Andauernd und immer fortwährend

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Sry leute ich weiß, ich bin voll im verzug, aber hab gard etwas zeit- und Schuldruck. tut mir wirklich leid, dass das grad so unregelmäßig kommt. wenn alle schularbeiten wieder vorbei sind, werden die Updates wieder regelmäßiger, versprochen.

danke, für eure Geduld :)

emmi



Andauernd und immer fortwährend

Der Pfeil trifft sein Ziel an der linken Brustseite. Tief bohrt er sich in das Fleisch. Ein schrilles Röhren. In den Augen des jungen Rehbockes steht Entsetzen, bevor diese glasig werden, seine Beine unter der Masse des Körpers nachgeben und er mit einem dumpfen Geräusch vor uns zu Boden fällt. Ein Schauer der Erleichterung rollt meinen Rücken hinab. Mein Herz rast in meiner Brust und das Gefühl von Reue steigt in mir auf. Ich lasse mich neben das Tier sinken und taste nach dem Puls. Nichts. Der Pfeil hat so exakt getroffen, dass er sofort tot gewesen sein muss. Ich atme tief aus und schließe seine Lider. „Tut mir leid", forme ich mit den Lippen und schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. Ich erhebe mich und drehe mich zu meiner Freundin, die käsebleich im Gesicht ist. „Es ist okay", sage ich ruhig, auch wenn meine Stimme etwas zittert, „Er war sofort tot." Sie nickt mit leerer Miene und lässt endlich den Bogen, genau wie ihren Kopf sinken. „Hunger?", frage ich sie, um uns beide abzulenken und hole aus meinem Rucksack ein Vollkorn-Putensandwitch hervor. Ja, ich esse das jetzt neben einer Tierleiche, danke sehr. Nennt mich taktlos, aber ich brauch Nahrung. Sie tut es mir gleich und nun kauern wir am Boden, neben der Leiche des Bockes und füllen unsere Energiespeicher wieder auf. Lange kann es jetzt nicht mehr dauern, bis wir entweder die anderen oder das Tal finden. Ich schlucke einen weiteren Bissen Truthahn, als etwas mich aufhorchen lässt. Stimmen, ganz leise schallen sie durch das Gebüsch. Ich halte inne und in einer plötzlichen Hast stopfe ich das letzte Stück Brot in den Rucksack und mit einer schnellen Handbewegung bedeute ich Marl dasselbe zu tun. Beinahe lautlos schultern wir unsere Taschen, packen unsere Waffen und erheben uns. Ich eile leise zu einem Gebüsch, sie zu einem Baum. Die Stimmen kommen näher. Ich lausche. Männliche sowie weibliche. Die Sprache kenne ich nicht, aber es ist kein Französisch, soviel ist klar. Die Stimmen klingen schnell, klar. Sind das die Hong Lees? Weit sind sie nicht mehr weg. Ich ducke mich instinktiv und beginne über den Boden weiter zu schleichen. Mit einem kurzen Blick zu Marl erkenne ich, dass sie den Bogen angelegt hat und in Deckung bleibt. Ich habe schon mal auf einem offenen Schlachtfeld gekämpft, aber noch nie zwischen so vielen Hindernissen. Falls es überhaupt zu einem Kampf kommt. Ich atme tief ein und aus, bewege mich in langsamen und fließenden Bewegungen über den Boden. Die Nadeln piksen in meiner Handfläche, als ich mich vorsichtig am Boden abstütze. Sie sind kalt und nass und kleben an meiner Haut. Ich bin hinter einem umgefallenen Baum verborgen.

Die Champions kommen immer näher, als mich ein Rauschen, ein Flügelschlag inne halten lässt. Ein kalter Schauer rollt meinen Rücken hinab. Die Dämonin? Unvorsichtig trampeln die Jugendlichen auf unseren Standpunkt zu. Sie halten inne. Wartend. Auf was? Stille. Plötzlich, wie aus dem Nichts schießt etwas aus den Baumkronen, gut zehn Meter von mir entfernt. Ich zucke zusammen, verhindere einen Aufschrei. Die Asiaten kreischen auf. Eine große, geflügelte, bräunliche Gestalt lässt sie auseinander stieben. Peitschender Schweif, mächtige Schultern, auf denen majestätische Schwingen thronen, edle, goldene Mähne. Ein Schrei lässt das Blut in meinen Adern gefrieren, meine Eingeweide sich zusammen krampfen. Durch und durch durchtränkt mit Qual erhebt er sich über die eigentliche Idylle des Waldes, die so jäh von dem nach Blut lechzenden Greifen zerstört wurde. Krallen blitzen, das Geräusch von Zähnen, die auf Zähne donnern. Ich setze mich in Bewegung, als der Schrei schriller wird, unbändiger, voller Schmerz. Den Speer in meiner rechten stürme ich los, auf das Biest zu. Ich höre das klare Sirren eines Pfeiles die Luft durchschneiden und dumpf gegen Holz docken. Daneben. Ich stoße mich ab, setze über einen Baumstamm, stoße mich erneut ab, fester dieses Mal, segle durch die Luft, ramme zu. Die Spitze des Speeres durchschneidet das Fell des Tieres. Ich lande auf den harten Muskeln. Benommen nehme ich wahr, wie der Körper sich erhebt, aufbäumt, mich abschüttelt. Hat er den Jungen freigegeben? Ich werde zu Boden geschleudert, überschlage mich und komme auf allen vieren zu Halt. Ich schüttle meinen Kopf, der strenge Dutt hat sich etwas gelockert, ein kleiner Schnitt an meiner Wange brennt hämisch, doch das ist Nebensache. Speer? In meiner Hand. Mit diesem ziehe ich flink an dem Biest vorbei und ziehe die Klinge an dessen Seite entlang, sodass er sich von seinem ursprünglichen Opfer abwendet und seine Aufmerksamkeit auf mich lenkt.

Mit Entsetzen sehe ich, dass das dunkelrote Blut, das auf den Gatsch des Schnees spritzt und ihn leuchten lässt, zu Ki Hong gehört. Mein Magen rebelliert voller Entsetzen. Wir müssen ihm helfen. Seine Gefährten kämpfen immer noch mit dem Schock, den Greifen überlassen sie mir. Langsam, beinahe abwartend, vorsichtig, bedacht setze ich meine Füße nach hinten. Ich gegen den Greifen. Er lässt ein Brüllen hören. Ein Löwe schlecht hin. Ich schlucke. Kalter Schweiß läuft meinen überhitzten Körper hinab. Warum mache ich eigentlich hier mit? „Mena! Hilf mir!", rufe ich in Gedanken und bete, dass sie mich doch irgendwie hört. Das Wesen kommt auf mich zu, wütend peitschender Schweif, Blut getränkte Krallen und Fänge voller rötlichem Speichel. Ich stolpere. Angst fährt durch jede Faser meines Körpers, als ich zu Boden falle, mich dem Tier ausliefere. Es bäumt sich auf, schlägt kräftig mit den Schwingen, als wolle es eine letzte Geste des Respekts von mir. Ich sehe meinem Verderben, auch wenn ich dieses eigentlich sein sollte (laut Dämonin), in die boshaften, gierig glitzernden Augen. Mein Blick huscht zu dem Ring an meiner Hand. Ich wollte doch auf mich aufpassen. Da sieht man mal, wohin sowas führt. Eine einzige Träne löst sich von meinen Wimpern und die Sicht verschwimmt in Wellen der Hoffnungslosigkeit. Sterbe ich jetzt? Rot, schwarz, Klauen. Sirren. Der Aufprall der Pranken des Greifens lassen den Boden erzittern. Mena. Oh Merlin sei Dank. Ich wische mir rasch über meine Augen. Ich höre Ki Hong leise wimmern, weiter weg Etwas dumpf zu Boden fallen und rieche den allgegenwärtigen Gestank von Blut.

Mena steht auf dem einen Baumstamm, zwanzig Meter von ihr entfernt liegt der tote Rehbock. Sie ist genial. Sie ist einfach genial. Ich rapple mich auf, während Erleichterung in Wellen durch meinen Körper strömt. Ki Hong. Ich stolpere los. Die Gefahr vorrübergehend gebannt. Ich falle neben ihm auf die Knie, schnüre den Rucksack auf und beginne die Tränke und Verbände hervorzukramen. Ein Mädchen, Yixing glaube ich, ist sogleich an meiner Seite und nimmt mir den Trank ab, den sie ihm einflößt. Schluck für Schluck. Ich packe den Verband aus und wende meinen Blick nicht von der klaffenden Wunde an seinem Rücken ab. Hoffentlich hat das Biest seine Wirbelsäule verschont. Hastig wickle ich den Stoff um die Wunde. Er schreit auf. „Tut mir leid, Ki Hong", flüstere ich heiser, während meine Augen vor Mitleid tränen. Meine Hände sind von einer roten, warmen Flüssigkeit benetzt, die langsam meinen Unterarm entlang rinnt. Mit flinken Fingern bringe ich den Verband an, der sich gemächlich mit Blut vollsaugt. Ich werfe einen Blick über die Schulter. Prompt muss ich würgen. Der Greif reißt den Kadaver auseinander, sodass dessen Eingeweide über den Boden verteilt sind. Das ist ekelerregend. Mena lässt sich zu meiner Seite nieder und sagt hastig: „Emmi. Wir müssen hier weg." Ich nicke knapp. „Könnt ihr ihn tragen?", frage ich die Hong Lee Jungs. Die nicken bleich und beschwören eine Trage aus dem Nichts heraus. Ich habe keine Zeit, um zu staunen. Mit schnellen Bewegungen packe ich zusammen und richte mich auf. Der sich windende Ki Hong wird auf die Trage verfrachtet. Ich übernehme unwillkürlich die Führung. Ich glaube, ich kenne mich langsam wieder aus. Meine Sinne eilen durch den Wald. Felsen. „Wir müssen zu der Felswand dort hinten. Dort finden wir Unterschlupf und wir können rote Funken sprühen, damit sie ihn holen", sage ich fest und gehe voran. Die kurze Zeitspanne, die wir brauchen, provoziert meine Nerven und lässt mich unruhig werden. Marl läuft neben mir. „Wir müssen die Jungs finden", sagt sie ruhig, „Wir sollten uns aufteilen, dann sind wir vielleicht schneller." Wohl ist mir dabei nicht, aber ich nicke.

Wenig später verabschieden wir uns und eilen in zwei verschiedene Richtungen davon und lassen die Hong Lee Champions zurück. Ich beginne wieder zu laufen. Gleichmäßig eile ich durch den Wald, die hohen Bäume, eine Anhöhe hinaus und weiter. Immer weiter durch das schier endlose Dickicht. Meine Lungen füllen sich mit Luft, andauernd und immer fortwährend. Meine Beine arbeiten, mein Herz pumpt Blut durch meine Adern, andauernd und immer fortwährend.


Glücksklee-grün wie die HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt