Kapitel 17

63 5 0
                                    

Schließlich standen wir wieder in Edwards kleinem Vorgarten und just, als ich einen Schritt über die Türschwelle setzte, gab mein Magen ein tiefes Knurren von sich. Vor Scham färbten meine Wangen sich rot. Er musste denken, dass ich mich in einem Zustand befand, in dem ich immer hungrig war, obwohl ich hier so viel zu essen bekam. Und um ehrlich zu sein, verhielt es sich auch so.

Bevor ich zu Edward gekommen war, war mein Magen an kleinere und deutlich unregelmäßigere Mahlzeiten gewöhnt gewesen. Und nun, da ich so regelmäßig und viel zu essen bekam, verlangte er nach mehr.

Edward führte mich in die Küche und platzierte den Korb auf dem Tisch. Jonathan hatte sich bis jetzt zum Glück noch nicht sehen lassen.

„Ich würde dir gerne helfen, aber leider habe ich im Umgang mit menschlichem Essen keinerlei Übung. Außerdem habe ich noch etwas zu erledigen. Aber wenn du möchtest, kann ich Jonathan rufen, damit er dir zur Seite steht", bot er an.

„Nein, bitte nicht", brach es aus mir heraus und meine Hände klammerten sich um die Kante des Küchentischs.

Edward zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Deine Sorge ist wirklich unbegründet, Isabella. Aber in Ordnung. Iss, so viel du möchtest. Ich werde in einer halben Stunde wieder zurück sein."

Mit diesen Worten drehte er mir mit einem letzten atemberaubenden Lächeln den Rücken zu und war im Bruchteil einer Sekunde verschwunden. Ich seufzte leise und wandte mich dem überquellenden Korb zu.

Ich förderte einen Laib Brot zutage sowie die Räucherwurst und einen Stängel mit frischen Tomaten. Als alles auf einem Teller zubereitet war und mein Magen bei dem Anblick beinahe ein Erdbeben auszulösen schien, lauschte ich aufmerksam. Im Haus war nichts zu hören, doch ich wagte es nicht, in den Flur zurückzukehren. Mein erster Impuls hatte darin bestanden, den Teller mit nach oben zu nehmen und dort zu essen, doch da ich nicht wusste, wo Jonathan sich gerade aufhielt, blieb ich lieber in der Küche.

Zu meiner übergroßen Erleichterung überraschte er mich nicht, während ich aß und erschien auch in der verbleibenden Viertelstunde bis zu Edwards Rückkehr nicht. Ich saß mit dem Rücken zur Küchentür und hatte die Inhalte des Korbes vor mir auf dem Tisch ausgebreitet. So viel Nahrung! Obwohl ich eigentlich vollkommen satt war, lief mir bei dieser Aussicht das Wasser im Munde zusammen.

Ich schreckte zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Erst nach einem kurzen Moment bemerkte ich, dass sie keine Körperwärme ausstrahlte. Und ich hatte keine Schritte gehört.

„Hat es dir geschmeckt?", erkundigte sich Edward in meinem Rücken und trat neben mich, allerdings ohne seine Hand von meiner Schulter zunehmen.

Das Herz klopfte mir bis zum Hals und ich war nur zu einem kurzen Nicken imstande. Seine Hand schien sich trotz der Kälte, die sie ausstrahlte, in meine Schulter zu brennen.

„Schön. Ich werde die Sachen wegräumen."

Mit diesen Worten verschwand seine Hand von meiner Schulter und ich nahm schemenhaft wahr, wie die Lebensmittel vor mir auf dem Tisch nach und nach auf magische Weise zu verschwinden schienen. Wahrscheinlich sollte ich es wohl beängstigend finden, allerdings faszinierte es mich eher.

„Was würdest du nun gerne tun, Isabella?", ertönte Edwards Stimme plötzlich nah an meinem linken Ohr und ich fuhr erschrocken herum.

Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und mein Herz schlug einen schnelleren Takt an. Oh, seine Augen! Er musste gerade erst etwas getrunken haben, so hell war das Rot seiner Iris. Der Anblick war wunderschön. Ich atmete zittrig aus. Wie konnte es sein, dass ich mich zu diesem Mann, der Menschenblut trank, hingezogen fühlte? Was sagte das über mich aus?

AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt