[34] aber

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Flashback

Es war der 31. Dezember. Carlo und ich saßen auf dem Dach des Krankenhausgebäudes und ließen unsere Beine an seinem Rand hinunter hängen. Er hatte seinen Arm um mich geschlungen und erkärte mir gerade den Sinn des Lebens, den er endlich wiedergefunden hatte. Nachdem er ihn so lange verloren geglaubt hatte. Währenddessen starrte ich in die Nacht hinein und fühlte mich neben ihm so geborgen. Ein Lächeln zierte sein Gesicht, als er sich die Zukunft mit mir ausmalte. Eine Zukunft, die es wirklich geben sollte. Denn den Krebs hatte er endlich besiegt  und nun war er schon 22 Jahre alt. 22 Jahre was für ihn ein Alter war, das er niemals hätte erreichen sollen, nachdem er diese Krankheit gehabt hatte . Niemand hätte jemals daran gedacht, dass er den Krebs besiegen hätte können. Nach den Ärzten hatte er nur noch ein bis zwei Jahre nach der Diagnose Zeit gehabt um sein Leben zu genießen. Er war einer dieser Hoffnungslosen Fälle gewesen und doch saßen wir an diesem Tag dort. Es war unser persönliches Wunder und doch wurde er nicht 26 Jahre alt und nach seiner Ansicht somit auch nicht erwachsen.

"Weißt du noch was du mir damals mit 15 gesagt hast? Als wir mit den anderen das neue Jahr gefeiert haben?"
Ich dachte zurück, wie ich mich zu ihm gelegt hatte und er darauf aufgewacht war. Ich hatte ihm entgegen gelächelt und wir waren zu den anderen runter gegangen. "Ihr seid schnell", hatte Ben lächelnd gemeint, worauf er von Nadi einen leichten Hieb auf den Hinterkopf bekam. Dann haben wir uns betrunken und waren nach draußen gegangen. Um Punkt Mitternacht hatte ich dann Carlo gesagt, dass das hier unser Neuanfang war.
"Das wird unser Neuanfang", hauchte ich ihm ans Ohr und er nickte. "Ich hab mir 1000 Wörter zurecht gelegt und dann doch alle vergessen. Ich idiot", beschwerte er sich dann lächelnd und sah mir in die Augen. Die Kälte um mich verschwand und mir wurde wollig warm. Dafür musste er mich nur ansehen. Das allein reichte um mich glücklich zu machen. Es war so einfach mit ihm.
Niemand hätte mich dennoch jemals verstanden, wenn ich ihm versucht hätte, zu erklären was ich für Carlo fühlte. Niemand hätte es auch nur ansatzweise verstehen können. Weil es nicht zu beschreiben war was ich fühlte. "Und dann hab ich auch noch vergessen, das wichtigste zu kaufen. Ein weiteres Jahr will ich aber nicht warten. Wir haben nicht ewig Zeit." Alles in mir spannte sich an. Ich wusste innerlich was kommen würde. Ich wusste was ich sagen würde und doch war ich überwältigt, als er mir eine kleine schwarze Schatulle überreichte. Er kniete nicht auf den Boden, er gab sie mir einfach, während er mir in die Augen sah.
Langsam öffnete ich sie und sah in ihr eine kleines Notizblatt auf dem ein Ring aufgemalt war. Ich musste lachen als ich es sah und gleichzeitig merkte ich wie mir Tränen in die Augen stiegen. "Baby, du musst wissen, dass ich nur dich will. Egal was passiert. Egal wie oft wir uns streiten werden. Laska, mich wirst du nicht mehr los, egal was ist. Willst du dich nun offiziell an mich ketten und mich heiraten?" Seine Worte klangen so verlockend, so ehrlich und doch ging er dann irgendwann. Ich sah auf den aufgemalten Ring, dann in seine Augen und grinste stumm vor mich hin. Ich liebte ihn und ich war definitiv bereit dafür. Ewig hatten wir auch nicht Zeit. Das hatte mir seine Krankheit bewiesen. Jeder Tag hätte sein letzter sein können. Doch die restlich Zeit, die wir hatten wollte ich mir ihm verbringen. Mit meinem Carlo. "Wie könnte ich bei diesem wunderschönen Ring nein sagen?" Ich deutete auf das Blatt und schloss die Schatulle, damit es nicht wegflogen konnte. Ich wollte es für ewig aufbehalten. Nicht jeder hatte so einen tollen Verlobungsring bekommen. "Also ja?", fragte er unsicher nach und ich bestätigte es ihm. "Ja. Carlo ich will deine Frau werden." Seine Lippen trafen auf meine und ich fühlte wie das Glück in mir Aufstieg. Das war der schönste Tag in meinem Leben gewesen.
An dem Platz an dem wir zusammen gekommen waren sich zu verloben, war einer meiner Wünsche gewesen.
Ich fand das total romantisch.
Raketen flogen in die Luft und zerplatzten, als wir uns lösten. Sekt floss und das Neue Jahr konnte beginnen.

