Kapitel 8.3

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„Wo bleiben Krissy und Lizzy denn? So lange kann das doch nicht dauern.“ nörgelte ich. „Okay dir geht es wieder gut.“ lachte Seba. „Was ist daran jetzt so lustig? Ich verstehe das nicht.“ verteidigte ich mich. Das brachte ihn nur noch mehr zum Lachen. „Du bist süß.“ presste er unter seinem Lachen heraus. „Und du bist doof!“ erwiderte ich und stieß ihn mit meiner Faust in die Seite. Dies brachte ihm so viel Schwung, dass er aus dem Bett fiel. „Autsch! Das ist jetzt aber nicht lustig.“  „Schau nicht so!“ versuchte ich zu befehlen. „Wie schaue ich denn?“ „Du schaust wie ein kleines Kind, dem gerade sein Lolly geklaut wurde.“ erklärte ich. Jetzt musste ich lachen. „Naa warteee!“ rief er und stürzte sich in meine Richtung. Sebastian fing an mich zu kitzeln, so wie Marco damals, wenn ich traurig war und er mich zum Lachen bringen wollte. Jetzt mussten wir beide lachen. Ich versuchte ihn wieder weg zu stoßen und er versuchte  mich weiter zu kitzeln.

„Autsch!“ Meine Schussverletzung schien das gerade nicht sehr lustig zu finden. „Alles in Ordnung?“ fragte Sebastian mich. „Jaja, alles gut. Hab mich nur falsch bewegt.“ erklärte ich. Ich zog ihm seine Arme weg, sodass sein Gesicht unmittelbar vor meinem war. Bevor ich meine Lippen auf seine legen konnte, kam eine aufgedrehte Lizzy in den Raum gehüpft. „Du darfst geeeeehn! Wir müssen nur drauf achten, dass du deine Medikamente nimmst. Und der Doctor hat uns auch etwas gegeben, dass du diese komischen Dinge nicht mehr siehst.“ brabbelte sie drauf los. Ihr Blick glitt in unsere Richtung. „Oh entschuldigt. Ich habe das nicht gesehen.“ erklärte sie. „Alles gut Liz. Das ist nicht schlimm. Vielen Dank.“ antwortete ich ihr. Eine Schwester kam ins Zimmer gelaufen und erklärte „Da sie noch nicht lange hier sind Jessica, haben sie auch noch keine Sachen hier, die sie zusammen suchen müssten. Aber trotzdem müssen wir ihren Verband nochmal wechseln. Am morgigen Abend dürfen sie ihn auch wieder selbstständig wechseln. Ihre Freundin draußen hat deine Medikamente und den Wechselverband. Wenn ich die anderen beiden Herrschaften bitten dürfte den Raum zu verlassen. Ihre Freundin wird sofort kommen.“ Panisch blickte ich mich um. Ich muss allein gelassen werden? „Ich will aber nicht allein sein!“ beschwerte ich mich. „Jessy, es ist alles gut. Ich werde direkt vor der Türe warten, ja?“ erklärte Seba, drückte noch einmal meine Hand und verschwand mit Lizzy durch die Türe.

„Wie hast du das denn geschafft Jessica?“ fragte mich die Schwester. „Mmh?“ „Ich meine das, dass scheinbar jemand einen solchen Hass auf dich hat, dass er auf dich schießt?“ Ich zuckte nur mit den Schultern.

Mit frisch gewechseltem Verband verließ ich schließlich das Krankenzimmer. „Alles klar?“ fragte Krissy mich besorgt. Ich nickte und lief in Richtung Ausgang. Meine drei Begleiter folgten mir. „Ich habe keine Ahnung, wer das war, aber ich werde ihn fertig machen!“ schimpfte Lizzy „Dass er meine beste Freundin verletzt ist wirklich das allerletzte! Dieser Kerl ist sowas von tot!“ Dies brachte mich zum Schmunzeln, aber sagen tat ich nichts. Auf dem Weg zurück in die Jugendherberge sagte niemand ein Wort. Lizzy schien innerlich immer noch zu meckern, Krissy starrte einfach nur aus dem Fenster und Sebastian musste sich schließlich auf das Fahren konzentrieren. Ich war in meine Gedanken versunken, wie das alles nur passieren konnte, wieso mir das bloß alles passieren konnte.

