Nun, da wir wissen was uns verfolgt, lastet die doppelte Belastung auf unseren Schultern. Wir müssen einerseits die Animagiverwandlung endlich schaffen, um Remus endlich beistehen zu können und andererseits müssen wir herausfinden, wie wir endlich aus den Fängen Morsiras entkommen, weil es einem langsam wirklich auf die Nerven geht. Wieso eigentlich immer wir? Kann die sich nicht wen anderen aussuchen? Ernsthaft, als hätten wir nicht genug um die Ohren. Außerdem haben wir immer noch die ZAG Prüfungen vor uns. Nur noch zwei Monate! Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie ich den Stoff rechtzeitig lernen und wiederholen soll! Wir verbringen beinahe die ganze Zeit in der Bibliothek, wo wir über irgendwelchen dicken Wälzern brüten, Pergamente vollschmieren und genervt auf die Uhr sehen, wie viel Zeit wir noch haben, um durch den Stoff zu kommen. Mena und ich haben schon unseren eigenen Stammtisch, den immer wieder verschiedene Leute ergänzen. Mal lernen wir mit Gwen und Regulus, der eigentlich wirklich klug ist, ein anderes Mal sind es Lily, Mary und Alice, dann die Rumtreiber oder Toby und Lucas. Remus hat sich angeboten, uns Lernpläne zusammen zu stellen, nach denen wir arbeiten, was wir dankend annehmen. Ich bitte ihn, täglich eine Stunde für Bewegung einzuplanen, weil ich den ganzen Tag ohne meine Beine zu bewegen nicht aushalte. Ich muss einfach irgendwas tun. Diese Stunde ist die Stunde in der ich Apus, Survivor und Hagrid besuche oder fliege, laufe, mit dem Speer trainiere. Ich merke nun immer öfter, wie sehr ich Quidditch vermisse. Bei Apus bin ich beinahe jeden zweiten Tag, wobei ich ihm immer etwas aus den Küchen mitbringe. Hagrid hat mir etwas zum Putzen für ihn gegeben, was ich nun immer öfter benutze, da sich dieser wunderschöne Hippogreif immer in der Erde wuzelt. Ich glaube, das macht er absichtlich, damit ich ihn striegle. Die Tage werden immer länger und wärmer, sodass es mich immer ärgert in der Bibliothek sitzen zu müssen und zu lernen.
Abends sitze ich dann im Aufenthaltsraum und meditiere, das Buch über Animagiverwandlung neben mir aufgeschlagen. Ich brauche ein großes Tier, das Remus in Schach halten kann. Ich bin schon so gespannt was das Tier sein wird. Vielleicht eine Raubkatze? Das wär schon cool.
Heute habe ich mich in den Raum der Wünsche zurückgezogen. Meine Finger kribbeln vor Aufregung. Ich probiere es heute. Ich schaff das! Ganz sicher. Ich stehe in dem großen, leeren Raum mit dunklem Parkett und hellen Wänden. Nur vor mir steht ein großer, alter Spiegel, dessen goldener Rahmen angelaufen ist und dessen Glas am ganz unteren Rand einen Sprung hat. Ich sehe für einige Minuten nur meine Spiegelung an. Meine blonden, welligen, beinahe lockigen Haare reichen bis zu meiner Taille, meine braunen Augen, die, wenn sie auf Licht treffen, ihre Grünreflexe offenbaren, mustern mich nun kritisch. Die Pechnarben sind am Verblassen! Sie sind nicht mehr schwarz, sie fransen auch nicht mehr aus! Sie sind nur noch dunkelgrau gefärbt, als hätte man sie mit Ruß eingefärbt. Es wird besser. Ich wende meinen Blick ab, nehme im Schneidersitz vor dem Spiegel Platz und schließe meine Augen. Konzentrier dich. Ich bringe meine Atmung zur Ruhe und langsam kehre ich in den Ort in meiner Seele zurück. Zurück zu den hohen Bäumen, deren Baumkronen sich in der lauen Brise wiegen, und weitläufigen Wiesen, die noch feucht vom morgendlichen Tau sind, den Bächen, die munter und unermüdlich vor sich hin gluckern und dem klaren, großen See, der sich breit und gelassen zwischen den Hügel erstreckt. Meine Beine tragen mich in meinem Geist den unregelmäßigen Steinpfad entlang, der zu meinem Ruheort führt. Dort wo die Steintafel steht. Umringt von dicken Eichenstämmen und dem Geruch von Moos, Harz und Nadeln, der mich dicht einhüllt und allumfassend meine Sinne flutet, starre ich auf den Felsen vor mir, der glatt und wie eine graue Tafel in die Höhe ragt. Ich höre einen Vogel sein Lied singen, doch bis auf ihn herrscht vollkommene Stille. Ich inhaliere die feuchte, kühle Luft, starre auf die Tafel, die Schrift, die wie aus purem Gold dort prangt, bevor ich meine Augen schließe und wieder aufmache und so meinen Geist zurück ins Jetzt reiße.
