5.Kapitel, in dem ich einfach abschalte

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Also wirklich, so was Unhöfliches! Ich drehte mich zu Ellie und fragte: ,,Was sagst du als Charakter mit deinem Anfangsbuchstaben?" Ellie grinste mich an. ,,Einfallsreich", ich kicherte. Sie fragte: ,,Und du, Loony?" Ich öffnete gerade den Mund, als ,,Lächerlich?" zu hören war. Ich drehte mich um und das blonde Mädchen sah mich herausfordernd an. Frechheit, was bildete die sich ein !? Aber ich wollte mich nicht einschüchtern lassen und sagte so hoheitsvoll ich nur konnte: ,,Ich dachte an so etwas wie lustig." Ich musterte sie. ,,Und du?" Sie tat überrascht und erwiderte: ,,Verliebt." Alles klar, und zwar in den süßen Jungen aus dem Bus. ,,Bestens!", presste ich hervor und wandte mich wieder Ellie zu. Diese verdrehte die Augen und deutete dabei auf das blonde Mädchen. Ich nickte nur und presste die Lippen zusammen. Ellie deutete grinsend auf den hübschen Jungen, der auf der anderen Seite des Kreises saß, und sah mich fragend an. Ich zuckte möglichst unbeteiligt mit den Schultern. Doch Ellie durchschaute mich natürlich sofort und bildete mit ihren Händen ein Herz in ihrem Schoß. Ich knuffte sie freundschaftlich die Seite. In diesem Moment bat Frau Westermann um Ruhe und fing an: ,,Mein Name ist Sophia Westermann und ich bin spaßliebend." Na klar, so eine Eigenschaft konnte sich auch nur eine Lehrerin einfallen lassen. Nach ihr kam Andi, der abenteuerlustig, Lenny, der leichtsinnig, Elisa, die elefantastisch (was auch immer das bedeutete) und Uwe, der überdurchschnittlich nett war. Und dann der hübsche Junge. ,,Hi, ich bin Dimitri Heres", er warf uns einen bedeutungsvollen Blick zu, was ich nicht ganz verstand, ,,und ich bin durchschnittlich hochbegabte." Die ganze Klasse fing an zu lachen und auch ich schmunzelte. Ich verstand gar nicht wieso. Der "Witz" war nicht mal lustig gewesen! Dann kam einer Reihe Schüler, deren Namen ich mir nicht merken konnte. Als schließlich Ellie dran war, holte ich noch einmal tief Luft. ,,Hallo ich bin Luna und ich bin lustig."
,,Ach wirklich?" Wütend sah ich mich im Raum um, wer das gesagt hatte. Frau Westermann sagte streng: ,,Dimitri!" Und aus meiner Wut verdoppelte sich. Dieser eingebildete Idiot sollte seine Klappe halten! Das Mädchen neben mir lachte leise auf und fragte dann engelsgleich: ,,Soll ich weitermachen, Frau Westermann?" Frau Westermann nickte. Sie hieß Vivien und war, ganz nach erwarten, verliebt. Als sie das sagte, sah sie Dimitri an. Irgendetwas tief in mir wollte nicht akzeptieren, dass ich von ihm weniger geschätzt wurde als sie! Doch der dumpfe Nachklang seiner Worte halte in mir nach und ich hielt den Mund. Ein Teil von mir wollte mich daran erinnern, dass das hier ein Spiel zum Kennenlernen war! Ein anderer Teil schrie dem entgegen, indem er sagte, dass Dimitri bei allen anderen auch nichts gesagt hatte. Und ein dritter Teil gab mir selbst die Schuld, weil ich ,,lustig" genommen hatte. Über diesen Teil ärgerte ich mich besonders. Was hätte ich sonst nehmen sollen? Als wir uns wieder setzen, sagte Frau Westermann, sie würde gleich einzelne Leute zum Vorsingen aufrufen, ihnen ein Lied geben und dann von ihnen Noten machen. Alle stöhnten auf. Am ersten Schultag