Edward gab einen überraschten Laut von sich und ließ zwar die Arme um mich geschlungen, stolperte aber plötzlich ein paar Schritte zurück und wir krachten gegen die Wand. Sie wackelte und ich hielt inne. Edward stolperte nicht. Was war passiert? Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich es war, die ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.
„Vorsichtig", murmelte Edward in mein Ohr. Ein Laut, der einem Schnurren glich, verließ meine Kehle und Edwards Arme zogen sich fester um mich herum. „Du wirst die nächsten Monate stärker sein als ich. Jungvampire verfügen über eine besondere Kraft."
Doch ich scherte mich nicht darum, ob ich vorsichtig sein musste oder nicht, denn ausnahmsweise hatte ich einmal die Macht zu tun und zu lassen, was ich wollte. Und das einzige, was ich in diesem Moment wollte, war, Edward näher zu sein. Also stellte ich mich auf die Zehenspitzen, zog seinen Kopf zu mir hinunter und küsste ihn. Das Gefühl seiner warmen Lippen auf meinen ließ ein Feuerwerk der Gefühle in meinem Innern explodieren. Ich hatte nicht gewusst, dass es möglich war, so zu empfinden.
Edwards Hände pressten sich hart und begierig auf meinen Körper, jegliche Zurückhaltung war nun nicht mehr von Nöten. Unsere Zungen fochten miteinander und erst ein lautes Räuspern in meinem Rücken ließ mich aus diesem Sog der Leidenschaft auftauchen. Binnen des Bruchteils einer Sekunde stand ich auf der anderen Seite des Gangs, doch Edward schien sich nicht dafür zu interessieren, dass man uns ertappt hatte und folgte mir. Seine Arme schlossen sich erneut um meine Hüfte.
Meine Augen fanden Alice, die mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf dem Flur stand. Jasper hielt ihre Hand. Doch das heiße Brennen meiner Wangen, dass ich erwartet hatte, blieb aus. Ich errötete nicht.
„Hallo, Bella." Sie trat einen Schritt näher, doch Jasper blieb wo er war und schien sie zurückziehen zu wollen. Sie schüttelte ihn ab, lief auf mich zu und fiel mir um den Hals. Edward ließ mich nicht los. Jasper grollte.
„Ach, sei leise, Jasper! Du machst dir zu viele Gedanken!", rief Alice über ihre Schulter und schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln. „Er denkt, dass du undiszipliniert und blutdurstig bist."
Jetzt, da sie die Worte ausgesprochen hatte, machte sich tatsächlich ein unangenehmes Ziehen in meiner Kehle bemerkbar, dass ich als Hunger identifizierte. Ich dachte an Brot und Äpfel, doch ein anderes Bild schob sich davor. Die pochende Halsschlagader eines Menschen. Das Ziehen wurde zu einem Brennen und ich fasste mir an den Hals, um es einzudämmen. Es schien mich von innen heraus aufzufressen.
„Danke, