Wortlos saßen wir nebeneinander und sahen gerade aus in den großen Spiegel vor uns. Wie sahen einfach gerade aus und taten nichts. Was hätten wir auch tun sollen, außer gerade aus zu starren?
Mit ihm alleine in einem Raum zu sein, war etwas seltsames. Früher wäre so etwas total normal gewesen, wir hätten in leeren weißen Raum lachen können wir hätten dafür nur uns gebraucht, doch in diesem Moment waren wir nur noch Bekannte. Damit ich hätte Lächeln können, hätte er mich schon dazu zwingen müssen. Ich fühlte mich, als hätte ich den Jungen neben mir noch nie gesehen und doch war er einmal mein bester Freund gewesen. Ben was ist mit uns nur passiert? Durch den Spiegel musterte er mich und lächelte leicht, ich allerdings ließ meinen Gesichtsausdruck unverändert. Ließ die Gefühle nicht an die Oberfläche dringen. Ewig würde das nicht funktionieren, dessen war ich mir bewusst. Allerdings wollte ich sowieso nicht lange bei ihm bleiben. Johanna sollte noch mit ihm reden, dann würden wir wieder gehen. Er würde ihr helfen können und dann waren wir weg. Für immer. So war der Plan. Leicht und simpel, aber er kannte ihn nicht und fing an zu sprechen. "Warum bist du wieder hier?" Und die Gefühle quollen über. Seine Stimme löste irgendwas in mir aus. Ein vertrautes und wolliges Gefühl machte sich in mir breit. Etwas was ich nicht beschreiben konnte und gleichzeitig so viel Trauer kam zum Vorschein. 'Nimm mich in den Arm', schrie ihm meine innere Stimme an, doch um ihn wirklich in die Arme zu schließen war ich nicht bereit. Wäre ich wahrscheinlich nie gewesen. Seine Hand griff nach meiner und für eine Sekunde drückte er sie, bevor ich sie wegzog und nach Luft schnappte. Er wollte mir helfen. Diese Hilfe jedoch wollte ich nicht annehmen. Ich hätte im Auto sitzen bleiben sollen. Die Maske passte perfekt zu mir. Perfekter als jedes richtige Gefühl. "Es wird nie mehr so wie früher zwischen und werden oder?" Sein Blick streifte meinen und schüchtern nickte ich. Nie mehr, eine ewig lange Zeit. "Was ist nur aus uns geworden?" Die Frage die er stellte war nicht an mich gerichtet sondern eher an sich selbst. Auf eine Antwort schien er nicht mehr zu hoffen. Mit seiner Hand fuhr er durch seine Haare. "Ich dachte das hier wäre für immer. Aber..." Seine Worte verstummten, dann schüttelte er seinen Kopf. "Es gibt kein wir mehr. Nur noch ein du und ein ich. Ach, Laska wie konnte es nur so weit kommen?" Die Frage schwebte im Raum. Wie konnte es denn so weit kommen? Was hatten wir getan, dass es so weit gekommen war? Wer war daran schuld? Er, ich oder dieses wir welches nicht mehr existierte? "Masken absetzen, abschließen und so Zeug", murmelte ich und spielte mit meinen Fingern, während ich seinem Blick auswich. Denn auch wenn er jetzt ein wenig Hoffnung sah, war das dritte Wort meiner Aufzählung ein Beweis dafür, dass es keine Hoffnung für uns gab. Diese Freundschaft war vorbei. Schon vor zwei Jahren. Wir hatten keine Zukunft. "Darum bin ich hier", verfolständigte ich meinen Satz und stand auf. Es war so als hätte ich ihm diese Antwort noch geschuldet, denn eine Last fiel von mir. Jetzt wollte ich nur noch gehen. Ich konnte ja trotzdem in mein Auto sitzen und dort warten. Das hier musste nicht sein. "Laska", hauchte er mir ans Ohr worauf ich mich umdrehte. Das er aufgestanden war, war mir bis dahin nicht aufgefallen. In Gedanken gefangen bekam ich das nicht mir. Jetzt stand er mir jedoch so nah wie selten zuvor. "Geh bitte nicht." Er legte seine Hand auf meine Schulter. "Du kannst die ganze Zeit schweigen, wenn du willst. Ich werde auch schweigen, wenn du das so möchtest. Aber bitte geh jetzt nicht wieder. Ich mach alles was du willst." Verzweifelt bettelte er mich an zu bleiben und verzweifelt willigte ich ein.