Plötzlich sah ich eine Gestalt über die Straße laufen. „Seba pass auf!“ schrie ich und zeigte auf die Straße. Da er so schnell nicht mehr bremsen konnte, lenkte er in eine völlig andere Richtung. Trotzdem. Die Gestalt war schnell. Zu schnell. Es, was auch immer es war, sprang auf die Motorhaube. Es gab schreckliche Geräusche von sich. Die Augen glühten rot. Das Auto fuhr in irgendetwas rein und bewegte sich schließlich gar nicht mehr. Das war in diesem Moment einfach absolut unwichtig. Dieses gruselige Wesen auf unserer Motorhaube hatte unsere vollste Aufmerksamkeit. Diese entsetzlichen Geräusche wurden immer lauter. Niemand wagte sich auch nur einen Mikrometer zu bewegen. Schließlich fing das Wesen an um sich zu schlagen. Die Windschutzscheibe hielt das sicherlich nicht mehr lange durch. Der bereits entstandene Riss wurde immer größer. Als die Scheibe letztendlich komplett in die Brüche ging, rief Sebastian „Laaaaaaauuuuuuuft!“ Ungeachtet der ganzen Äste und Blätter um uns herum liefen alle Sebastian nach. Alle außer mir. Ich blieb wie angewurzelt stehen, konnte mich nicht bewegen. Diese Gestalt schien mit wie eine Kreuzung aus Werwolf und Dämon. Aber das war unmöglich. Einfach unmöglich. Das Wesen bemerkte, dass wir längst nicht mehr im Auto saßen. Es sah mich, unfähig mich zu bewegen. Ich war wehrlos. Ich konnte nichts tun.

Mit einem großen Sprung kam es in meine Richtung. Meine Freunde merkten, dass ich ihnen schon längst nicht mehr folgte. „Jeeessyyyyyyyy!“ riefen sie alle wie aus einem Mund. Diese Stimmen schienen aus Meilen weiter Entfernung zu kommen. Ein weiterer Sprung und das Wesen stieß mich zu Boden.   Diese Bewegung brachte mich wieder zu mir. Ich schlug und trat um mich. Meine Freunde kamen wieder herbei, um dieses Wesen von mir weg zu ziehen. Vergebens.

Wie aus dem Nichts erschien ein helles Licht. Ich konnte nichts sehen, aber ich spürte, dieses Licht war ein Teil von mir. Ich bewirkte das. Die Krallen, die sich schon so weit in meinen Arm gebohrt hatten ließen los, das Gewicht auf mir wurde leichter.

Als das Licht wieder nachließ, sah ich, dass die Gestalt verschwunden war. Meine Freunde lagen auf dem Boden. Sie rührten sich nicht. „Neeeeeiiiiiiiin! Das darf nicht sein!“ rief ich aus. Dies schien sie wieder zu Bewusstsein zu bringen. Ich eilte zu ihnen, um ihnen aufzuhelfen. Krissy streckte ich als erstes meine Hand hingegen. „Du Monster! Von dir nehme ich sicherlich keine Hilfe an!“ schrie sie mir ins Gesicht. Lizzys Reaktion fiel ähnlich aus. „Aber, ich habe doch selber keine Ahnung, was hier passiert ist. Es tut mir so leid.“ schluchzte ich. „Das hättest du dir vorher überlegen sollen! Das ist alles deine Schuld du Hexe!“ rief jetzt Lizzy. „Aber…..“ weiter kam ich nicht. Sie drehten sich um und liefen in die andere Richtung. Nein, das durfte nicht sein! Wieso passiert mir so etwas hier? Wieso bloß mir? Lizzy kam zurück. „Zum Glück! Ich wusste, du würdest mich nicht im Stich lassen!“ sagte ich erleichtert. „Pfff. Von wegen!“ erwiderte sie und ließ mir eine Täschchen vor die Füße fallen. „Deine Medikamente. Sterben sollst du nun auch wieder nicht.“ sagte sie noch, bevor sie wieder verschwand. Jetzt war ich wieder allein. Völlig allein. Wo war eigentlich Seba? Eben war er noch hier. Ich schaute mich um. Nichts. Nichts außer den kaputten Scheinwerfern, die in der Dunkelheit leuchteten. Die Tränen, die meine Wangen herunter liefen wurden immer mehr.

Eine große warme Hand legte sich auf meine Schulter. Ohne mich umzuschauen wusste ich, wem diese Hand gehörte. Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und ließ meinen Tränen freie Bahn. Seine Arme legten sich beschützend um mich. „Es tut mir so leid. Es wird alles wieder gut.“ sagte er mir. Komischerweise beruhigte mich das. Diese einfachen Worte von dieser vertrauten Stimme.

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