Ich sehe die Spiegelung vor mir, doch irgendwie auch immer noch den Ort in mir. Jetzt schnell. Ich greife nach meinem Zauberstab, richte ihn auf mich und murmle: „Animalmutare!" Im ersten Moment passiert nichts, doch als schon die Enttäuschung in mir aufsteigt, fühle ich ein Prickeln in mir aufsteigen. Beinahe geschockt und unsicher sehe ich auf meine Hände, die ein heftiges Zittern erfasst. Ich spüre wie sie beginnen zu wachsen. Ich spüre wie sich weißes Fell, langsam, dann immer schneller aus meiner Haut schiebt und meine Hände bedeckt. Meine Muskeln wachsen und meine Knochen dehnen sich mit einem unguten Knirschen. Mit bleibt der Atem weg und mein Herz rast verzweifelt, als ich auf die Knie falle. Meine Schulterblätter pressen sich nach außen und das Schlüsselbein streckt sich, um die Lücke zu füllen. Eine weitere Muskelschicht vergrößert sich, um den Körper zu ergänzen . Mein Zahnfleisch beginnt zu jucken und ich zische auf, als sich spitze Zähne schmerzhaft ziehend bilden. Mein Gesicht fühlt sich an, als würde es jemand packen und in die Länge dehnen. Ich werfe meinen Kopf unwillig zur Seite. Wann hört das endlich auf? Ich spüre, wie mein ganzer Körper von Fell bedeckt wird. Meine Glieder verkürzen und verlängern sich, meine Hände und Füße bekommen, kitzelnd und juckend, eine feste Haut, bilden stumpfe Krallen aus. Mein Haar scheint sich in meinen Kopf zurückzuziehen. Unbehaglich winde ich mich am Boden.
So plötzlich wie es angefangen hat, ist es auch wieder vorbei. Ich liege auf der Seite, meine Brust hebt und senkt sich. Ich höre meinen Atem. Er klingt beinahe grollend. Ich starre an die Decke. Was ist mit mir? Mein Blick beginnt zu wandern über meine Arme und ich spanne mich erschrocken an, als ich merke, dass ich einen weißen Pelz besitze. Ich sehe sprachlos auf meine dicken Pfoten. Ich stöhne und erschrecke, als ein dumpfes, donnerndes Grollen meine Kehle verlässt. Ich versuche mich aufzurappeln, doch meine vier Pfoten geben unter mir nach. Oh shit, ich hab ja vier Beine, keine zwei. Ganz langsam schiebe ich die Vorderpranken unter meinen massigen Körper. Sie zittern unter dem schieren Gewicht. Nur noch die Hinterbeine. Als ginge ich in den Vierfüßlerstand bewege ich mich, doch es ist viel einfacher, als ich es erwartet hätte und ich stehe sofort und aufrecht da. Welches Tier bin ich jetzt? Neugierig setzte ich meinen großen Körper in Bewegung und wende mich dem Spiegel, der mir nun viel kleiner erscheint, zu. Ich erkenne mein Spiegelbild und erstarre vor Ehrfurcht. Mir blickt ein großer, wunderschöner, majestätischer Eisbär entgegen.
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Glücksklee-grün wie die Hoffnung
Fiksi PenggemarGLÜCKSKLEE-GRÜN WIE DIE HOFFNUNG 2. Teil der Karneolreihe/ Fortsetztung von Klatschmohn und Klatschmohnroter Sommer TEXTAUSZUG__„Dunkle Zeiten ziehen auf. Es kommen Tage, in denen wir Vertrauen und Loyalität brauchen um zu überleben. Und Entsch...