Ein schüchternes Lächeln zierte sein Gesicht und leise fragte er in den Raum, ob er denn etwas für mich tun könnte. Irgendwas müsse es doch geben. Er meinte er würde es tun und ich hatte ihn gefragt, ob er mich in den Arm nehmen könnte. Er nickte und bald darauf standen wir in dem Raum vor dem großen Spiegel und umarmten uns stumm. Seine Nähe war etwas was ich so lange vermisst hatte, etwas was ich mir nicht eingestehen wollte, dass ich es vermisst hatte. Ich atmete seinen Duft ein und die Bilder kamen wieder zurück. All diese Erinnerungen. Er war fast immer dabei gewesen. Sogar bei seinem Sprung.
Ruckartig löste ich mich von ihm und sah ihm in seine rötlichen Augen.
Er hatte geweint und ich wusste genau an was er gerade dachte. "Fast drei Jahre her", beteuerte er, wobei er die letzten Worte beinahe verschluckte. Es gab damals ein heute, ein morgen und seinen Todestag. "Es tut mir so leid", murmelte er anschließend. Ich nickte ihm entgegen. Das hier tat vielen leid. Dabei kannten die meinsten nur meine Geschichte und nicht mich. Ich war doch stark wie konnte ich jemand leid tun? Ich war schwach traurig armselig ruiniert und kraftlos. Ich hätte ihnen nicht leid tun dürfen. Ich war doch stark. "Reden wir nicht über ihn." Der Boden sah plötzlich so interessant aus. Zu interessant um nicht auf ihn zu sehen. "Ich träume schon oft genug von ihm." Er musste schlucken und nahm mich ein weiteres Mal in den Arm. Seine Wärme war atemberaubend. Er war so ein toller Mensch. Hatte den besten Charakter von allen. Er war einfach nur Ben. "Kleine", sagte er leise. Wie ich es liebte wenn er so etwas sagte. Ich war nun eben kleiner als er und ich fand es total süß von ihm. Möglicherweise gehörten wir doch noch irgendwie zusammen. "Wann hat es wieder angefangen?" Einen Moment dachte ich nach. Es hatte vor drei Monaten angefangen, als ich Ben in der Zeitung gesehen hatte. Stella auf einem Plakat und Lus Name in den Nachrichten erwähnt wurde. Es hatte angefangen, als die Menschen die mir wichtig gewesen waren, wieder in meinem Blickfeld aufgetaucht sind. Alle von ihnen hatten etwas erreicht und ich krabbelte noch auf dem Boden. "Du warst in der Zeitung. Weißt du das? Das Modelabel von dir kommt gut an."
"Ich verstehe dich nicht ganz. Was hat das damit zu tun?" "Ich meine es hat angefangen, als ich dich gesehen habe. Da habe ich wieder angefangen von ihm zu träumen und da habe ich aufgehört zu schreiben. Diese Träume sie rauben mir die Nerven." Ausatmen und hinsetzen. Genau das taten wir nach dem Satz gleichzeitig. "Dann bin also ich daran schuld."
Nach seinem Satz saßen wir lange einfach wieder nur so da. Vielleicht war wirklich er daran schuld das es mir so schlecht ging. Weil er sein Gesicht in der Öffentlichkeit zeigte. Aber dafür konnte er ja nichts.
Niemand konnte die ganze Zeit mit einer echten Maske herum rennen. Sogar Sido ließ sie fallen.
Wenn jemand daran schuld war, dann ich weil ich meinen Problemen nicht gestellt hatte. Wegrennen brachte halt doch nichts.
"Seid ihr noch mit Lucca und co befreundet?", fragte ich, wobei ich mich an seiner Schulter anlehnte, erneut seinen Duft einatmete der mich umhüllte. "Klar. Wir sind immer noch die kleine Gang, die du verlassen hast. Außer dir ist niemand gegangen. Aber mach dir deshalb keine Vorwürfe wie verstehen alle, dass du Abstand brauchtest." "Brauch ich ihn denn jetzt nicht mehr?" "Nein, jetzt brauchst du sogar Nähe. Du willst doch abschließen oder? Alleine schaffst du das aber nicht." Seine Worte trugen so viel Wahrheit mit sich. Ich steckte doch schon Jahre fest. Weitergekommen war ich nicht. "Aber ich will sie erst nach seinem Todestag sehen. Davor
schaff ich das nicht." Er schlang einen Arm um meine Schulter und drückte mich an sich heran und möglicherweise war es dann doch so wie immer zwischen uns gewesen. Locker und leicht. Ihm konnte ich meinen Kummer Beichten. Er war immer noch der Ben von damals.
Nur ich war eine andere Alaska als zuvor.
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Der Maskenball (Cro Ff)
Romance"Wenn du aufhören würdest daran zu denken, würde es nicht mehr so schmerzen." "Das geht aber nicht. Ich kann nicht." . Ich hielt an der Vergangenheit fest, weil ich Angst vor der Zukunft hatte und die Mas...