Das Leben ist ein Spiel. Ein langes, vielfältiges aber auch unfaires Spiel. Das Schicksal mischt die Karten durch und das Glück endscheide welche du bekommst. Das Ziel ist relativ simpel. Überlebe so lang du kannst. Regeln gibt es keine, dafür aber schlägt dir das Leben in dein Gesicht fest und oft. Es will dich am Boden sehen und sobald du wieder die Kraft findest aufzustehen schlägt es noch fester zu. Irgendwann bist du voller blauer Flecken, liegst am Boden und findest die Kraft nicht aufzustehen und in diesem Moment ist es die eine Frage. Lohnt es sich überhaupt noch weiter zu machen?
"Klar, lohnt es sich", hallte seine Stimme durch das ganze Auto. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und betrachte ihn von der Seite aus, während er sich weiterhin auf die Autobahn konzentrierte. Stundenlang waren wir gefahren und er hatte mich einfach schlafen gelassen. Er wusste, dass ich es brauchte. Wörter hatten wir keine gesprochen. Aber das mussten wir auch nicht. Um zu fahren war es nicht notwendig gewesen. Jedoch hatte ich genau deshalb keinen Plan wo wir hin wollten. Doch solange wir uns bewegten war mir dies egal. Stehengeblieben war ich schon viel zu lange.
"Was lohnt sich?", fragte ich neugierig und zog eine Augenbraue nach oben. Seine Antwort blieb aus, worauf ich meinem Blick nach draußen wendete. Auf die Felder blickte und mir einredete die Wört nur eigebildet zu haben.
Die letzten Tage hatten mich verrückt gemacht. Alles was passiert war, war verrückt. Sonst wäre ich wohl jetzt nicht hier gewesen. Der Alkohol hatte mir zugesetzt. "Sie haben gefragt, ob es sich lohnt weiter zu machen und ich habe Ihnen ihre Frage beantwortet. Gern geschehen", meinte er, zog seine Mundwinkel zu einem kurzen Lächeln und ließ die Autobahn einen Moment unbeachtet, um mich anzusehen und mir einen starren Blick zu widmen. In diesem Moment wirkte er eingeschüchtert und unsicher ob er gerade das richtige tat, doch sobald er wieder gerade aus blicke schien alles was er tat gut zu sein und vor allem richtig ."Wann habe ich das gesagt?" Verwunderung spiegelte sich in meinen Worten wieder und ein kurzer Grinser huschte über sein Gesicht. Ich schien ihn zu amüsieren, dennoch zu wenig um länger zu lächeln. "Sie sprechen im Schlaf." "Was hab ich gesagt?", brach es aus mir heraus. "Vieles, Frau Lunack. Sie haben vieles gesagt." Ich ließ mich tief in den Sitz sinken, während ich meinen Kopf senkte und den Boden betrachtete. Dabei fiel mir mein Pyjama auf. Außer einem viel zu großen Shirt und meiner Unterwäsche trug ich nichts. Sogar meine Schuhe hatte ich vergessen. Betrunken sollte ich mein Haus nie wieder verlassen. "Und was war die Frage, die ich Ihnen gestellt habe?" Seine Hand trommelte auf dem Lenkrad und ein mir sehr bekannter Takt drang zu mir durch. Welches Lied es aber war, blieb mir ein Rätsel. "Die genaue Frage die Sie gestellt haben, kann ich nicht wiederholen", beteuerte er und setzte fort "Aber den Inhalt kann ich Ihnen zitieren." Der schwarze Benz blieb an einer Ampel stehen und unsere Augen trafen aufeinander. Sein Mund bewegte sich und nur Sekunden Später hörte ich seinen Worten zu. Seine Stimme war so beruhigend, obwohl seine Gesicht mit Besorgnis gezeichnet war. "Sie haben gefragt, ob man wieder aufstehen sollte, wenn man immer wieder auf den Boden fällt. Die Antwort ist ja." Mit diesen Satz beendete er seine Rede und fuhr als es grün leuchtete weiter. Dann sprach niemand mehr.
Ich lehnte mich ans Fenster an und schloss meine Augen, während ich langsam bemerkte, wie der Alkohol keine Folgen mehr auf mich hatte. Ich war bei all meinen Sinnen und bereute all meine Entscheidungen. Ich bereute es weggerannt zu sein, auf der Straße zusammengebrochen zu sein, in diesem Auto zu sitzen und die Kündigung. Alles was sich als Notwendig heraus stellte, war falsch gewesen. Der Alkohol hatte mich beeinflusst. Mich Sachen machen lassen, die ich nie für richtig gehalten hatte.
"Lunack", riss mich mein Chef aus dem Gedanken und mein Blick wendete sich von den Feldern ab, ab von der Freiheit, die sie verkörperten, hin zu Mudrack, der genau das Gegenteil von dem allen zu sein schien. "Hören Sie mir überhaupt zu?" Mit meiner Hand umfasste ich den schwarzen Gurt bis sie anfing weh zu tun. Ich musste bei mir bleiben. Den Gedanken konnte ich auch später nachhängen. Er war mein Chef ich hätte mich professionell verhalten sollen. "Entschuldigen Sie vielmals, aber...", begann ich meine Rechtfertigung zu allem. Weiter aber kam ich nicht. Nicht weil ich nicht wollte, aber er ließ es nicht zu. Er wollte nicht, dass ich sprach. Mudrack wollte seinen Worten Ausdruck verleihen nicht meinen. Meiner Entschuldigung wollte er keine Sekunde Aufmerksamkeit widmen. Sie war einfach zu unwichtig. Er hatte anscheinend andere wichtigere Dinge zu verkünden und das tat er auch, als er seinen erneut Mund öffnete.
"Sie sind gefeuert."
Ein Schlag ins Gesicht und ich fiel auf den harten Asphalt. Dabei war ich gerade erst aufgestanden.
Sein Blick blieb starr auf die Straße gerichtet, er sah mich nicht auf der Straße liegen, während ich nach der Luft schnappte und die Wörter in meinem Kopf sammelte. Er zerstörte mein Leben. Aber war nicht genau diese Entscheidung, dass was ich wollte? Eigentlich hatte ich ihn genau darum gebeten. "Ich dachte wir reden noch darüber", stammelte ich und schluckte schwer. Ein Klos bildete sich in meinem Hals. Das hier sollte nicht sein. Ohne Geld konnte ich nicht überleben. Ich brauchte diesen Job. Auch wenn ich in verabscheute, jede Sekunde in diesem Büro hasste, aber ich brauche ihn. "Sie wollten doch kündigen?", meinte er beiläufig und blinkte nach rechts, um die nächste Abzweigung zu nehmen. "Ich war betrunken. Dieser Job ist mein Leben", beteuerte ich leise. Diese Tatsache war traurig auszusprechen. Es hätte mehr geben sollen, als etwas das ich eigentlich hasste. Mein Leben verlief nicht nach Plan. Was war aus ihm geworden? Er war doch so gut durchdacht. Die Reisen und Ziele, die ich hatte, aber schienen in unendliche Ferne zu sein. Irgendwann war der Plan einfach weg gewesen und ich stand zwischen Stapeln von Aufgaben, die ich nicht wollte. "Es tut mir sehr leid, Frau Lunack, aber ich erwartete mir mehr von Ihnen. Ihr Eindruck bis jetzt war zu negativ. Ich brauche jemanden den ich vertrauen kann und das sind nicht Sie." Das Auto blieb auf einem Parkplatz stehen und er drehte sich im Sitz zu mir um. Mitleid hing in seinem Gesicht fest. Warum tat er mir das an? "Ich brauche das Geld. Wie soll ich durch kommen?", fragte ich flüsternd und blickte ihn fragend an. Stille umhüllte das Auto. Wir waren weg von allem und jedem. Nur wir zwei in der Einöde und die Stille erdrückten mich. Ich wollte eine Antwort, aber er kannte sie nicht. Ich kannte sie nicht. Niemand kannte sie.
Ein Klicken erlosch die Leere der Stille, als ich mich abschnallte und aus dem Auto stieg. Mehrere Schritte entfernte ich mich von ihm, bis ich seine Stimme nach mir schreiben hörte. "Frau Lunack! Bitte, verstehen Sie mich doch. Ich brauche jemand anderes. Jemanden, der auch mal arbeitet." Tränen stiegen mir in die Augen und meine Schritte wurden immer schneller. Ich wollte weg. Rannte von allem davon. Stehen bleiben war keine Option mehr, Rennen eigentlich auch nicht, ich hätte gehen sollen. Langsam alles wieder aufstellen. Aber ich hatte Angst davor. "Ich muss auch an die Firma denken", meinte er worauf ich mich zu ihm umdrehte. Die Sonne schien ihm ins Gesicht und ließ mich seine Augenringe erkennen. Sein Ausdruck war erschöpft. Er war die ganze Nacht gefahren, um hier her zu kommen. "Aber ohne diese Arbeit habe ich keine Zukunft mehr." Laut seufzte er auf. "Sie hassten diesen Job. Das sah man Ihnen an. Er war nie Ihr Leben." Ich blieb stehen und er tat es mit nach. Um uns herum war es Windstill. 5 Meter vor mir stand der Anzugträger auf dem Parkplatz und ich stand auf einer Wiese mit nur einem T-Shirt an. Wir beide sahen nicht gut aus. Doch hatten wir beide einen anderen Grund wieso. Seinen Grund kannte ich nicht, aber bald hätte ich ihn erfahren. "Doch dieser Job war mein Leben und genau, dass ist das traurige." Ich wischte mir mit meinem Handrücken die Tränen weg und kniff meine Augen zusammen. Wann würde ich endlich aufwachen können? Ich war in diesem Alptraum gefangen. Jeden Tag aufs Neue und doch wollte ich nur wieder aufwachen. Schritte kamen mir näher, seine Hände legten sich um mich und sein Duft stieg mir in die Nase. Seinen Kopf setzte er auf meinem ab und sah über ihn auf die Felder. "Vertrauen Sie mir, wenn ich sage, es wird besser."
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Der Maskenball (Cro Ff)
Romance"Wenn du aufhören würdest daran zu denken, würde es nicht mehr so schmerzen." "Das geht aber nicht. Ich kann nicht." . Ich hielt an der Vergangenheit fest, weil ich Angst vor der Zukunft hatte und die Mas...