Kapitel 27

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Als ich wenige Sekunden später wieder zu mir kam, lag ich auf dem Bett, die Beine hoch über das Fußteil gelegt. Die Welt um mich herum drehte sich noch ein wenig, aber jedenfalls sah ich wieder etwas. Edwards besorgtes Gesicht, um genau zu sein.

„Ist alles in Ordnung? Was ist passiert?", fragte er eindringlich und ergriff meine Hand, was mir beinahe einen Herzinfarkt bescherte. Seine Finger waren so sanft.

Ich nickte nur stumm. Natürlich war alles in Ordnung, ich hatte soeben den schönsten Moment meines Lebens erlebt. Oh Gott, ich hatte ihn tatsächlich geküsst. Und er hatte mich geküsst. Und dann war alles schwarz geworden.

„Ich glaube, ich habe vergessen zu atmen", erklärte ich mit krächzender Stimme.

Eine Mischung aus Belustigung und aufrichtiger Besorgnis spiegelte sich auf Edwards Gesicht wieder.

„Das schreibe ich meinem außerordentlichen Talent zu", sagte er dann mit einem neckenden Grinsen. Ich konnte ihn einfach nur anstarren. Diese Seite an ihm war mir neu. Obwohl er noch immer ein wenig besorgt wirkte, hatte ich ihn gleichzeitig noch nie so unbeschwert erlebt. Das ergab keinen Sinn und ich ging davon aus, dass mein Gehirn noch immer nicht wieder vollkommen funktionstüchtig war.

„Ich würde es allerdings bevorzugen, wenn das nicht noch einmal passiert. Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt", erklärte Edward und drückte meine Hand leicht.

Hieß das, dass er vorhatte, mich ein weiteres Mal zu küssen? Allein bei dem Gedanken schlug mein Herz einen schnelleren Rhythmus an. Oder meinte er damit etwa, dass er es nicht wollte? Was sollte nicht noch einmal passieren? Mir war bewusst, dass ich ihn ziemlich überrumpelt hatte, doch es hatte sich angefühlt, als hätte es ihm gefallen. Vielleicht wartete er darauf, dass ich mich entschuldigte? Ich setzte mich vorsichtig auf und schaute ihn an.

„Es tut mir leid, ich hätte nicht . . . Ihr wart nur plötzlich so nah und Euer Duft . . .", stammelte ich. Es fühlte sich schrecklich an, sich dafür zu entschuldigen, aber es war das einzig richtige. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, ihn zu küssen? Nichts gab mir das Recht dazu.

Sofort schlug die spielerische Leichtigkeit in seinem Blick in Ernst um. Wurde er wieder wütend? Es sah ganz so aus. Ich biss mir auf die Unterlippe und verfluchte meinen vorlauten Mund. Egal, was ich sagte, er wurde zornig.

„Ist das dein Ernst? Verdammt, Isabella, ich meine nicht den Kuss, sondern deine Bewusstlosigkeit. Glaubst du, es hat mir nicht gefallen?", fragte er mit offenbar mühsam gedämpfter Stimme. Seine roten Augen glühten geradezu.

Im nächsten Moment zuckte ich zurück, als er sich über mich beugte. Sein Kopf befand sich nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich vergaß beinahe schon wieder zu atmen.

„Kann es sein, dass du nicht die geringste Ahnung hast, wie begehrenswert du für mich bist?", fragte er leise, beinahe bedrohlich und ich zitterte, als sein wunderbarer Atem auf mein erhitztes Gesicht traf.

„Es ist nicht nur dein Blut, Isabella. Dein Körper, deine Art . . . Gott, du weißt es wirklich nicht, oder? Merkst du denn nicht, dass ich mich nicht mehr von dir fernhalten kann, seit sich unsere Wege gekreuzt haben? Was dachtest du, ist der Grund dafür, dass ich dich bei mir behalten habe? Dass ich dir zu Aro gefolgt bin?"

Ich schluckte. Seine letzte Frage war eindeutig keine rhetorische gewesen und er erwartete eine Antwort. Doch was sollte ich sagen? Ich hatte mir keine Gedanken über seine Motive gemacht.

„Ich weiß nicht . . .", murmelte ich, doch insgeheim dachte ich an die armen Mädchen, die vor mir in Aros Zellen gelegen haben mussten. Und ich wusste, dass Edward da irgendwie seine Finger mit im Spiel gehabt hatte. Doch ehrlich gesagt wollte ich über dieses Thema nicht länger nachdenken.

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