzten sich und Robin schenkte allen außer Harry Rotwein ein. "Und du gehst noch zur Schule, Harry?" fragte Mrs Boyd ihn freundlich und lächelte ihn an. "Ja." antwortete Harry knapp, in Gedanken noch immer bei Louis. "Und hast du denn schon Freunde gefunden an deiner neuen Schule?" - "Ja habe ich. Sie sind alle sehr nett." antwortete Harry kurz angebunden und Robin mischte sich ein: "Entschuldigen Sie, aber mein Sohn hatte heute einen anstrengenden Tag und ist deswegen ein wenig kurz angebunden." Mrs Boyd lachte und deutete auf ihren Mann: "Ach, das kenne ich. Wenn Michael viel Stress auf der Arbeit hatte, dann ist er auch immer so..." und schwups war das Gespräch in eine andere Richtung geflossen und Harry hatte seine Ruhe.

Das Essen war lecker, aber der Streit mit seiner Mum und der Hausarrest hatten Harry regelrecht den Magen zugeschnürt, sodass er kaum einen Bissen herunterbekam. Sein Handy hatte er in der Hosentasche verstaut und es juckte ihn in den Fingern, auf das Display zu schauen. Vielleicht hatte Louis ihm ja geschrieben, doch seine Mum saß direkt neben ihm und würde es sicherlich bemerken, also musste Harry sich zusammenreißen und versuchte den Gesprächen zu lauschen, die am Tisch herrschten. Mittlerweile waren sie bei Jugendkriminalität und Drogenhandel in der Innenstadt angekommen. "....ja, Edinburgh hat auch eine dunkle Seite." sagte Mr Boyd und sah Robin mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck an. "Der Drogenhandel floriert hier. Vor allem diese heruntergekommenen Jugendlichen drehen immerwieder krumme Dinger. Es gibt da einige Punks, die immerwieder bei komischen Sachen gesehen werden." mischte sich nun Tom ein und wandte sich an Harry: "Ich glaube, die Beiden, die ich mal beobachtet habe, gehen sogar auf deine Schule. Einer hat dunkle Haare und auch ein bisschen dunklere Haut und der Andere ist ein Kleiner, mit brauner Wuschelfrisur und Pierching in der Unterlippe." Anne wandte sich an Harry: "Das klingt mir verdächtig nach Louis, oder was meinst du Harry?" in Harrys Ohren klang sie ziemlich gehässig und er kniff nur die Lippen zusammen und murmelte: "Ja, kann sein..." - "Wer ist Louis?" fragte Tom und sah Harry neugierig an, der den Blick nurfinster erwiderte, weil er das Gespräch in diese Richtung gelenkt und Louis als kriminellen Drogenjunkie dargestellt hatte: "Das ist mein Freund." sagte er schlicht und stand auf: "Darf ich bitte in mein Zimmer gehen, Mum?" fragte er und verließ das Wohnzimmer, noch bevor sie etwas antworten konnte. Noch im Flur konnte Harry Mrs Boyd sagen hören: "Na da hat sich Harry ja einen tollen Umgang gesucht....vor Louis würde ich mich in Acht nehmen." Harry schnaubte wütend, wärend er immer zwei Stufen auf einmal nach Oben nahm. Mrs Boyd stand es nicht zu über Louis zu urteilen - schließlich kannte sie nur die Gerüchte.

In seinem Zimmer schlüpfte Harry aus dem Hemd, das ihm heute wie eine Verkleidung vorgekommen war, tauschte es gegen ein T-Shirt aus, dann warf er sich auf sein Bett und fummelte das Handy aus der Hosentasche: auf dem Display war tatsächlich eine Nachricht von Louis angezeigt und er klickte sie nervös an:
'Schreib mir, wenn deine Eltern im Bett sind und schlafen....' stand dort und Harry musterte die Nachricht mit zusammengezogenen Augenbrauen. Was wollte Louis damit anfangen?
'Was willst du mit der Info?' schrieb Harry zurück und musste nicht lange auf eine Antwort warten - offenbar hatte Louis sein Handy gerade ebenfalls in der Hand und dieser Gedanke lies ihn schmunzeln, als das Telefon erneut piepte und Louis Nachricht auf dem Display erschien: 'Ich will nicht ohne dich schlafen. Nicht nach gestern Nacht. Und ich lasse mir dich nicht von deiner Mum wegnehmen xx' Seufzend presste Harry das Handy gegen seine Brust und lächelte verliebt das Display an: Louis war einfach unglaublich süß....

