Die Tattoos auf seiner Haut spiegeln sein Leben wider. Seine so dunkle, verworrene Welt macht es ihm unmöglich zu lieben. Die Menschen in seinem Umfeld fürchteten ihn und seine Aura. Die Narben an seinem Körper und im Gesicht, machen seinen Weg unmi...
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Schweißgebadet und aufgelöst wachte ich auf. Seit Jahren verfolgten mich die Albträume. Irgendwo zwischen Mexiko und New York, hatte ich einen Teil meiner Kindheit verloren. Meinen Vater sah ich seit jener Nacht nie wieder. Die Trennung hatte meine Mutter Monate lang aus dem Leben gerissen. Nur bei Nana fand ich viele Jahre Trost. Tom, der neue Mann meiner Mutter hatte seinen Platz eingenommen. Ich fühlte mich nunmehr alleine unter Millionen von Menschen. Ich saß im Dunkeln, in meinem Zimmer auf dem breiten Sims des Fensters und lauschte der Nacht. Wie Schatten beherrschten sie seitdem mein Leben. Enge Räume und die Nähe von Menschen machten mir oft Angst. An vielen Tagen, konnte ich keine Umarmungen zulassen und nur bei offenem Fenster und bei offenen Türen atmen. Ich versuchte gegen diese Dämonen zu kämpfen aber sie waren so mächtig. Sie hinterließen scheußliche Narben in meiner Seele.
Ich wischte mir über die Wangen die Tränen weg und holte tief Luft. Mein Blick wich der Nacht und hing an dem Bild von mir und Nana. Durch das Fenster fiel das Dämmerlicht und ich fuhr mir durch das verschwitzte, lange Haar. Die Gebilde der Gardinen, warfen Licht und Schatten auf den Glasrahmen. Ich verlor mich einen Moment in der Schönheit. Vor dem Fenster wiegten die schweren Äste eines Baumes und malten Schatten an die perlweißen Wände und das weiße Holz der Möbel. Der Wind spielte wieder sein düsteres Wiegenlied. Erst wild und dann wieder seicht. Die Äste wankten während der Sturm an den Baumkronen zerrte. Wie Geister der Nacht, schoben sich Wolken vor den Vollmond. Als ich aufstand, jagte mich die Übelkeit plötzlich ins Badezimmer, das an meinem Zimmer grenzte. Zum Glück war die Tür offen und ich hechtete grade so noch zur Keramikschüssel. Für einen Moment fühlte sich die Toilette an, wie ein rettender Anker.
Der Raum wurde zu klein und die Dämonen in meinem Kopf zu stark. Die Taubheit und der Schwindel ließen nur langsam nach und ich sammelte mich mühsam. Da ich wusste, dass ich nach diesen Träumen nicht wieder einschlafen konnte, packte ich mitten in der Nacht meine Trainingssachen und verließ mein Zimmer. Auf Socken schlich ich die Treppen runter. Tom, mein Stiefvater war noch wach, durch das Knarren der letzten Stufen horchte er auf. »Angel zum Teufel, bleib stehen!« »Du kannst mir gar nichts verbieten...«, murmelte ich, schnappte meine Schuhe und eilte durch den Central Park. Ich hechtete in den Bus und erst dort kam ich wieder zur Ruhe. Ich zog meine Turnschuhe an und wartete, dass der Fahrer mich an der Haltestelle in Mitten von Manhattan vor einem großen Gebäude aus Glas absetzte. Er lächelte mich freundlich an und wünschte mir noch einen schönen Tag. Ich nickte und Bedankte mich.
Gegen halb sechs am Morgen, verließ ich mein Trainingsstudio im dritten Stock der Akademie dann wieder. Ich tickte wieder normal und lief erleichtert die Treppe runter in die Eingangshalle. Alles ruhig. Bloß eins, zwei Tanzlehrer fanden sich ein. Seufzend schlug ich gegen den Kaffeeautomaten und schaute durch die Glasfront rüber zum Café auf der anderen Straßenseite. »Noch geschlossen. Dann halt lauwarmer Kaffee...« »Guten Morgen Angel, komm her und rede mit mir dann kriegst du was Vernünftiges«, grüßte mich der Wachmann der Grade seine Runde durch das Gebäude beendet hatte. Ich lächelte ihn an und ging zu ihm. »Guten Morgen Terry« »Gutes Training heute?«, lächelte er zurück und holte eine Kanne frischen Kaffee von dem Schrank hinter sich. Er goss meinen Becher auf und ich nickte. »Richtig gut. Übrigens, die Küche oben in meinem Studio, vielen Dank, dass du dich darum gekümmert hast. Wie geht es dir?« »Ganz gut, dank dir und deiner Hilfe, hat Chloe endlich einen Job bekommen und es geht uns deutlich besser.« Terry war dunkelhäutig und hatte schokoladenbraune Augen. Er und seine Frau hatten mich in den vergangenen Jahren öfters zum Babysitten gebeten und so konnte Chloe ihr Studium abschließen. Sie war Ärztin und hatte eine Anstellung in einer renommierten Privatklinik gefunden sie hatte dort vorher schon gearbeitet um ihr Studium zu finanzieren. »Das freut mich zu hören.« »Ich hab dich Sonntag am Grab vermisst...«, begann er vorsichtig aber mein Lächeln wurde trauriger. »War kein guter Tag. Ich vermisse Nana sehr.« Seine Schwester lag auf demselben Friedhof wie meine Granni. Nana war erst vor ein paar Monaten gestorben. Der Gedanke zerriss mich fast. Terrys Schwester war dort schon ein paar Jahre. Wir sahen uns an den Sonntagen manchmal bei der Grabpflege. »Danke für den Kaffee. Einen schönen Tag wünsche ich dir«, stieß ich die Tür etwas fluchtartig nach draußen auf und blieb noch einen Moment mit dem Becher in der Hand stehen. Ich schaute mich um und beobachtete wie New York zum Leben erwachte. Die Sonne kämpfte sich bereits an den Wolkenkratzern hinauf und spiegelte sich in den Fenstern. Ich schlenderte Richtung Bus und fuhr am Friedhof vorbei. Nach dem Gespräch mit Terry, hatte ich ein schlechtes Gewissen und ließ ein paar frische Blumen dort, ehe ich mich widerwillig aufraffte nach Hause zu gehen. Auf dem Weg nach draußen, fielen mir die ganzen frischen Kriegsgräber auf. Ich erinnerte mich an die Nachrichten, sie waren voller Krieg und Tod in dem letzten Jahr. New York hatte den 3- Länderkonflikt bisher ganz gut verkraftet, auch wenn die Brandanschläge viel Schaden angerichtet hatten. Der letzte Anschlag war erst 4 Monate her aber irgendwie war Ruhe eingekehrt. In manchen Teilen der Stadt roch es noch immer nach kalter Asche. Die Banden wurden unruhig. China, Russland und Amerika standen im Krieg. So war ich aufgewachsen, nach dem wir Mexiko verlassen hatten. Irgendwie lebten die Menschen weiter, auch wenn nun das Geld und die Mächtigen große Teile der Regierung kontrollierten. Die Bars und Clubs waren so gut besucht wie nie. Jeder schien seine Gedanken und Gefühle im Nachtleben zu bekämpfen. Gut für mich, weil ich mit meiner Musik endlich Anschluss fand.