[20] Wir

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Flashback

Ich ignorierte ihn, seinen Bruder, seine Freunde, einfach alle Persone die er kannte. Am Anfang dachte ich es würde schwer werden, aber ehrlich gesagt hatte mich nicht einer von ihnen aufgesucht. Niemand hatte mir geschrieben und selbst Carlo hatte sich nicht gemeldet. Es war so erschreckend einfach alleine zu sein.
Oft redete ich mir ein es sei richtig was ich tat und das es mir nichts bedeutete, dass niemand schrieb.
Auch wenn ich mich immer wieder dabei erwischte wie ich angebliche Symptome von ihm googelte, Nächte lang wach lag und auf eine Nachricht von irgendjemand wartete.
Ich hatte sogar einmal seine Mutter auf ihn angesprochen. Sie hatte geraden ihre Bücher eingepackt und lauthörbar nach Luft geschnappt. "Ich weiß er hat dir einiges verschwiegen, aber er hatte nur Angst. Meinst du nicht du solltest ihn besuchen und mit ihm alles bereden? Es wäre für euch beide besser." Ich hatte während sie sprach die ganze Zeit nur auf die Tafel gestarrt und Puzzelteile zusammengefügt. Welche die ich gerade gefunden hatte. "Er wusste von Ihnen meinen Namen und er war auch deshalb in der Schule? Er war wegen Ihnen hier, weil sie Aufsicht in der Bibliothek hatten oder?" Sie bejahte meine Fragen mit der Betonung, dass ihr mein Name aus dem Mund gerutscht sei. Schon seit einem Monat. Nach diesem Gespräch verließ ich das Schulgebäude. Ich steckte mir Kopfhörer in die Ohren und Joggte der Straße entlang. Meine Füße versanken oft im tiefen Schnee, desto trotz lief ich weiter. Der Wind schlug mir ins Gesicht. Aber ich musste weiterlaufen, damit die Maske hielt.
Ein paar Tage darauf hatte mich Lu dann gefragt was ich machen werde. Sie meinte damit, ob ich abschließen werde oder kämpfen. Ich antwortete ihr das ich mit ihm abschließe und am gleichen Tag war ich noch im Krankenhaus und fragte nach seiner Zimmernummer.