Noten machen? Echt jetzt? Als erstes musste Elisa vorsingen. Sie war gar nicht mal so schlecht. Sie sang ,,Dancing in the dark" von Rihanna. Ich genoss es, aber meiner Meinung nach Elisa das Lied zu... engelsgleich. Aber die Töne, die sie sang, waren klar und richtig und deswegen war es trotzdem sehr angenehm zuzuhören. Als nächstes sagen Vivien ,,Call me maybe". Wenn sie mich nicht so blöd angemacht hätte, hätte ich ihren Gesang jetzt bis zum Himmel gelobt, sie sang jugendlich und der Sängerin sehr ähnlich. Aber so konnte ich es nicht lassen, Fehler bei ihr zu suchen. Außerdem sah ich mit Ärger, wie Dimitri Vivien bewundert ansah. Und dann, wie hätte es anders sein sollen, ich. ,,Luna", sagte Frau Westermann, ,,Du wirst ,,Can't remember to forget you" von Shakira singen. Ich weiß das Stück ist anspruchsvoll, aber ich weiß auch, dass du das ganz hervorragend machen wirst." Toll, das war wahrscheinlich das schwierigste Lied, dass es gab. Naja, versuchen konnte ich es ja mal. Ich schob mein Stuhl zurück und lief nach vorne. In meiner alten Klasse hatte ich oft Vorsingen dürfen, aber jetzt in der neuen Klasse, hatte ich wenig Lust dazu. Trotzdem stand ich brav auf und ging nach vorne (was blieb mir auch anderes übrig?!) Kurz warf ich einen Blick auf Dimitri (warum?! Weil er so gut aussah?! Das ist wirklich kein Grund, Luna!) und sah, dass er schon wieder mit Vivien redete. Ich beschloss mich nicht weiter darüber aufzuregen. Wieso war mir das überhaupt so wichtig? Ich wollte nicht mehr daran denken. Ich wollte einfach nur abschalten wie immer beim Singen. Würdevoll ging ich nach vorne und nahm das Mikrofon in die Hand. Frau Westermann drückte auf einen Knopf auf ihrer Fernbedienung und ich hörte das Intro des Songs. Ich summte das Intro ohne Worte mit. Die Melodie floss durch mich hindurch wie Wasser. Ich genoss es, wie die Worte des Liedes aus mir heraus flossen. Ich konnte es nicht lassen einen kurzen Blick zu Dimitri zuwerfen (Schon wieder!) und hätte fast gelächelt. Er sah mich, fast bewunderte, an. Als er sah dass ich ihn anschaute, drehte er unbeteiligt, aber für meinen Geschmack zu schnell für unbeteiligt, den Kopf zu Vivien und verdrehte die Augen. Diese nickte und formte mit ihren knallroten Lippen das Wort ,,Angeberin". Doch ich wusste, dass sie in Wahrheit nur neidisch war. Denn alle Augen waren bei mir! Seid meine Eltern gestorben waren, waren Lieder für mich immer eine Erinnerung an die gewesen. Doch ich hasste es über ihren Tod zu sprechen und sangen mit all meiner Liebe für sie weiter. Als ich die letzten Worte sagen, begannen sogar einige Schüler zu klatschen! Peinlich berührt lächelte ich. Als das Lied vorbei war, verbeugte ich mich kurz, wie alle anderen Sänger von mir auch. ,,Das war sehr gut", sagte Frau Westermann. Ich ging schnell auf meinen Platz zurück. ,,Das war genial Loony!", flüsterte Ellie mir zu. Ich sah zu Dimitri hinüber. Herrgott, konnte ich das vielleicht endlich mal lassen?! Von jetzt an war er mir egal. Ich sagte es 10 mal in meinem Kopf: ,,Dimitri ist mir egal, er ist mir egal" nur um sicherzugehen, dass ich es nicht vergaß. Danach fühlte ich mich besser und warf Dimitri einen triumphierenden Blick zu.

Die Reise der ErbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt