Ich schlug die Augen auf und schnappte nach Luft. Mein Kopf war voller Gedanken, die sich nicht zusammenreimen wollten. Ich beugte mich leicht vor und kniff meine Augen zusammen, die sich mit Tränen füllten. Nur den Motor des Autos hörte ich, der Rest verstummte unter ihm. Tief holte ich Luft und fing mich langsam. Mit meinem Handrücken wischte ich die einzelnen Tränen aus dem Gesicht und blickte zu Leo hinüber, welcher mich besorgt musterte. Immer wieder glitten seine Augen meinem Körper entlang und eigentlich hätte er sich doch auf die Straße konzentrieren sollen. "Geht es dir gut?", fragte er mich und griff nach meiner Hand. Mein Blick blieb starr auf ihm liegen, als er sich schon wegwendete. In meinem Kopf drehte sich alles. Das Wort gut hüpfte auf und ab. Im Grunde genommen ging es mir nicht schlecht, aber um Gottes Willen auch nicht gut. Mein Instinkt riet mit dennoch an, genau das zu behaupten. Ich tat es aber nicht. Ich wollte doch leben und zwar genauso wie ich war. Möglicherweise war er meine zweite Chance."Ich fühle mich so leer und ich weiß nicht wie ich das ändern kann." Ich ließ meinen Traum vor meinem Inneren Auge erneut ab. Er ging vorwärts, rückwärts auf und ab, allerdings blieb die Antwort aus wieso ich damals glücklich war. Eigentlich sah ich immer nur ihn. Immer und immer wieder. Sein braunes Haar, seine Frisur die perfekt saß und seinen Blick. Ich vermisste seine Stimme.
"Weiß du ich habe Freunde und ich habe dich", fing ich an, wobei die Wörter einfach aus mir herauskamen. Nachdenken wurde plötzlich rein Nebensächlich. "Aber auch wenn ich gerne diese Geborgenheit bei Ihnen fühlen würde. Ich tu es nicht. Meistens lächle ich nur nett und versinke innerlich in meinen Gedanken, denke über die Arbeit nach. Weil ich weiß, dass meine Geschichten niemand interessiert. Weil ich weiß ich bin langweilig und auch wenn ich mich scheiße fühle. Ich weiß, dass mich niemand versteht. In diesen Momenten bleib ich genau deshalb einfach still. Der einzige Mensch, der mir das Gefühl gibt etwas zu sein ist Kilometer weit von mir entfernt und weiß das wahrscheinlich nicht einmal. Ich fühle mich von allen verlassen. Sie sind alle noch gegangen und du wirst es auch tun. " Das Thema driftete immer weiter von Carlo und meinem Traum ab. Möglicherweise war er nie das wesentliche Problem gewesen. Er war nur eines davon. "Ich mag es wenn du meine Hand hälst, aber das gestern war doch nur ein Kuss. Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Alles verwirrt mich so. Die Zukunft, die Vergangenheit und das hier gerade ." Meine ganze Unsicherheiten legte ich ab. Ich wollte Klarheit. Das ich seine Hand aber gerne an meiner Wange gefühlt hätte, ließ ich weg. Es war doch nur ein Kuss. "Ich weiß nicht was es war", sagte er dann. "Vielleicht war es nur um den Verlust zu verkrampften. Möglicherweise aber auch viel mehr. Ich verspreche Ihnen aber nicht zu gehen." Und da war sie wieder die Höflichkeitsform. Ich wollte mich beschweren. Ihm erklären, dass das noch jeder von ihnen versprochen hatte, aber ich trotzdem alleine auf den Boden vor seinem Auto gelegen hatte. Niemand war bei mir gewesen. Stattdessen nickte ich und schloss das Gespräch mit einem 'Okay' ab. Ich war es einfach leid etwas zu erklären. Im Grunde genommen war ich mein Leben leid. Zuerst flog ich und dann vergaß ich wie das funktionierte und knallte auf den Boden. Nach jedem Aufprall starb ich mehr. Die Organe in dem Körper wurden zerstört, konnte nur niemand sehn, also tat es doch nicht weh und dann sollte ich trotz den vielen Verletzungen glücklich durch die Welt schreiten. Mit einem Lächeln im Gesicht diese immer gleiche Arbeit erledigen und nur das Anziehen, was befohlen wird. Der Perfektion nach hängen, die uns alle gleich machte. Sie nannten das Leben, es hieß Leben, doch wir lebten nicht. Es war ein Lebloses Leben."Der Tag am See gestern war schön", murmelte ich während ich meine Füße auf dem Armaturenbrett niederließ. "Das Auto kostet mehr als ihre ganze Wohnung, Füße runter", knurrte er mich an und fuchtelte mit seiner Hand wie wild um sich. Wiederwillig tat ich was er sagte. "Meine Wohnung kostet mehr als ihr dummes Auto", beschwerte ich mich und verschränkte meine Hände vor der Brust. "Aber wenn dann nur mit der Einrichtung." "Ihr Auto sieht ohne Motor auch ziemlich alt aus." Ich drücke auf den Einschaltknopf des Radios und der letzte Tackt des Liedes wurde gespielt. Das war doch... "Mein Auto sieht auch ohne Einrichtung toll aus." Mit einem Knopfdruck verstummte die Melodie. "Meine Wohnung auch und apropo", lenkte ich von meiner Verwunderung ab. Diese letzten Takte ich kannte sie doch. Es lag mir auf der Zunge. "Apropo sollte ich auch langsam wieder heim. Ich muss noch mit Vanessa reden." Müssen und sollen oder doch wollen? Im Moment stand ich neben meinem Leben. Ich sah meiner Hülle zu wie sie traurig durchs Leben stampfte und sich zum Affen machte. "Vanessa?", fragte er und schielte zu mir hinüber. "Eine Freundin, sie zieht bald weg." Sie wollte auch ewig bleiben. Wir waren beste Freunde, aber sprachen zurzeit nicht mehr miteinander und sie siezen mich wieder. "Die die mich zuvor angerufen hat? Woher hat sie überhaupt meine Nummer?" "Hab ich ihr gegeben. Darf ich wohl oder?" Er überlegte kurz, verzog sein Gesicht, steigerte das Tempo des Autos bevor er auch nur ein Wort dazu sagte. