Kapitel 3

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Als ich die Augen wieder aufschlug, konnte ich noch immer nichts als Schwärze erkennen. Vorsichtig blickte ich mich in dem Zimmer um, in dem ich mich befand, und stieß auch schnell auf die Ursache für die Dunkelheit. Zwar war es helllichter Tag, doch jemand hatte schwere Vorhänge vor ein paar große Fenster gezogen.

An den Seiten fiel allerdings ein kleines bisschen Licht hinein, sodass ich die Einrichtung des Zimmers gerade so betrachten konnte.

Das Bett, in dem ich lag, war riesig und die Matratze unglaublich bequem. An der Wand stand ein großes Bücherregal und auf der anderen Seite des Raumes befand sich eine kleine Sitzecke mit elegant wirkenden Sesseln sowie einem Sofa. Sogar einen golden gerahmten Spiegel entdecke ich an der Wand mir gegenüber, neben der Tür. Allerdings hing er zu hoch, als dass ich mich darin hätte betrachten können. Das fand ich ein wenig schade, denn ich hatte mein Spiegelbild seit Monaten nicht mehr gesehen. Und damals auch nur in einer milchigen Fensterscheibe.

Meine Gedanken kehrten wieder zu dem Zimmer zurück. Alles zusammen war im Einklang wirklich wunderschön und fesselte meinen Blick so sehr, dass ich zuerst gar nicht bemerkte, dass ich nicht die einzige Person im Raum war.

Dann fiel mein Blick auf einen Stuhl mit hoher Lehne, auf dem eine bewegungslose Gestalt saß. Sofort zuckte ich zurück und zog die Decke möglichst unauffällig ein Stückchen über mein Gesicht. Vielleicht konnte ich so tun, als würde ich noch schlafen.

Zu meinem großen Entsetzen beugte sich die Gestalt aber ein wenig vor und sagte mit angenehm weicher Stimme: „Guten Tag." Es war dieser Edward.

Und sofort waren alle Erinnerungen wieder da. Ein Schauer des Ekels lief mir über den Rücken und ich kniff die Augen zusammen. Hatte ich am Ende alles nur geträumt?

Doch dann nahm ich das leichte Brennen an der Seite meines Halses wieder wahr und den Schmerz in meinem Unterleib, auch wenn er nachgelassen hatte. Meine ganze Haut fühlte sich merkwürdig wund an, als sei sie von blauen Flecken nur so übersät. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn.

Es war alles so . . . unwirklich. Aber eines stand fest: jemand hatte mir meine Jungfräulichkeit genommen und . . . mein Blut getrunken. Tränen traten mir in die Augen.

„Weine nicht, hier bist du sicher", sagte der Mann und einen Moment später wurde es heller hinter meinen Augenlidern.

Er hatte die Vorhänge ein Stück zur Seite geschoben. Aber ich wollte kein Licht, ich wollte in der Dunkelheit bleiben, mich darin verkriechen, nie wieder hervorkommen.

Und er hatte mich gesehen. So nackt, befleckt und entehrt.

„Ich werde dir etwas zu essen und zu trinken bringen. Mein Name ist übrigens Edward Cullen", fuhr der Mann fort und ich spürte, wie er mich einen Moment lang betrachtete.

Dann hörte ich, wie sich eine Tür öffnete und anschließend wieder schloss. Erleichtert stieß ich die Luft aus und setzte mich ein Stückchen auf.

Auch wenn ich mich unglaublich beschmutzt fühlte, war mein Körper so sauber wie schon lange nicht mehr. Selbst meine Haare rochen nach einem mir unbekannten, leicht blumigen Duft. Jemand musste mich gewaschen haben und ich hoffte inständig, dass es das Mädchen gewesen war, denn alles andere verursachte mir Übelkeit.

Außerdem trug ich nun ein dünnes hellblaues Kleidchen, das ungeheuer wertvoll wirkte.

Ob ich jetzt bei dem Meister war, von dem die drei Männer geredet hatten? Ob Edward jener Meister war? Bei dem Gedanken wurde mir ganz schwarz vor Augen und ich musste tief durchatmen. Jemand, der solch verabscheuenswürdige Kreaturen befehligte, konnte kein guter Mensch sein. Ein zweites Mal würde ich so etwas nicht durchstehen.

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