Kapitel 35 ~ * the maid *

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»Was für ein Anwesen...«, hauchte ich in die Kälte. Die Kronen der Bäume lagen noch im Nebel. Es war kurz nach sechs Uhr und der Tau glitzerte wie Feenstaub auf den bunten Blättern. Es war düster und Angst einflößend. Ich drehte mich langsam zu allen Seiten um. Die frische Luft tat gut und rüttelte mich aus der Müdigkeit.

»Bleib bei der Sache! Wir sind nicht hier, um Urlaub zu machen«, ermahnte mich Dimitri unfreundlich.
»Als könnte ich das vergessen. Vergiss nicht, dass ich das für dich mache. Lass mir doch wenigstens die Illusion, ich hab Angst verdammt... Das ist wie der Gang zum Henker. Sieh dir die Mädchen an die ins Haus gehen. Sie haben auch Angst, zupfen an ihren Röcken. Hoffentlich führt das Bewerbungsgespräch nicht durch ein Bett.«
»Hör auf zu denken... Du musst ihn erst Mal neugierig machen.« 
»Lieber nicht. Wenn du der Meinung bist, er ist im Bezug auf Frauen wie mich, genauso wie du... Wie komme ich dann aus diesem Haus je wieder raus?«, flüsterte ich und stand vor der ersten Stufe. Mein Herz schlug augenblicklich schneller.

Die Ranch war riesig und beherbergte ein altes Herrenhaus zwischen Bäumen, die so hoch waren, dass es mir vorkam, als würden sie bis zum Himmel ragen. Eine Scheune, Ställe und davor auf dem Hof, standen ein Lieferwagen und ein schwarzes, protziges Sportauto. Es zerriss die gesamte Kulisse. Dimitri antwortete nicht. Er konnte es auch nicht mehr, als ein dünner aber gleichzeitig kräftiger Asiate raus kam und mich streng musterte.
»Du da! Wie heißt du?« 
»Lia Sir. Lia Hill.«
»Warum stehst du noch hier draußen? Komm endlich rein, wir haben keine Zeit für Angsthasen.« Seine Miene war finster und emotionslos. In seinen Augen war etwas gefährliches. Bestimmt hatte er noch nie in seinem Leben gelächelt. Seine Art war von der ersten Sekunde an, sehr autoritär. »Folge mir!«, befahl er im barschen Ton und zog sein schwarzes, mattes Jackett straff. Er führte mich als Erstes durch das ganze Haus, nannte mir meine Aufgaben und die Regeln des Hauses. Das Reden, ohne aufgefordert zu werden war verboten. Ein neugieriger Blick oder anstarren, waren auch nicht gestattet. Er riet mir dazu, den Blick einfach gesenkt zu halten, als Zeichen des Respekts. Es wurde von allen Mädchen absolute Sauberkeit, eine gute Haltung und ein makelloses Äußeres erwartet. Keinem war es erlaubt, in die Nähe des Hausherren zu kommen ohne Erlaubnis. Was waren das für Regeln? Ich kam mir vor wie beim Militär. Ich atmete scharf ein, denn einige dieser Regeln, waren denen von Dimitri ähnlich. Selbst diese manierliche, strenge Soldatenhaltung. War das nur Zufall?

Der Chinese den ich mit Mister Shay anreden sollte, forderte mich schließlich auf, ihm in das Kellergewölbe des Hauses zu folgen. »Geh duschen, zieh die Dienstkleidung an und sorge dafür, dass du die Haare geschlossen trägst! Keinen Schmuck, kein Make-up! Wenn du fertig bist, sieh dir die Liste an. Da du die Neue bist, wirst du dich um die Räume des Hausherren kümmern. Er wird entscheiden, ob du bleiben darfst oder gehen musst.« Mister Shay verschwand und gab mir 20 Minuten Zeit um mich zurechtzumachen.
»Das ist ja, wie in einem Sklavenhaus...« , schnaufte ich und trat in den Raum. Der Boden war aus dunklem, braunem Marmor und in der Mitte des Raums, war eine kleine Vertiefung. Direkt da drüber hing eine Regendusche. Am Rand entdeckte ich einige Pflegeutensilien wie Seife, Haut Öl und diverse Parfümsorten. An der Wand hing ein großer Spiegel, der genau auf die Dusche gerichtet war. An den Wänden im Raum daneben hingen außerdem Handtücher, die Outfits für die Dienstmädchen und ein paar Ballerinas lagen in den Regalen. »Wehe du schaust zu« , flüsterte ich und legte meine Sachen ab. Einfach aus Sicherheit, hing ich zuvor eines der Handtücher über die Spiegel und hörte ein Schnaufen.
»So wenig traust du mir?« 
»Was das betrifft, kein bisschen... Du machst mich zu Schlangenfutter« , wurde meine Stimme dünner.

Ich duschte schnell, trocknete mit einem Föhn meine Haare, cremte mich etwas ein, stieg in den schwarzen, kurzen Mini Rock und schloss die schwarzweiße Bluse, die mit einem recht üppigen Ausschnitt versehen war. Ich nahm das Handtuch vom Spiegel und band mir straff und sehr sorgfältig das Haar nach hinten. Grade als ich dabei war den Kragen zu kontrollieren und den Rock glatt zu streifen, hörte ich wieder Dimitris Stimme.
»Dafür, dass du es so scheußlich findest, nimmst du es ja sehr genau mit deiner Sorgfalt.« 
»Hast du nicht gesagt, ich soll mir Mühe geben und ihn neugierig machen? Ich muss ja auffallen. Wie sonst beeindruckt man denn einen Kontrollfreak mit Ordnungswahn? Deshalb lasse ich auch den Schmuck an. Er passt perfekt zum Dresscode.«
»Mir gefällt die Idee immer weniger.« 
»Was?«  
»Vergiss es einfach...«, knurrte er. Ich hörte ein Klacken im Ohr und schüttelte den Kopf. Ich bemerkte die Bodylotion in dem Regal neben mir und cremte meine Arme und Beine noch mal ein. Die Lotion schimmerte leicht und roch ziemlich sinnlich nach Orchideen. Ein Spritzer Parfüm als Abschluss und die 20 Minuten waren um.

Loyalty - heart virus (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt