Sobald ich das Haus wieder betreten hatte, machte ich mich zügig auf den Weg in das Obergeschoss, um aus dem Fenster zu schauen. Von dort aus hatte ich einen uneingeschränkten Blick auf die Rasenfläche mitsamt des kleinen Toilettenhäuschens hinter meinem Haus.
Isabella stand davor und schaute sich vorsichtig zu allen Seiten um, bevor sie eintrat. Ich hatte das Gefühl, ihr Blick ruhte etwas länger als notwendig auf der Hecke, die sich hinter der Hütte erstreckte.
Etwas in mir warnte mich davor, mich schon zurückzuziehen. Als ich sie vor ein paar Minuten an der Haustür angetroffen hatte, hatte ihr Puls gerast, ihre Wangen waren gerötet gewesen und sie hatte nicht unbedingt den Eindruck gemacht, als würde sie nur die Toilette aufsuchen wollen.
Da steckte etwas anderes dahinter.
Etwa eine halbe Minute verging, bis die Tür langsam wieder aufgedrückt wurde. Im ersten Moment wirkte es so, als habe sie wirklich nur zur Toilette gehen wollen. Doch nachdem sie das kleine Holzhäuschen verlassen hatte, drehte sie sich in die entgegengesetzte Richtung des Hauses und lief zur Hecke, die mein Grundstück von der Straße abgrenzte.
Enttäuschung flammte in mir auf. Sie wollte also tatsächlich die Flucht ergreifen. Was hatte ich falsch gemacht? War ihre Angst vor mir doch größer als die vor Aro und seinen Spießgesellen? Hatten ihr die Kleider, die Alice gekauft hatte, nicht gefallen? Oder war ich zu weit gegangen, als ich sie vor ein paar Minuten gefragt hatte, ob sie Gefallen an mir fand? Hatte sie es falsch verstanden und angenommen, dass ich mich an ihr vergreifen würde und war aus diesem Grund geflohen?
Ich schüttelte den Kopf über all diese dummen und unsicheren Fragen. Seitdem ich Isabella kennengelernt hatte, schwebten in jeder Minute des Tages tausende Fragen durch meinen Kopf, auf die ich keine Antwort wusste. Eine Tatsache, die mich extrem frustrierte.
Während Isabella durch die Hecke verschwand, stieg ich die Treppe wieder hinab und schritt durch die Haustür in meinen Vorgarten. Dort drehte ich den Schlüssel im Schloss der schmiedeeisernen Pforte und trat gleichzeitig mit ihr auf die Straße hinaus.
Eine Pferdekutsche rauschte um Haaresbreite an Isabella vorbei und ich widerstand dem Impuls, an ihre Seite zu laufen und sie in den sicheren Garten zurück zu zerren. Es interessierte mich, wohin sie gehen wollte. Schließlich bestand noch immer die Möglichkeit, dass sie bloß etwas vom Markt holen wollte. Allerdings hätte sie nichts, um es zu bezahlen.
War ihr denn gar nicht bewusst, was für eine riesengroße Dummheit sie beging, indem sie mein Haus verließ? Wut keimte in mir auf. Wieso um Himmels Willen benahm sie sich so leichtsinnig?
Isabella drehte den Kopf für menschliche Verhältnisse schnell von rechts nach links und ich wich wieder ein Stückchen zurück, sodass die Hecke meinen Körper verbarg.
Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass die Luft rein war, begann sie hastig in die entgegengesetzte Richtung zu davonzulaufen, den Blick stur nach vorn gerichtet. Ich hatte keine Probleme, ihr zu folgen, da sie sich kein einziges Mal umdrehte. Je weiter sie sich von meinem Haus entfernte, desto schneller wurden ihre Schritte, bis einige Leute ihr schließlich neugierige Blicke zuwarfen.
Die Straße nahm eine Linksbiegung und erst jetzt verlangsamte Isabella ihr Tempo etwas. Ich meinte sogar zu hören, wie sie erleichtert den Atem ausstieß. Was sie offensichtlich noch nicht herausgefunden hatte, war, dass der Weg, den sie eingeschlagen hatte, sich als eine Sackgasse herausstellen würde.
Ich verkleinerte den Abstand zwischen uns und folgte ihr in die schmale Straße, die beidseitig von Häusermauern eingerahmt war. Nachdem Isabella einige Schritte gemacht hatte, hielt sie schlagartig inne und blieb stehen. Ihr Kopf bewegte sich leicht hin und her, als sie unruhig die Wände um sich herum absuchte, um einen Weg zu finden. Warum drehte sie sich nicht einfach um? Ob sie meine Anwesenheit bemerkt hatte? Meine Versuche, in ihre Gedanken einzudringen, schirmte sie ab und wie jedes Mal ärgerte ich mich kolossal darüber.
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Angst
FanfictionNew York, Mitte des 18. Jahrhunderts - Isabella Swan lebt bei ihrem Onkel, seitdem ihre Eltern einem Raubüberfall zum Opfer gefallen sind. Als sie eines Nachts einen Auftrag für ihn ausführen soll, fällt sie in die Hände übler Vampire, die in ihr ei...