"Alaska!" , rief mir Ben von weitem zu und ruckartig drehte ich mich von der Information weg. Kurz entschuldigte ich mich bei der Sekretärin und rannte auf Ben zu, um ihn zu umarmen. Er war viel größer als Carlo, dennoch kannte er mich genauso gut wie er. "Du bist gekommen", meinte er und lächelte über sein ganzes Gesicht. Seine linke Hand steckte er in seine Jackentasche und mit der rechten hielt er meine fest. Erschöpfung prägte sein Gesicht und sein sonst so wohl gepflegtes Haar hing im in sein Gesicht. "Wir dachten alle du kommst nicht mehr." Er fing an zu laufen, während er erzählte und zog mich sich nach. Seine Schritte waren groß, sein Tempo allerdings langsamer als gewöhnlich. Aus dem alten Ben war nach nur einer Woche eine ganz andere Person geworden. "Wer ist wir?", fragte ich und sah zu ihm auf. Sie warteten auf mich, meldeten sich dennoch nicht. Ein paar mal hustete er, bevor er sich wieder fing. "Unsere kleine Gang, alle bis auf Carlo. Er hat uns sogar 'verboten' dich zu treffen. Dieser Kerl hat kein Vertrauen in uns." "Wegen seiner Krankheit, von der ich nichts wissen darf?" Ben bestätigte meine Verdacht und lief weiter. Das ganze Krankenhaus war so leer und weiß nur einzelne Gestalten liefen uns entgegen. Manche von ihnen lächelten, anderen sah man es an wie sehr ihre Krankheit sie mehr und mehr mitnahm. Zwischen ihnen einzelne Ärzte. Ich presste meine schwarze Tasche an mich heran und umfasste Bens Hand immer fester. "Hier liegt er", gab er mir bekannt, als wir vor einer Tür stehen geblieben waren. "Kommst du mit?", fragte ich und hoffte dabei inständig auf ein Ja. Dennoch wurde mir spätestens, als er meine Hand losließ und sich weiter hinten auf einen Stuhl lehnte klar, dass ich alleine dadurch musste. Ohne anzuklopfen betrat ich das Zimmer, wobei ich nicht aufhören konnte zu zittern. Mein Herz hörte auf zu schlagen, als ich ihn in dem Bett erblickte und schlug darauf tausend mal schneller weiter. Erschrocken setzte er sich auf und musterte mich. "Ein wunderschöner Traum", flüsterte er und kniff seine Augen zusammen. Als er mich mit offenen Augen, jedoch immer noch sah, kniff er sich in den Arm. "Alles okay?", fragte ich und lief auf ihn zu, um mich neben ihn aufs Bett zu setzen. "Du bist da", meinte er und pickste mich in die Seite. Erschrocken fuhr ich hoch. "Tatsache", murmelte und ein Lächeln zierte sein Gesicht. "Wie geht's dir so?", fragte ich und setzte mich zu seinen Füßen ins Bett. "Gut würd ich meinen." "Setzt diese verdammte Maske ab und sag mir endlich was los mir dir ist", forderte ich ihn auf, doch er blieb stumm sitzen. Neben sich auf dem Nachttisch stand ein einziges Bild von unserer Gang sonst war alles leer. Hier stand nur dieses Bett, einige Geräte an die er angeschlossen war, ein Fenster und ein Tisch. Sonst war alles clean und weiß. So war er nicht. Ihm ging es nicht gut. Kein bisschen. "Warum sagst du mir nicht einfach was los ist?" Wieder blieb er nur still sitzten. Er zog sich seine schwarze Mütze tiefer ins Gesicht, seine Beine an die Brust und fing an zu zittern. "Ich weiß nicht was du hast. Aber alle aus der Gang wissen es, deine Eltern auch aber trotzdem erklärt es mir niemand auch nur ein wenig. Ich möchte es doch nur verstehen. Wenn du mich auch nur jemals gemocht hast, dann kannst du mir doch die Wahrheit sagen." Seine Augen hörten während meiner Worte auf zu glänzen. Er wirkte so zerbrechlich. "Carlo setz endlich diese scheiß Maske ab. Ich möchte den echten und einzigen Carlo sehen."
Denn den ich so sehr mochte. Er fuhr seinem Kin entlang, sagte aber weiterhin nichts, weshalb ich aufstehen wollte, bevor ich es tat hielt er mich davon ab. "Alaska...ich werde sterben." Ich hörte das klirren seiner Maske. Sie zersprang am Boden und sein wahres Gesicht kam hervor und dann fiel meine und ich fing an zu weinen. "Ich werde niemals 26, ich werde niemals Kinder bekommen und ich werde niemals erwachsen." Seine Hand griff nach meinen und er erklärte mir weiter warum er mir nichts gesagt hatte und immer mehr verstand ich es. "Wer will schon etwas mit einer Person zu tun haben, die keine Zukunft besitzt? Ich wollte doch nur glücklich mit dir sein." Ich lehnte mich vor zu ihm und umarmte ihn so fest ich nur konnte. Plötzlich existierte nicht nur seine Zukunft nicht mehr sondern auch meine war verschwunden. "Sie können mir möglicherweise noch einige Jahre schenken. Die Ärzte und Co. Mit Chemo und Bestrahlung und so Zeug. Bislang habe ich mich dagegen gewehrt, weil ich mein Leben nicht so verbringen will, aber anscheinend ist das meine letzte Chance überhaupt auch nur ein weiteres Jahr zu haben." Er erklärte mir noch viel über seine Krankheit. Solange bis es draußen schon dunkel war. Anscheinend hatte er den Kampf gegen den Krebs schon einmal gewonnen, aber er war zurück gekommen. Ein Rückfall konnte immer passieren und das tat er auch. Der Kebs kam und kam immer wieder.
Ich hörte ihm zu, legte meinen Kopf auf seine Brust und hörte seinem Herschlag zu. Er lebte noch. Sein Herz schlug und es war stark. Er würde ihn wieder besiegen und auch erwachsen werden. Er müsste nur kämpfen. Für eine Zukunft mir mir.
"Ich habe was geschrieben, willst du es lesen?", fragte ich ihn und er nickte. Seine Augen hatte er nur noch einen Spalt offen. Er war so unglaublich müde. Das nahm ich damals nur nicht richtig war.
Ich öffnete meine Tasche und nahm die ersten Blätter meines ersten Buches heraus um sie ihm zu überreichen. "Das hast du alles allein geschrieben?", fragte er, wobei seine Augen öfters zufielen. "Ja. Es ist der Anfang  einer längeren Geschichte." "Ein Buch?" Ich zuckte die Schultern. "Vielleicht." "Über was handelt es?" "Über dich." Ungläubig sah er die Seiten an und las einige der Zeilen. Er blätterte durch und sah zu mir auf. "Es ist unsere Geschichte. Nur das ich Tim und du Jana heißt." Eifrig laß er die erste Seite durch und legte es dann beiseite. "Laska, sei mir nicht böse. Deine Geschicte ist Hammer. Du schreibst wie ein A..a..Autor, genau Autor. Du schreibst wie ein echt alter und weißer Autor, aber ich bin so m..mü..müde. Ja genau ich bin müde. Ich werde es morgen weiter lesen und du bekommst sofort ein Feedback, wenn ich fertig gelesen habe." "Okay, schlaf gut." Langsam stand ich auf und hängte mir meine Tasche, um die Schulter um aus dem Zimmer zu verschwinden, die Türe leise zu schließen und Luciana mit einer SMS die wichtigsten Informationen zu erklären.
>>Sag es niemand. Aber er wird sterben. Er ist möglicherweise morgen schon nicht mehr lebendig. Er hat Krebs.<<

Der Maskenball (Cro Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt