Kapitel 5.1

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 ~Jessica Kennedy~

Auch wenn ich eigentlich allein sein wollte, war ich froh, dass mir mein Lehrer gefolgt ist. An den Lichtern, die in der Ferne leuchteten, erkannte ich, dass es nicht mehr weit zur Jugendherberge sein konnte. Mit jedem Schritt den ich tat, wurde ich immer schwächer. Aber ich würde es schaffen! Ich kann nicht für immer dieses wehrlose kleine Mädchen bleiben, für das mich alle hielten. Ich musste stark sein, mich beweisen. Vor allem vor meinem Lehrer. Trotzdem verließ mich meine Kraft mit der Zeit. Ich stolperte über einen umgekippten Baum. Aber noch bevor ich mit dem harten Boden in Berührung kam, spürte ich kräftige Hände an meinen Armen, die mich auffingen. „Hee, immer schön langsam!“ lachte Herr Smith. „Entschuldige. Können wir vielleicht eine kurze Pause machen? Ich habe zu wenig Kraft um weiter zu laufen.“ verteidigte ich mich. Diese Worte bestätigten sich auch gleich, indem mir schwarz vor Augen wurde. Ungewollt fiel ich dann doch in Richtung Boden. Diesmal auch keine starken Hände, die mich auffingen. Ich schlug mit dem Kopf auf etwas hartem auf. Ab diesem Moment bekam ich gar nichts mehr mit.

~Sebastian Smith~

„Da drüben ist ein dicker Baumstamm. Da können wir uns einen kurzen Moment hinsetzen.“ beantwortete ich ihre Frage. Keine Antwort. Ich drehte mich um und sah sie am Boden liegen. Ohnein! Das hätte nicht passieren gedurft!

 Jessy hatte eine Wunde am Kopf. Es wäre keine gute Idee sie hier allein zu lassen um Hilfe zu holen. Also nahm ich sie vorsichtig hoch und trug sie bis zu der Jugendherberge.

Nein, nein, nein! Das hätte nicht passieren dürfen! Wieso war ich bloß so unaufmerksam?

Ich legte sie in das Bett des letzten freien Einzelzimmers. „Oh shit! Was ist passiert?“ hörte ich eine Stimmer hinter mir fragen. Alyson. Ich drehte mich zu ihr um und erklärte „Sie ist gestürzt und hat sich den Kopf an etwas angeschlagen. Ich brauche ein nasses Tuch und Wasser.“ Alyson nickte und rannte sofort los.

Kurz darauf kam sie mit einer Schüssel Wasser zurück, in der sich ein Tuch befand. Dieses nahm ich und säuberte ihre Wunde.

„Soll ich bei ihr bleiben? Es ist schon spät. Sie könnten dann schlafen gehen.“ bot Alyson an. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass wir schon fast Mitternacht hatten. „Danke, es geht schon. Ich denke aber, Jessy fände es toll, wenn sie da sind, sobald sie aufwacht morgen früh.“ antwortete ich ihr schließlich. Sie nickte und verließ das Zimmer wieder. Ich verweilte einige Stunden auf einem Stuhl neben dem Bett.

Mit schmerzendem Rücken wachte ich schließlich auf. Ich war wohl eingeschlafen. Mein Kopf lag auf meinen Armen gebettet neben Jessy auf dem Bett. Ich setzte mich wieder aufrecht hin und sah nach draußen. Es war immer noch dunkel. Die Uhr meines Handys zeigte fünf Uhr am Morgen an. Ich hörte ein leises Rascheln im Raum. Kurz darauf folgte ein „Dankeschön!“

Diese wundervolle Stimme konnte nur einem einzigen Menschen gehören! Jessica Kennedy! „Immer wieder gerne.“ sagte ich ihr. Sie drehte ihren Kopf in meine Richtung, sodass ich auch ihr Gesicht sehen konnte. In diesem schwachen Licht erkannt ich ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie sah wunderschön aus in diesem Mondlicht. „Alyson kommt gleich. Sie möchte sehen, wie es dir geht. Ich sollte dann mal gehen.“ sprach ich. Ich erhob mich von meinem Stuhl. Eine kleine Hand legte sich um mein Handgelenk, ehe ich auch nur einen Schritt tun konnte. Diese Berührung löste ein Kribbeln auf meiner Haut aus. „Bitte bleibe! Ich möchte nicht allein sein.“ gestand Jessy mit einem bezauberndem Lächeln.

„Wie könnte ich da bloß widerstehen?“ antwortete ich ihr. Ich setzte mich zurück auf den Stuhl. Ihre Hand umklammerte immer noch mein Handgelenk. Meine freie Hand legte ich auf ihre. Sofort löste sich ihr Griff um mein Handgelenk. Erschrocken von meiner Berührung sah sie auf. Sie sah mir tief in die Augen. In diesen Augen werde ich mich sicherlich noch verlieren. Wieso muss es bloß so kompliziert sein? Warum muss ich unbedingt ihr Lehrer sein? Es wäre so einfach gewesen, wären wir uns durch etwas anderes kennengelernt. Vorsichtig setzte Jessy sich auf. Durch diese Bewegung kam sie mir noch näher. Ich wollte meine Hand auf ihrer wegziehen. Doch ihre Hand umfasste meine wieder. „Ich muss mal wohin. Aber meine Schuhe sind weg.“ unterbrach sie diese wundervolle Stille. Mit meiner freien Hand zog ich ihre Schuhe unter ihrem Bett hervor. Sie ließ meine Hand wieder los und zog sich ihre Schuhe an. „Wie geht es dir?“ frage ich sie. „Mein Kopf tut ordentlich weh. Aber so, wie es in letzter Zeit scheinbar normal ist, habe ich keine Erinnerung daran, was passiert ist. Ich kann mich nur noch bis zu dem Zeitpunkt erinnern, als ich in den Wald gelaufen bin.“ gestand sie. Sie stand auf und fiel sofort wieder ins Bett. „Ohje. Das Zimmer dreht sich um mich!“ sagte sie. Ich streckte ihr meine Hände entgegen, um ihr aufzuhelfen. Mit einem dieser wundervollen Lächeln legte sie ihre Hände in meine. Vorsichtig zog ich sie auf die Beine. Nun stand sie direkt vor mir. Nur wenige Zentimeter trennten uns. Sie sah mich wieder an. Ehrlich, wieso musste ich bloß ihr Lehrer sein?    

„Ich glaube es wäre besser, wenn du morgen hier bleibst und dich ausruhst. So können wir dich nicht mit ins Residenzschloss nehmen.“ unterbrach ich die Stille. „Nene, es geht schon. Wirklich.“ versuchte sie. „Nix da. Wenn du wieder umkippst werden sie sicherlich den Krankenwagen rufen. Dann wirst du bestimmt dort bleiben müssen. Es ist besser du ruhst dich aus.“ erklärte ich.

Sie stand immer noch so dicht vor mir. „Ääääh… Ich gehe dann mal.“ sagte sie mir und lief an mir vorbei. Und weg war sie….

Mit der Vermutung sie brauche meine Hilfe nicht mehr, verließ ich ihr Zimmer und machte mich auf den Weg in meines.

„Darf ich fragen, wieso sie so spät in der Nacht noch auf den Gängen unterwegs sind?“ fragte mich Frau Fischer. Erschrocken drehte ich mich zu ihr um. „Ich könnte sie das Gleiche fragen.“ versuchte ich mich rauszureden. „Ich bin eben zur Toilette. Was ist ihre Ausrede?“ antwortete sie mir. Verdammt, ich dachte nicht, dass sie mir eine Antwort geben würde. „Ääh… Ich habe eben einen Schluck trinken wollen. Meine Flaschen waren leer, also musste ich eine neue holen.“ „Na schön. Aber denken sie demnächst besser vorher dran, ja?“ warnte sie mich und verschwand wieder in ihrem Zimmer.

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