4.Kapitel, in dem ich eine B**** treffe

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Als der Bus vor der Schule hielt, stach mir sofort das kitschige ,,Willkommen im neuen Schuljahr"-Plakat ins Auge. Sicher hatte Direktor Dadischeck es nur gut gemeint, aber ich schämte mich für das Plakat, obwohl ich es noch nicht mal aufgehängt hatte. Unwillkürlich sah ich Ellie an, und obwohl ich mit einem Schrecken auf ihrem Gesicht gerechnet hatte, musste ich doch schmunzeln. Ellie sah aus, als ob sie in eine Zitrone gebissen hätte, die sie für einen Schokokuss gehalten hatte. Peinlich berührt verzog sie das Gesicht und murmelte: ,,Ich dachte, er wollte Fünftklässler anziehen und nicht abstoßen" in meine Richtung. Ich stimmte ihr voll und ganz zu. Wahrscheinlich fragten sich die neuen Fünftklässler tatsächlich gerade in welches Animations-Irrenhaus sie hier verfrachtet worden waren. Schnell liefen wir in den dritten Stock, wo sich die Klassenzimmer der zehnten Klassen befanden. Wir mussten jedes Türschild entziffern um unser Klassenzimmer zu finden. Beim allerletzten Zimmer von fünf im Gang stand endlich winzig klein ,,10c". Mein Herz fing wieder an zu rasen und mir wurde schlecht. Ich holte tief Luft und betrat den Raum. Der Raum war in vier Reihen, bestehend aus zweier Bänken, eingeteilt. Viele Schüler schienen schon eingetroffen zu sein, denn fast alle Plätze waren belegt. Ellie und ich fanden einen Zweiertisch in der Mitte des Raumes und setzen uns hin. Ich war noch immer aufgeregt. Verstohlen sah ich mich im Raum um ich hörte jemanden schrill lachen. Als ich mich daraufhin umdrehte, entdeckte ich ein paar Jungs und Mädchen die sich um einen Tisch scharrten. Das Lachen kam von einem großen, schlanken Mädchen, dass sich an den Tisch lehnte. Sie hatte lange dunkelblonde Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren. Sie hatte eigentlich ein recht hübsches Gesicht, zumindest vermutete ich das. Es war mit so viel Make up, Lidschatten, Rouge und Lippenstift zugekleistert, dass man das nur schwer sagen konnte. Ihr Oberteil war bauchfrei und ihre Shorts viel zu kurz für die Schule. Sie lachte noch einmal. Ihr Lachen klang künstlich und anstrengend. Ich wollte niemanden nach seinem Aussehen beurteilen, aber sie war mir von Anfang an unangenehm und unsympathisch. Plötzlich sah sie mich an und ihr lachendes Gesicht verwandelte sich zu einem herablassenden Blick. Sie beugte sich nach vorne, und gab so den Blick auf eine weitere Person frei, bei der es mir wiederum den Atem verschlug. Leider aus einem ganz anderen Grund als bei dem blonden Mädchen. Hinter ihr lehnte der gutaussehende Junge von vorhin im Bus und jetzt erkannte ich auch das Mädchen wieder. Es war das, dass neben ihm gesessen hatte. Ich kämpfte gegen den Drang an sie nicht zu hassen. Und außerdem musste ich mich wirklich bemühen, ihn nicht ununterbrochen anzustarren. Er hatte dunkelbraune, fast schwarze Haare und einen bräunlichen Hautton. Seine Augen waren seltsamerweise stechend blau, was ihm etwas Verführerisches gab. Trotz dem, dass er sehr groß und muskulös war, wirkte er schlank. Mit einem Satz: Er war der mit Abstand attraktivste Junge, den ich je gesehen hatte. Das blonde Mädchen beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr, wobei sie unentwegt auf mich deutete. Er schien aufmerksam zuzuhören und als sie fertig war, wanderte sein Blick zu mir. Schnell wandte ich mich ab. Was hatte sie wohl geflüstert? Hatte er bemerkt dass ich ihn beobachtet hatte? Da betrat aber auch schon Frau Sophia Westermann den Raum. Bei ihr würden wir jetzt Musik, später Englisch und Biologie haben. Sie war eine sehr nette, junge, hübsche Frau, etwa im Alter von 25 Jahren. ,,Guten Morgen!", rief sie und die ganze Klasse leierte ebenfalls ,,Guten Morgen, Frau Westermann!" Frau Westermann strahlte uns an. ,,So da wir uns alle noch nicht so gut oder gar nicht kennen, werden wir uns in einen Kreis setzen und jeder Namen, und einen Charakter, der mit demselben Anfangsbuchstaben anfängt, sagen!" Kurzes aufstöhnen und murren war zu hören, dass aber unter Frau Westermanns strengem Blick sofort verstummte. Alle setzten sich vor der Tafel in einem Kreis. Ich fand die Idee eigentlich ganz gut abgesehen von im Kreis, denn ich saß, abgesehen von Ellie, neben dem blonden Mädchen. Als sie mich ansah, lächelte ich sie an. Ich hätte mir die Mühe sparen können. Sie sah mich ein paar Sekunden missmutig an, verdrehte dann die Augen und drehte sich weg.

Die Reise der ErbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt