Kapitel 54 ~ * incurable heart *

371 15 0
                                    

Vibe of an Angel. Ich hörte den Song wieder und wieder. Erinnerte mich an die schöne Zeit mit den Jungs. Ich blätterte durch meinen Kalender. Da fand ich den Fleyer zu dem Presseball. Es wäre mir inzwischen durch die beiden anderen Jobs, auch ohne Dimitris Kontakte möglich was auf die Beine zu stellen. Da ich selbst neue Kontakte gewonnen hatte, war es eine Chance, nach meiner Rückkehr auf eigenen Beinen zu stehen. Ich dachte daran, dass ich in dieser Nacht, einen Teil von mir wieder erkannte. Nach dem ich Wochen lang unter den Medikamenten vom Internat stand, war diese Nacht mit den Jungs am Lords, genauso intensiv gewesen, wie frische Luft zu atmen. Die vergangene Zeit, die Wochen zuvor, fühlten sich nun an, als hätte mein Herz die Luft angehalten. Kurz davor zu ertrinken. Ich schrieb meiner Mam noch schnell einen Zettel und Iris eine Nachricht.

Plötzlich kam Tom, wie aus dem Nichts zur Tür reingestürmt, die ungebremst gegen die Wand knallte und einen tiefen Abdruck hinterließ. Er hatte noch das Telefon in der Hand und schrie wie ein wilder Affe. 
»Das ist deine Schuld! Das war das Krankenhaus. Die Therapie war für den Arsch. Sie ist zusammengebrochen und nicht wieder aufgewacht. Die OP, sie hat sie deinetwegen verschoben! Deinetwegen hat sie unseren Afrikatrip abgesagt... Du hast uns so viel Zeit gestohlen!« Nicht wieder aufgewacht. Erst begrifft ich vor lauter Angst gar nicht, was er meinte. »Sie ist tot und es ist deine Schuld, dass mir die Zeit mit ihr fehlte... Sie war im Ausland. Das heißt ich werde ihre Leiche nicht so schnell hier rüber kriegen, damit sie... und dann deine ständigen Skandale. Wie kannst du es wagen, mich vor meinen Freunden zu blamieren und mir die Zeit mit ihr zu stehlen! Dawn und Jones haben mir deinetwegen ein Ultimatum gestellt... Hast du eine Ahnung, wie viel Einfluss sie in dieser Stadt haben?« Dawn und Jones. Mir war herzlich egal, was er meinetwegen für ein Ärger hatte. Tot. Diese Nachricht schmetterte er mir, wie eine Kugel ins Herz.

Als ich stumm blieb und meinen Blick einfach nur abwandte, packte er mich am Arm und zerrte mich vom Bett. Er brachte mich auf seine Weise zur Ordnung. Ein harter Schlag, traf mein Gesicht, wie eine Abrissbirne auf eine Hauswand. Wieder und wieder, schepperten seine Schläge gegen meinen Kopf und meine Rippen. Völlig außer sich. Er verprügelte mich bis ihm in seinem Suff die Kräfte ausgingen. Ich konnte nicht glauben, was er sagte. Sie konnte unmöglich tot sein. »Bitte, hör auf...«, flüsterte ich heiser und zuckte unter Schmerzen zusammen. Mir standen Tränen in den Augen. »Bitte hör auf«, wimmerte ich.
Als ihm bewusst wurde, was er grade getan hatte, entfernte er sich reflexartig von mir.
»Das ist deine Schuld, du bringst mich zur Weißglut! Du hast sie getötet. Weil du nie hörst! Seit Monaten verkaufst du uns für dumm... ! Hör auf zu heulen du kleines, undankbares Biest! Du bist selbst schuld! Selbst Schuld hörst du?« Er ging, stolperte aus dem Zimmer und taumelte die Treppe runter. Sein Gesicht war hochrot gewesen. 
Eine lange Zeit, blieb ich am Boden meines Zimmers liegen, versuchte zu begreifen, was hier grade geschehen war.
Ich schreckte hoch, als die Haustür knallte.
Ehe er noch einmal zurückkommen konnte, schloss ich mich ein. Ich musste hier weg. Schnellstens. Ich wischte mir über die Wange und holte tief Luft. Das Blut an meiner Hand, warnte mich und ich beeilte mich. Obwohl jeder Teil meines Körpers brannte, türmte ich aus meinem Fenster im zweiten Stock des Hauses über das Dach des Schuppens. Bei der Landung stürzte ich, der Schmerz im Bauch holte mich nach dem Sprung ein. Der für mich Normalerweise ein leichtes gewesen wäre.

Ich flüchtete runter Richtung Lords, wo ich mich bei meinen Dance Kids in der alten Kapelle versteckte. Seit über fünf Jahren kam ich heimlich hier her. In der Kapelle, blieb ich ein paar Tage. Iris besuchte mich dort und brachte mir Essen und Wäsche mit. Die Kids waren so süß wie sie. Mitgenommen, wie ich war - versuchten sie mich ständig zum Lachen zu bringen, wenn ich traurig war. Straßenkinder, Frauen ohne Heim. Mädchen ähnlich wie ich, die von Zuhause geflohen waren und bei Wind und Wetter draußen in Parks, Hinterhöfen, Lagerhallen oder in leerstehenden Gebäuden auf dem Boden schliefen. Hotels und Wohnungen waren zu gefährlich. Dort wurde man leicht gefunden, wenn man auf der Flucht war. Mein Leben wieder halbwegs zu ordnen und mich vor dem Wahnsinn zu bewahren, war gar nicht einfach.

Loyalty - heart virus (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt