Schon auf dem Flur atmete ich erleichtert auf, denn ein Schlüssel steckte im Schloss. Zwar von außen, aber ich würde ihn einfach herausnehmen und von innen wieder hineinschieben.
Nachdem ich das getan und ihn herumgedreht hatte, sah ich mich erst einmal gründlich im Badezimmer um.
Es war unglaublich. Edward besaß tatsächlich eine richtige Wanne! Sie wirkte ungeheuer wertvoll und es hätte mich nicht gewundert, wenn dieses Material Marmor war. Das große Behältnis stand auf vier pfotenähnlichen Füßen und war beinahe bis zum Rand mit Wasser gefüllt, das einen rosigen Duft im Raum verströmte.
Ich tauchte einen Finger in das klare Wasser und war überrascht, wie warm es war. Wie hatte Edward das geschafft? Er konnte unmöglich das ganze Wasser in kleinen Töpfen erwärmt haben. Dieser Mann gab mir ein Rätsel nach dem anderen auf.
Mein heutiges Kleid hatte Edward auf einen Holzschemel neben der Wanne gelegt. Es handelte sich um ein sehr helles blaues, das sich ungeheuer weich unter meinen Fingern anfühlte. Wieso gab Edward so viel Geld für mich aus? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es seiner Schwester gehörte, denn sie war ein Stück kleiner als ich und immerhin hatten mir die beiden Kleider von gestern und vorgestern wie angegossen gepasst.
Grübelnd entkleidete ich mich und stieg in die angenehme Wärme hinein.
Die Wanne war so groß, dass ich mich ganz ausstrecken konnte. Auf dem Rand standen mehrere Tiegel, deren Inhalt ich als Seife identifizierte. Allen haftete dieser Rosenduft an.
Bevor ich mich allerdings einseifte, saß ich ein paar Minuten lang einfach nur mit geschlossenen Augen in dieser angenehmen Wärme. Nie zuvor hatte ich mich so entspannt gefühlt.
Dann allerdings ertönten Schritte auf dem Gang und Jonathans dunkle Stimme ließ mein Wohlbefinden verschwinden.
„Ich habe dir das Essen in dein Zimmer gestellt", rief er durch die Tür und ich lauschte mit angehaltenem Atem, bis seine Schritte wieder verklangen.
Es wunderte mich ein wenig, dass er Edwards Bitte einfach so erfüllt hatte und mich in Frieden ließ. Allerdings konnte er mir durch die abgeschlossene Tür auch nicht wirklich viel anhaben.
Ich seifte mich ein, wusch mich gründlich und stieg dann wieder aus der Wanne. Ich wäre gern noch eine Weile länger darin sitzen geblieben, doch Jonathans Stimme hatte meine Freude an dem Bad gedämpft.
Am Boden der Wanne befand sich ein Ventil, durch das man das Wasser vermutlich wieder ablassen konnte. Doch ich sah kein Behältnis, in das ich all das Wasser hätte fließen lassen können. Außerdem fand ich es zu schade um das schöne Wasser. Es käme einer Verschwendung gleich, wenn man es jetzt schon wegschütten würde.
Mithilfe eines großen und unglaublich flauschigen Handtuches trocknete ich mich ab und schlüpfte in das Kleid hinein.
Allerdings kam ich nicht sonderlich weit. Es stellte sich heraus, dass sich das Kleid nur auf dem Rücken schnüren ließ und das auf eine so komplizierte Weise, dass ich es nicht schaffte. Innerlich fluchend raffte ich die langen Schnüre zusammen und hielt das Kleid so notdürftig an meinem Körper.
Seufzend ließ ich mich mit tropfnassen Haaren sehr undamenhaft auf dem Badewannenrand nieder. Doch wem machte ich etwas vor? Ich war keine Dame sondern ein armes Mädchen aus der Gosse und darüber konnte auch dieses schicke Kleid nicht hinwegtäuschen.
Sollte ich nun einfach so lange hierbleiben, bis Edward zurückkehrte? Mehrere Minuten lang saß ich bewegungslos auf dem Rand der Wanne und dachte über mögliche Alternativen nach.

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Angst
FanfictionNew York, Mitte des 18. Jahrhunderts - Isabella Swan lebt bei ihrem Onkel, seitdem ihre Eltern einem Raubüberfall zum Opfer gefallen sind. Als sie eines Nachts einen Auftrag für ihn ausführen soll, fällt sie in die Hände übler Vampire, die in ihr ei...