...und wie es aussah, auch ziemlich ungeduldig, denn er fragte alle 10 Minuten nach, ob Anne und Robin denn nun endlich schlafen gegangen waren. Doch als Harry es zum wiederholten Mal verneinen musste, schrieb er irgendwann: 'Okay, mir ist das jetzt egal. Ich komme vorbei. Schließ deine Zimmertür ab und mach dein Fenster auf - bis gleich! xx' Kaum hatte Harry die Nachricht gelesen, sprang er auf, verriegelte die Zimmertür und öffnete das Fenster weit. Die Luft, die ins Zimmer strömte, war klar und kalt und er wickelte sich rasch in seine Bettdecke ein. Wie schnell Louis wohl hier sein konnte? Vielleicht konnte er ja fliegen oder besonders schnell rennen - er wusste es nicht, denn er hatte ihn nie danach gefragt.

Harry saß keine 10 Minuten auf seinem Bett, als er von Draußen ein leises "Pst!" hörte und aufsprang. Er streckte den Kopf aus dem Fenster und sah hinunter in den Garten: das Licht aus dem Wohnzimmer warf goldene, verzerrte Quadrate auf den Rasen und erhellte fast den ganzen Garten mit Außnahme einiger schwarzer Streifen. Und in genau diesen Streifen stand Louis, geschützt von der Dunkelheit und sah zu Harry hoch. "Harry, ich komme rauf." zischte er und zog sich an den Backsteinen und den Rankhilfen für den Efeu nach oben. Harry sah ihm beim Klettern zu und streckte ihm eine Hand entgegen, die Louis ergriff und dann über die Fensterbank ins Zimmer hineinkletterte. Leichtfüßig, ohne ein Geräusch landete er auf dem Fußboden und zog Harry in seine Arme. "Das hatte gerade ein bisschen was von Romeo und Julia, findest du nicht?" flüsterte er, küsste ihn und ging theatralisch vor Harry in die Knie:
"Mit der Liebe leichten Flügeln überflog ich diese Mauern, einen zu schwachen Wall gegen den mächtigsten Gott; was die Liebe tun kann, dazu hat sie auch den Mut; und deswegen können deine Verwandten mich nicht abschrecken." zitierte er Romeos Text, küsste scherzhaft Harrys Handrücken und hob ihn in seine Arme, um ihn nocheinmal zu küssen und dann auf dem Bett abzulegen. Dann schloss Louis das Fenster, damit es im Zimmer nicht noch kälter wurde und legte sich dann neben Harry. "Es tut mir Leid, dass ich dich so in Schwierigkeiten gebracht habe....soll ich morgen mal versuchen mit deiner Mum zu reden?" bot Louis an und sah zu Harry, der noch immer fest in seine wärmende Decke eingewickelt war. "Und was willst du ihr sagen? Sie hat heute von der Nachbarin auch noch ein Gerücht erzählt bekommen, wonach du und Zayn ganz üble Drogendealer seid...außerdem kannst du nicht leugnen, dass die blauen Flecken von dir sind. Und ihr dein Geheimnis zu sagen, ist glaube ich auch nicht sonderlich klug. Vermutlich denkt sie dann, du willst sie für dumm verkaufen." Louis seufzte und zog Harry an sich, dann murmelte er leise und mehr zu sich selbst: "Vielleicht finde ich ja eine Lösung, wie wir es deiner Mum erklären können, sodass sie den Hausarrest aufhebt. Tut's denn eigentlich sehr weh? Also die Hämatome, meine ich." Rasch schüttelte Harry den Kopf und sah zu Louis auf: er konnte einfach nicht anders, als den Jungen zu bewundern, der ihn gerade im Arm hielt und mit seinen Locken spielte, wärend er laut überlegte: "Vielleicht sollten wir deiner Mum ja einfach die Wahrheit sagen. Ich könnte ihr meine Zähne zeigen - als Beweis...." Harry allerdings hörte ihm gerade nicht zu, denn er hatte die Haustür zufallen hören und jetzt erklangen auch noch Schritte auf der Treppe. Rasch presste er Louis eine Hand auf den Mund, um ihn zum Verstummen zu bringen, der überrascht die Augen aufriss und Harry fragend ansah. Es klopfte an der Zimmertür: "Schatz, können wir bitte nochmal reden?" fragte sie, doch Harry sagte nur laut und mit beleidigtem Tonfall: "Nein, ich will jetzt nicht reden." - "Och Schatz, ich will nicht im Streit ins Bett gehen." sagte Anne bittend, doch Harry blieb stur und sagte gar nichts mehr, bis Anne irgendwann in ihr Schlafzimmer ging. "Boah, du bist aber ganz schön hart zu deiner Mum." sagte Louis vorwurfsvoll, als Harry seine Hand zurückgezogen hatte. "Bin ich gar nicht. Sie ist selber schuld. Hätte sie mir keinen Hausarrest gegeben, dann wäre ich jetzt auch nicht sauer auf sie." widersprach Harry.

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