Meine Kehle brannte, während die Flasche in meiner Hand nach links und rechts schwang. Nur noch ein wenig des Getränkes, welches Wasser zum verwechseln ähnlich sah, befand sich in ihr. Meiner Schätzung nach hätten es ein bis zehn Schlücke sein können. Genau konnte ich dies nicht mehr sagen. Mein Verstand war vernebelt, Gedanken konnten sich nicht festhalten und mein logisches Denken schien davon getrunken zu sein. Der Versuch die Flasche wieder zu meinem Mund zu führen scheiterte kläglich. Nicht einmal betrinken konnte ich mich mehr. Wie erbärmlich ich doch war. Saß Stunden in einem Bett und versuchte mich ins vergessen zu saufen. Einen Moment zumindest wollte ich vergessen wieso ich dermaßen armselig geworden war. Warum ich die Maske wieder aufgesetzt hatte. Der Grund war mir dermaßen bewusst, dass es unheimlich geworden war daran zu denken. Nichtsdestotrotz schien sich alles was mich in diesem Loch festhielt auch zu betrinken um weiterhin bei mir bleiben zu können. Diese Gedanken waren wie viele kleine Kletten in meinem Kopf und sie wollten um jedem Preis bleiben. Wahrscheinlich hassten sie mich einfach und wollten mich weiter quälen. Wütend schrie ich auf und warf die Flasche an die Wand. Dort zersprang sie in viele kleine Teile und die Scherben breiteten sich auf den Boden aus. Gleich wie der Schnaps, der sich in ihr befunden hatte. Dann war es wieder so leise. Wie damals in der Bibiothek. Energielos lehnte ich meinen Kopf an die Wand an und hörte endlich auf die Türe anzustarren. Die braune Türe, die so glatt und perfekt war und die ganze Zeit zublieb. Die Nacht über hatte ich gehofft gehabt Vanessa würde sich bei mir melden. Sie war meine beste Freundin und wegen dieser Tatsache hatte ich wirklich gedacht sie würde sich mit mir betrinken. Die Sorgen mit mir raus lassen. Was wurde denn bitte aus beste Freundinne für immer? War das unser Ende gewesen? Warum nur, wann war es so weit gekommen? Vanessa würde wegziehen und ich wusste nichts darüber. Nicht einmal wieso oder wohin. Das ignorieren war wohl Schuld an allem. Ich war Schuld, weil ich sie ignorierte hatte.
Wenn ich doch nur mehr Gefühle gezeigt hätte. Aber ich war von ihnen einfach weggerannt. Tränen rannten meine Wange hinunter und versanken in der Matratze. Meine Zähne drückte ich aufeinander und rutschte ins Bett zurück. Die Decke zog ich mir bis zu meiner Nase und versuchte den braunen Punkt wieder zu fixiren. Doch plötzlich waren dort oben mindestens 20 von ihnen. Welcher war noch einmal der richtige gewesen? Verwirrt ließ ich die Decke über meine Augen wandern und schloss sie, sodass mich vollkommene Dunkelheit umhüllte. Zuerst schien es so gut zu sein. Die Wärme der feinen Wolldecke ließ mich langsam wegdrösen und die Dunkelheit war unglaublich beruhigend. Keine Ahnung warum jemand Angst von ihr hatte.
Doch irgendwann bekam mich ein Schwindelgefühl. Mir wurde schlecht und ich setzte mich auf. Um mich herum war alles gleich geblieben aber es drehte sich nun. Ich drehte mich mit allem. Alles raste mit höchst Geschwindigkeit an mir vorbei. Mit vielem blinzeln versuchte ich in wieder in die Realität zu gelangen. Stehen zu bleiben. Irgendwann gelangte dies mir sogar . Dennoch behielt ich dieses bedrückende Gefühl in meinem Bauch. Ich griff mir in die Haare, als die Übelkeit zunahm. Mein Magen drehte sich um. Der Schnaps mochte mich anscheinend nicht mehr. Meine zitternden Beine ließ ich auf den Boden nieder um mich aufrecht hinzustellen und mir meinen offenen Handflächen gegen die Wand zu knallen. Gleichgewicht besaß ich keines mehr. Kleine und zaghafte Schritte lief ich wie ein kleines Kind, das noch nicht laufen konnte, der Wand entlang, bis ich schlussendlich mein Badezimmer erreicht hatte und mich über die Kloschüssel lehnte um den Alkohol aus meinem Körper zu verbannen. Mein Kopf brummte und einen Moment bereute ich die Entscheidung mich die ganze Nacht besoffen zu haben. Im nächsten aber hatte ich es schon wieder vergessen.
Immer wieder übergab ich mich in die weiße Kloschüssel. Schlussendlich aber war ich so leer, dass nichts mehr aus mir kommen konnte. Meine Haut war weiß und mein ganzer Körper
zitterte.
Langsam lehnte ich mich an der Badezimmerwand an und verweilte dort so lange bis der laute Ton meines Handys mich aus meinem Zustand weckte. Ruckartig setzte ich mich gerade hin und bereute, dies als die Schmerzen mich wieder eingeholt hatten. Kraftlos saß ich auf dem Boden und wusste genau dass der Anrufer bestimmt schon aufgelegt hätte bevor ich es schaffen würde abzunehmen. Auf Alkohol reagierte ich nicht ansprechend und doch trank ich ihn immer wieder. Dieses Gefühl vor dem ganzem hier war es immer wieder aufs neue Wert. Deshalb blieb ich einfach auf der gleichen Stelle sitzen. Meine Hand legte ich auf meine Stirn biss mir auf die Unterlippe und wollte warten bis das Geräusch verstummte. Der Anrufer aber war hartnäckig, weswegen mein Handy nicht verstummen wollte. Der Ton ging mir nach einer Weile dermaßen auf die Nerven sodass ich mich der Wand entlang auf dem Weg zu ihm machte. Es musste doch etwas wichtiges sein. Das schwarze Handy in meiner Hand deutete eine unbekannte Nummer an. Sekunden blickte ich auf es, bevor ich abnahm. Was hatte ich zu verlieren? "Lun-", setzte ich an wurde jedoch sofort von einer rauen Männerstimme unterbrochen. "Wo ist die Chefin meiner Marketing Abteilung?", fragte meine neue Bekanntschaft von gestern wütend, während ich mich auf einem Stuhl nieder ließ. Die Arbeit hatte ich völlig vergessen. So konnte das nicht weitergehen. So konnte ich nicht weitergehen. "Ich glaube ich bin die Falsche für diesen Job", murmelte ich schlüssig. War der Alkohol daran Schuld, mein Kater oder waren es Worte die ich schon viel zu lange unterdrückt hatte, sodass sie nun kommen mussten? "Stellen Sie jemand anderes ein. Ich mache Ihnen nur Ärger." "Seid 3 Jahren haben Sie diesen Job. Bisher haben sie sich gut angestellt was passt Ihnen nun nicht mehr?" Ich betrachte meine leere Kühlschranktüre. Keine Zeichnungen befanden sich darauf, nein nichts war da. Mein Leben war leer wie er selbst. Ich wollte doch Kinder, einen Mann, Freunde. Karriere war nie das gewesen was an erster Stelle gestanden hatte. Aber irgendwann füllte es die leere, die ich selbst nicht schaffte zu füllen. Obwohl mir Vanessa immer half.Jedoch war sie zu wenig für mich. Sie war alles und doch nicht ausreichend. Ich brauchte mehr. "Ihre Worte haben mich zum nachdenken gebracht und Sie haben recht. Ich will etwas anderes." Irgendwie musste ich alles doch in den Griff bekommen. Mein ganzes Leben, welches in diesem Moment eher dem reinstem Chaos glich. Ich war doch ein niemand. Kein Jemand ich war ein nichts. "Und was wollen Sie?" "Vieles" Eine neue Wohnung, neue Freunde, bessere Musik...und dass obwohl ich das alles hier liebte. Diese Umgebung, seine Ausstrahlung, die vielen Bekannten die ich kannte und sogar die Maskenmenschen, denen ich ab und zu half. Aber ich musste Abschließen. Sofort oder nie. "Wirklich toll Frau Lunack. Aber vergessen Sie nicht, dass sie nicht einfach nicht zu Ihrer Arbeit erscheinen können. Sie haben einen Vertrag unterschrieben." Ich zuckte mit meinen Schultern. Was war daran je schlimm gewesen? Der alte Herr Löwe wollte nur, dass ich meine Arbeit erledigt hatte. Ihm war es egal wo, wann oder wie ich musste sie nur gemacht haben. Er war ein toller Boss. Ein netter Mensch. Aber er war Tod. Die guten Menschen holt der Herr dort oben wohl immer zu erst. Warum auch immer. Das Leben ist nicht fair. Hat aber auch niemand behauptet. Außerdem stand in diesem Vertrag das ich kündigen durfte. Also war das Problem? "Darf ich kündigen?" "Jetzt?", fragte er überrascht. "Ja", meinte ich darauf nur. Mehr musste ich nicht sagen, um ihm völlig aus seinem Konzept zu bringen. "Frau Lunack", meinte er aufgebracht und dabei lief er wohl gerade hin und her. Jedenfalls stellte ich mir das so vor. Kam wohl ziemlich unerwartet meine Kündigung aber ich wollte das alles nicht mehr. "Wir kennen uns zwar noch nicht so lange." Wir kannten uns gar nicht. Ein mal hatten wir uns bis dahin gesehen. Aber deshalb kannten wir uns doch noch nicht. Ein mal, dass war doch zu wenig um von kennen reden zu können. Er wusste nur das was er von den Unterlagen gelesen hatte. Kennen war das nicht. Das dachte er nur. "Aber ich bin der Überzeugung, dass sie diese Entscheidung betreuen werden." "Leonardo, bitte, ich bin erwachsen. Es ist meine Entscheidung, mein Leben und Sie sind nur mein Boss. Bitte seien Sie nicht so. Ich weiß, was ich will." Kurze Pause an der anderen Leitung. War das zu schroff gewesen? Möglicherweise hätte ich es anders formulieren sollen. Der Alkohol ließ mein Urteilsvermögen wegfallen. War das hier falsch?
Nein! Doch. Vielleicht?
"Nun gut. Morgen in meinem Büro. Ich erwarte Sie. Ich möchte nicht am Telefon das hier klären. Heute haben sie frei. Schlafen Sie sich Ihren Kater aus. Die Kündigung können sie auch morgen Unterschreiben."
Dann legte er auf. Er wusste, dass ich getrunken hatte und ich hatte gedacht, ich hätte normal gesprochen. Toll. Aber das mit dem morgigen Gespräch fand ich gut. Auch wenn ich mich an seiner Stelle gefeuert hätte und zwar ohne jegliches Gespräch. Eines blieb jedoch gleich ich wollte dort nicht mehr arbeiten.

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Der Maskenball (Cro Ff)
Romance"Wenn du aufhören würdest daran zu denken, würde es nicht mehr so schmerzen." "Das geht aber nicht. Ich kann nicht." . Ich hielt an der Vergangenheit fest, weil ich Angst vor der Zukunft hatte und die Mas...