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. "Klar, gib doch gleich der ganzen Welt meine Nummer. Ist mir nur recht, wenn Leute bei mir anrufen und sich über das Produkt das meine Firma herstellt bei mir beschweren, weil sie davon mehr erwartet haben. Habe eh nicht so viel zu tun." Ich versank im Sitz. Darüber hatte ich nie nachgedacht. Immerhin war es Vanessa und ich ging davon aus, dass sie diese Nummer nicht weiter geben würde. Seine Worte ließen bei mir jedoch Bedenken aufkommen. Sie müsste es nur jemand weiter geben und der jenige auch nur einem einzigen und der auch nur einer Person und daraufhin müsste Leonardo sich eine neue Nummer besorgen. "Es tut mir leid", gab ich kleinlich bekannt "Ich habe darüber nicht nachgedacht." "Denken Sie auch irgendwann mal nach? Frau Lunack wirklich, Sie müssen Ihre Entscheidungen besser überdenken."
Das Auto parkte vor dem Wohnblock und der Motor verstummte. Herr Mudrack stieg aus dem Auto aus und ich tat es ihm gleich. Es war komisch vertraut mit ihm zu reden und dann war er doch so distanziert zu mir. Immer wieder wechselnde er zwischen du und Sie. Manchmal nannte er mich Alaska und viel zu oft Frau Lunack. Sein Verhalten deutete mir an, dass er nichts von mir wollte und dafür hatte ich ihm zu viel erzählt.
"Auf wiedersehen", hauchte er an mein Ohr, während er vor mich trat und meine Gefühle über den Haufen wurf. Er verwirrte mich. "Was machst du?" Er zuckte mit den Schultern und legte seine Hand auf meine Wange. Ein wolliges Gefühl machte sich in meinem Bauch breit und meine Wange fing an zu kribbeln. Ich musste schlucken. "Ich versteh dich nicht. Nicht ein bisschen." "Musst du nicht. Ich versteh es ja auch nicht. Weniger als du." Ich lehnte mich an sein Auto während seine Stirn meine berührte und seine Augen in meine sahen. Die Sonne ging hinter uns langsam unter und ein rötliches Licht erhellte den Himmel. Zwei Sachen wusste ich in diesem Moment sicher, er war total mein Typ aber doch nur ein Lückenfüller. Seine Lippen streiften meine und dann küssten wir uns. Er ließ seine Hände auf meiner Taille ab und lächelte leicht. "Ich sollte jetzt gehen", erklärte ich und zwang mir ein Lächeln auf, als er sich löste. "Es ist schon spät. Vanessa wartet ." Er nickte verständnisvoll und entfernte sich von mir, um später in sein Auto zu steigen. Ich wartete bis er weggefahren war bevor ich mir meine Hand auf die Stirn schlug und mich dafür verurteilte ihn nicht weggestoßen zu haben. Ich wollte ihn nicht verletzen. Doch genau das würde ich tun, oder er würde mich verletzen. Gut aber würde es nicht ausgehen. Selbst wenn das ein Traum gewesen wäre.
Ich öffnete die Türe und lief die Stufen im Treppenhaus hoch. Doch bevor ich die Wohnungsüre auch nur öffnen konnte, öffnete sie sich selbstständig und blaue Augen sahen mir freudig entgegen. "Du hast es gesehen", beteuerte ich und sie nickte. "Dein Chef also", sie zog ihre Augenbrauen hoch und quietschte fröhlich vor sich her. " Und bevor du sagst da läuft nichts. Ich weiß alles, ihr habt den ganzen Tag zusammen verbracht und du hast nur ein T-Shirt an. Das sagt mehr als genug." Grinsend betrachtete sie mich und zog mich in ihre Arme. "Das ist ein Fortschritt." "Nein." Ich befreite mich aus ihrer Umarmung. "Nein, ich trage immer noch sein T-Shirt, ich träume immer noch von ihm. Er ist allgegenwärtig. Es ist gleich wie zuvor. Nichts ist besser wie zuvor. Außerdem hat er mit nur geholfen." Sie strich mir eine Strähne hinters Ohr. "Es ist ein Fortschritt, du hast jemanden geküsst und wirklich niemand verlangt das du jetzt gleich damit klar kommst und Carlo vergisst. Wir sind immer für dich da." Ich nickte und sie schlang mich wieder in eine Umarmung. Jeder von ihnen verlangte, dass ich abschloss und das am liebsten schon vor drei Jahren.

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Der Maskenball (Cro Ff)
Romance"Wenn du aufhören würdest daran zu denken, würde es nicht mehr so schmerzen." "Das geht aber nicht. Ich kann nicht." . Ich hielt an der Vergangenheit fest, weil ich Angst vor der Zukunft hatte und die Mas...