Ein halbes Jahr später hatten wir uns wieder auf dem Dach versammelt nur wir zwei und dort auch geheiratet. Niemand war dabei und doch galt es. Es brauchte keinen Pfarrer der sagte, dass wir uns liebten, weil wir es einfach taten. Wir wussten es und das war das wichtigste. "Muss ich jetzt anfangen?", fragte er während er mich anlächelte. Ich nickte während ich seine Hände hielt. Wir standen vor einander, er in einem Anzug und ich in einem kurzen weißem Kleid und sahen uns einfach nur total planlos an. "Was soll ich denn sagen?", fragte er und zog seinen Mundwinkel nach oben. "Sag einfach warum du mich liebst." Er nickte und fing dann an. Sagte Wörter, die mein Herz schneller schlagen ließen. Er wusste wie er mich um den Finger wickeln konnte. Dazu braucht es nicht einmal viel. Er musste mich nur ansehen. "Seit ich dich kenne bist du immer für mich da gewesen. Du bist meine andere Hälfte, wenn nicht sogar meine bessere. Zusammen können wir einfach alles schaffen und ich liebe dich weil du so bist wie du eben bist und dich nicht um die Meinung der anderen kümmerst. Weile du Mich liebst, obwohl ich mich manchmal selbst hasse. Wenn ich dich auch nur ansehe bekomme ich weiche Knie. Zusammen sind wie so unpefekt perfekt. Wenn ich irgendwann alt bin und nicht mehr weiß, dass du meine Frau bist, ich werde mich erneut in dich verlieben. Weil man sich in dich einfach verlieben muss. Wenn ich in die Vergangenheit reisen müsste, ich würde alles dafür tun, damit du mich wieder erkennst. Weil ich dich mehr liebe, als jeden anderen Menschen. Darum will ich dich heiraten." Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich heiratete gerade den perfekten Mann. Wenn auch nicht auf dem Papier. Aber was machte es für einen Unterschied? Wir waren hier, näher beim Himmel, als in der Kirche und versprachen uns einander. Mehr brauchten wir nicht."Carlo. Das hier ist viel zu kitschig. Ich dachte wir wollten es anders machen?" Er zuckte mit den Schultern und drückte mir einen Kuss auf den Mund. "Scheiß drauf. Du bist dran." Ich nickte und fing an zu erzählen wieso ich ihn liebte. Das in Worte zu fassen, aber war schwerer als mancher Aufsatz in der Schule gewesen. Diese Gefühle konnte man nicht beschreiben. Sie waren einfach da. "Carlo Waibel ich habe mich offiziell unwiederruflich in dich verliebt. In deine Art, wie du mich zum strahlen bringst wenn du nur den Raum betrittst, wie du mich ansiehst. Ich habe immer von einer großen Hochzeit geträumt, dann hab ich dich getroffen und nun weiß ich dass ich immer genau das hier wollte. Du hast mir gezeigt wie ich wirklich bin. Ich liebe all deine Ecken und Kanten." Er lächelte und dabei sah er so süß aus. Carlo nahm einen Ring aus seiner Jackentasche, währenddessen ich in meiner Handtasche dannach wühlte. Dann sahen wir uns wieder an. Ringe hatten wir, wir hatten das perfekte Outfit, wir hatten uns. Er steckte mir den Ring an den Finger und murmelte Wörter vor sich hin, die wohl hießen, dass er mich bis zu seinem Tot lieben würde und dann steckte ich ihm den Ring an und sagte das gleiche. Versuchte es zumindest. Dann folgte ein Kuss. Nur einer dafür aber war dieser eine lang und anschließend glänzten seine Augen noch viel mehr, als wir uns lösten. Wir hatten Geheiratet und dann doch irgendwie nicht. "Also ich wäre bereit für die Hochzeitsnacht Frau nicht Waibel", meinte er und ließ seine Hände auf meiner Taille nieder. Was alles passiert war, damit wir hier standen auf diesem Dach war eine Geschichte, die ich gerne jedem erzählt hätte. Bis dahin war sie so perfekt. Es hieß in guten wie in schlechten Zeiten und genau das hatten wir schon vor diesem Tag getan, das wir jetzt damit aufhören würden daran zweifelte ich . Er war immer für mich da und ich immer für ihn. Dieser Kitsch war so furchtbar perfekt, dass es fast schon ein ende finden musste, sodass wir daran nicht zu Grunde kamen. Ich zog seinen Kopf mit meiner Hand zu mir, sodass er nur noch wenige Millimeter von meinen Lippen entfernt war. "Ich auch Herr nicht Lunack."
Und das war der Beginn von den Einladungen, die nicht auf einen sondern auf zwei Nachnamen ausgestellt wurden. Auf Frau nicht Waibel und Herr nicht Lunack. Es war unsere Liebesgeschichte. Unsere einzigartige Geschichte und dabei wusste er gar nicht, wie sehr ich ihn brauchte. Er war wie eine Sucht für mich. Ich war nach einem Menschen, nach seiner Nähe süchtig, dass es fast schon verrückt war. Das hier wäre unser Happy End gewesen. Das hier war das Ende von unserem Buch. Doch nicht von unserem gemeinsamen Leben, dieses hatte erst gerade begonnen. Jede Geschichte hat im Grunde genommen ein Happy End, man muss nur bei der schönsten Stelle aufhören zu lesen.

Der Maskenball (Cro Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt