Kapitel 45 ~ * heartbeat *

474 17 2
                                    

»Wartest du schon lange hier draußen?« Ich stand an seinem Motorrad und hatte in die dunklen, grauen Wolken gestarrt. Seine Augen funkelten vor Wut. Musste ja ein explosives Gespräch gewesen sein. Schulterzuckend lächelte ich ihn an, in der Hoffnung, dass er dadurch weniger hart zu mir war.
»Ein wenig aber ist nicht so schlimm. Dachte schon, dass es eine längere Diskussion geben könnte.« Er drückte mir den Helm in die Hände und schnaufte. Das Gespräch hatte ihm zugesetzt aber ich fragte nicht worum es dabei ging. 
»Du hättest uns besser unterbrechen sollen. Du hättest besser einiges nicht tun sollen«, knurrte er und setzte sich auf das Bike. Als ich aufgestiegen war und meine Arme um seine Taille schlang, bemerkte ich, dass ihn zwar nicht mein Lächeln, wohl aber meine Berührung beruhigte. Schon wissend, dass der kalte Wind wieder drohte, lehnte ich meinen Kopf gegen seinen Rücken bevor er losfuhr.

Wir fuhren zum Studio. Es war 18 Uhr und normalerweise, war es von den Künstlern um diese Zeit gut besucht. Doch diesmal waren wir alleine. Die stille, ruhige Atmosphäre war durchtränkt mit einem Gefühl, welches ich nicht recht beschreiben konnte. Es war zwischen fallen und taumeln. Die Luft knisterte. Seit ich mit Dimitri das Büro betreten hatte, konnte ich es fortwährend spüren. »Ich bestell eben was zu essen, hast du einen bestimmten Wunsch«, bluffte er mich eher an, als zu fragen.
»Vielleicht chinesisch, Hühnchen und zum Nachtisch irgendwas mit Schokolade.« Nach dem er bestellt hatte, legte er das Telefon weg und ging rüber in sein Arbeitszimmer.
»Komm«, forderte er mich auf ihm zu folgen. Ich mochte die Aura seines Arbeitszimmers. Nur betreten durfte ich es so gut wie nie. Niemand durfte es betreten.
Die Wände waren alle mit schwarzen Vorhängen versehen und rahmten dunkle Steinwände. Der Boden war aus schwarzem Marmor. Das große L-Sofa, der Holztisch und das Piano, die im hinteren Teil des Raums vor dem Fenster standen, waren ebenfalls schwarz. Auf der gegenüberliegenden Seite, war ein großes Mischpult, ein Rechner und mehrere Monitore. An der Seite standen einige Gitarren und eine Violine. In der Mitte des Raums befand sich noch ein großer, hoher Holztisch auf dem sich Papierstapel mit Texten türmten. Fotos, Datenträger, Zeitschriften und Konzepte tummelten sich darunter. Es hatte was von einem Militärraum, in dem Offiziere ihre Pläne schmiedeten. Na gut, hier war es etwas gemütlicher durch die warmen Lichter und die Stoffe. Oft verbrachte er ganze Nächte hier mit grübeln. An den Steinwänden brannten Kerzenhalter und gaben dem Raum diese dunkle Mystik, die ich innerlich oft fühlte. Die Dunkelheit, die Dimitri verkörperte.

Langsam trat ich ein und sah mich um. Er stand neben der schwarzen Ledercouch und goss Wein in zwei Gläser. Erneut deutete er mir an, zu ihm zu kommen. Er zog seine Lederjacke aus, unter der er ein schwarzes, schlichtes T-Shirt trug und warf sie auf die Couchlehne. Es musste etwa so ausgesehen haben, als würde eine Maus durch den Raum schleichen und vor dem wachenden, dunklen Raubtier ein Stück Käse entdecken, das sie versuchte zu erreichen.
Als ich vor ihm stand, schlug mein Herz so heftig, dass ich befürchtete er könnte es hören. Er reichte mir das andere Glas und schaute mir mit einer Wildheit und Intensität in die Augen, dass mir schwindlig wurde. »Du warst wirklich gut. Damit hatte er nicht gerechnet, nicht mal ich.« Ich nippte an meinem Glas und wartete. Was sollte ich auch sagen? Ich war einfach froh, dass es vorbei war. Getanzt hätte ich lieber. »Beim Shooting hast du dich wirklich gut gemacht. Eventuell setze ich dich jetzt öfter ein. Hier, das Foto hat mir am besten gefallen.« Er ging zu dem schwarzen Holztisch in der Mitte des Raums und kam zurück, gab mir eines der Fotos. »Das wird auf dem Cover zu sehen sein. Ein unglaubliches Bild findest du nicht?« Bedrückt sah ich von dem Foto zu ihm auf. Es war eine der letzten Aufnahmen, wo Mariam und Cube neben mir gekniet hatten und meine Ketten hielten. Eine sehr unterwürfige Pose, doch durch die Blicke der Beiden, die auf mir ruhten und die Art wie es fotografiert war, wirkte es zum Glück hochwertiger, als ich gedacht hätte, als wäre ich ihnen ein teures Spielzeug, dass sie nie wieder hergeben wollten. »Gefällt es dir nicht?« Er hörte mein schweres seufzen.
»Schon, es ist eben komisch solche Fotos von sich zu sehen.«
»Der Fotograf ist einer der Besten in dieser Szene. Ein Bild von ihm wie dieses, ist eine halbe Million wert. Für Sammler seiner Werke, sogar noch mehr. Ich will es dir schenken. Es macht dich vielleicht etwas selbstbewusster.« Er legte es auf dem Holztisch ab und nahm mir das leere Glas Wein aus der Hand, um es wieder aufzufüllen.

Loyalty - heart virus (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt