17.Das Zuhause von Louis und Zayn

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Nach Schulschluss zog Harry sich rasch um und machte sich schnell auf den Weg zum Schultor. "Was rennst du denn so? Wir sind doch grade schon genug gerannt", keuchte Niall, der versuchte mit Harry Schritt zu halten. "Ich treffe mich gleich mit Louis", antwortete er und legte noch einen Zahn zu. "Apropos, Louis ist ja ganz nett, aber Zayn geht ja mal gar nicht. Wie der über das Essen abgelästert hat", meinte Niall und sah Liam an, als hoffte er, von ihm Unterstützung zu bekommen. "Ach komm, nur weil er nicht in der Mensa essen will, ist er doch kein schlechter Mensch...", verteidigte Liam den Punk, doch Niall schien sich bereits ein Bild von Zayn gemacht zu haben, denn er sagte stur: "Ich mag Leute nicht, die mein Essen beledigen."

Harry grinste nur und sein Herz machte einen Hüpfer, als er Louis am Schultor stehen sah. Er sah unglaublich cool aus. Weil heute zum ersten Mal seit Tagen die Sonne schien, trug er wieder eine Sonnenbrille, hatte seine Jacke abgelegt. Zum ersten Mal sah Harry, dass Louis auch auf der Brust tattoowiert war, denn durch den weißen Stoff seines T-Shirts schimmerten einige der Bilder auf seiner hellen Haut. Er hatte Harry schon gesehen und strahlte ihn an, as er auf ihn zusteuerte. "Hey, Curly", sagte er und schloss den Jüngeren in die Arme, vergrub seine Nase in den dunklen Locken und atmete tief ein: "Ich hab dich vermisst...hm und du riechst so gut", flüsterte er.

Zayn, der neben ihnen stand, verdrehte die Augen, schulterte seinen Rucksack und sagte nur knapp: "Ich geh dann mal nach Hause...wir sehen uns, Lou." Dann ging er mit schweren Schritten davon. Harry sah ihm nach und irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er Zayn den einzigen Freund genommen hatte.

"Ist er böse auf mich?", fragte Harry, sah zu Louis auf und deutete in Zayns Richtung. Louis schüttelte den Kopf und flüsterte: "Nein, aber ich glaube er wünscht sich auch Jemanden....ich glaube, das ist der Grund, weshalb Zayn seit Wochen keinen Schluck mehr zu sich genommen hat...er ist einsam und will deswegen nicht mehr leben."

Louis legte Harry den Arm um die Schulter und gemeinsam gingen sie vom Gelände. Harry winkte seinen Freunden nocheinmal zu und wandte sich dann wieder an Louis: "Und, wenn er sich eine Partnerin sucht?" Louis lachte spöttisch auf: "Wie soll das gehen, Harry? Da müsste er schon eine von uns finden und das ist nicht leicht, denn wir verstecken uns und haben uns mittlerweile so gut angepasst, dass selbst ich andere Vampire kaum erkennen kann."

Er kreuzte Harrys Finger mit seinen und fragte: "Willst du mit zu mir kommen?" Erstaunt riss Harry die Augen auf und sah Louis an: "Du lädst mich zu dir nach Hause ein? Wow...."

"Ja, ich lade dich zu mir ein. Jetzt habe ich ja nichts mehr zu verstecken Würdest du nichts über mich wissen, wärst du vielleicht etwas geschockt, wenn du in unseren Kühlschrank geschaut hättest." Louis kicherte, als sie eine Straße überquerten und an einem Park entlanggingen. "Wieso, was ist mit eurem Kühlschrank? Und wieso konnte Zayn vorhin die Kartoffeln essen, könnt ihr das denn verdauen?"

"Der Kühlschrank ist voller Blutbeutel...das verschreckt die Menschen für gewöhnlich ein bisschen und zu deiner Frage mit den Kartoffeln: ja wir können auch normales Essen zu uns nehmen, aber es hat für uns keinen Nährwert und gibt uns keine Kraft. Das ist vergleichbar, wie wenn du als Mensch nur Watte essen würdest - oder alternativ auch zu MC Donalds gehst. Da bekommt dein Körper auch nicht die Nährstoffe, die er zum Arbeiten benötigt", sagte Louis, grinste zufrieden und küsste Harry auf die Wange.

Blutkonserven im Kühlschrank.

Natürlich klang es vollkommen logisch, wenn es Louis und Zayn betraf, doch Harry musste sich eingestehen, dass er es wirklich etwas befremdlich gefunden hätte.

Sie gingen Arm in Arm die Straße entlang und kamen in ein Wohngebiet, das ein wenig schäbig und heruntergekommen wirkte. Die Häuser waren nicht so schön, wie in dem Viertel in dem Harry wohnte; sie waren aus dunklem Stein, wie alle Häuser hier in der Stadt und bröckelten an manchen Stellen. "Es ist nicht sonderlich schön, aber es war günstig", sagte Louis entschuldigend und schloss die schmucklose Eingangstür auf. Harry folgte ihm in ein kühles, schlichtes Treppenhaus, das nach kaltem Stein und Zigarettenrauch roch. Sie stiegen die ausgetretenen Stufen hinauf in den dritten Stock, vorbei an Wohnungstüren, vor denen sich allerlei Krempel stapelte und Harry fragte irgendwann interessiert: "Wie bezahlt ihr die Miete? Also ich meine, woher habt ihr das Geld?" Es war eine berechtigte Frage, denn schließlich hatte Louis ihm erzählt, dass seine Eltern arm waren, er konnte also nichts geerbt hatten. Louis schloss die Wohnungstür auf und betrat den schmalen Flur, ohne auf Harrys Frage eine Antwort zu geben. Der Lockenkopf folgte ihm und sah sich neugierig um:

Der Holzboden war verschrammt und ausgetreten und die Wände im Flur hätten auch mal einen neuen Anstrich gebrauchen können. Poster von Bands waren mit Pins an den Wänden befestigt und überall lag Kleinkram herum. Eine typische Jungs-WG in der sich Niemand für Ordnung verantwortlich fühlte.

"Du kannst deine Schuhe einfach hier in die Ecke stellen", sagte Louis und deutete auf den Haufen Schuhe, die sich im Flur türmten. Unwillkürlich musste Harry an den ordentlichen Schuhschrank denken, der bei ihm Zuhause im Flur stand, als er seine Sneakers in die Ecke kickte. Sie kamen an einer Glastür vorbei, die in eine Küche führte. Im Vorbeigehen sah Harry, dass außer zwei Kühlschränken und einem Regal voller Gläser, sowie einer Spülmaschine nichts darin stand, was man sonst in Küchen vorfinden konnte. "Ihr habt ja gar keinen Herd", stellte er fest und hätte sich im selben Moment am Liebsten gegen den Kopf gehauen: was für eine dumme Feststellung.

Louis kicherte: "Ja, manchmal wäre ein Herd schon praktisch, wenn man das Blut mal gerne auf Körperthemperatur erhitzt trinken würde....naja, wir stellen die Konserven einfach immer auf die Heizung", sagte Louis, der weitergegangen war und am Ende der Flurs eine Zimmertür geöffnet hatte: "Das ist mein Zimmer." sagte er und machte einen Schritt beiseite, sodass Harry zuerst in den kleinen Raum treten konnte.

Eine Matraze lag auf dem Boden, ein schmaler Schrank stand in der Ecke und durch ein kleines Fenster konnte man auf einen Baum vor dem Haus sehen. Auf einem Regal, das ein wenig schief an der Wand hing, standen einige Gegenstände, von denen sich Harry sicher war, dass sie aus Louis Jugend stammten, denn sie wirkten ungeheuer alt. Eine Schnupftabackdose mit versilbertem Deckel stand dort, daneben ein angelaufener Silberrahmen mit einem sepiafarbenen Bild eines Ehepaars darin, dann ein Fingerhut und ein Messingknopf. Harry trat näher heran und erkannte, dass der Mann auf dem Bild aussah wie Louis, nur dass er eine ordentlichere Frisur und einen Schnurrbart hatte.

"Ist das dein Dad?", fragte Harry und sah zu Louis hinüber, der noch immer in der Tür stand und ihn dabei beobachtete, wie er das Zimmer untersuchte. "Ja...und meine Mum..." Louis ging zu einem Kasten, der auf dem Boden stand, klappte den Deckel auf und legte eine Schallplatte auf. Harry machte große Augen: er wusste, dass es früher Plattenspieler gegeben hatte, aber er hatte nie einen gesehen. "Wow, das ist ein Plattenspieler!", rief er begeistert und ging vor dem Gerät in die Knie. "Ja, den hab ich mir in den 60er Jahren gekauft und er war noch nie kaputt. Früher hat man eben noch Qualität hergestellt", sagte Louis und klang ein wenig frustriert. Harry sah zu ihm auf und wiederholte seine Frage von vorhin: "Wie bezahlt ihr das alles?"

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