Kapitel 18

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„Wofür bedankst du dich?", fragte Edward mit rauer Stimme. Seine Hand legte sich seitlich an meinen Hals und ich blinzelte überrascht. Meine Haut brannte. Es war kaum zu glauben, was so eine einfache Berührung von ihm in mir auslöste. Ohne nachzudenken, hob ich meine eigene Hand und legte sie auf seine. Für einen kurzen Moment musste ich die Augen schließen und dieses neue Gefühl auf mich wirken lassen. Oh ja, seine Haut fühlte sich genauso makellos an wie sie aussah.

Aus Edwards Blick sprach nun ein unverhülltes Erstaunen. Dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Ein echtes, breites Lächeln, das all seine weißen Zähne enthüllte. Seine spitzen Eckzähne, die mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen waren, mit eingeschlossen. Doch trotz dieses eindeutigen Hinweises auf seine Spezies, empfand ich nicht das kleinste bisschen Angst.

„Dafür dass Ihr mit mir Schach gespielt habt", antwortete ich mit rostig klingender Stimme.

„Und dafür dass Ihr den Nachmittag mit mir verbracht habt. Ihr hättet bestimmt etwas Wichtigeres zu tun gehabt", setzte ich leise fort.

Nun wirkte Edward regelrecht fassungslos. Auch er schloss für einen kurzen Moment die Augen und ich bildete mir ein, dass seine Finger sich leicht an meiner Haut bewegten. Die Kälte seiner Hand machte mir noch bewusster, wie heiß meine Haut war.

„Bedanke dich nicht dafür", bat Edward mich. „Ich hatte einen schönen Nachmittag."

Mit diesen Worten richtete er sich auf. Seine Hand lag nach wie vor an meinem Hals, doch jetzt drehte er sie, sodass er seine Finger ohne Mühe mit meinen verschränken konnte. Mein Herz hämmerte in meinem Brustkorb.

„Du solltest schlafen gehen, Isabella. Du hast einen langen Tag hinter dir."

Mit diesen Worten zog Edward mich offensichtlich mühelos auf die Beine und schritt, ohne meine Hand loszulassen, aus dem Salon heraus. Wir durchquerten die Eingangshalle, stiegen die Treppe hinauf und fanden uns schließlich in meinem Zimmer wieder. Edward schloss die Tür hinter uns.

Sein Blick fiel auf den Nachttisch, auf dem noch immer das Buch von John Smith lag. Ich beobachtete seine Reaktion sorgfältig und versuchte herauszufinden, ob er mir böse war, da ich einfach eines seiner Bücher gelesen hatte. Er ließ meine Hand los und ich bedauerte den Verlust sofort.

„Du kannst also doch lesen?", fragte er mich, ließ sich auf meiner Bettkante nieder und nahm das Buch in die Hand.

„Es fällt mir schwer", erwiderte ich und setzte mich neben ihn. In einigem Abstand natürlich.

„Möchtest du, dass ich dir etwas vorlese?", erkundigte sich Edward.

Ich nickte mit wild klopfendem Herzen. So saßen wir ein paar endlose Minuten lang nebeneinander und ich lauschte Edwards sanfter Stimme, während er mir vorlas. Irgendwann lehnte ich mich zurück und legte mich auf das Bett. Edward stockte kurz, las dann aber ungerührt weiter. Ich schloss die Augen und ließ mich von ihm in die Zeit John Smiths zurückversetzen.

Dann hörte er auf zu lesen und ich hörte, wie er das Buch leise wieder auf den Nachttisch legte. Als ich die Augen wieder öffnete, schaute ich direkt in seine blutroten Augen. Er musterte mich mit einer Zärtlichkeit im Blick, die ein Gefühl, als würde ich keine Luft mehr bekommen, in mir erweckte.

Um meinen Gedanken eine Möglichkeit zu geben, eine andere Richtung einzuschlagen, fragte ich ihn das nächstbeste, was mir in den Kopf kam.

„Wenn Ihr das Haus verlasst, um diese . . . Erledigungen zu machen, geht Ihr dann auf Menschenjagd?"

Im selben Moment hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Wieso schossen immer diese unerhörten Fragen aus mir hervor, wenn ich in seiner Gegenwart war?

AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt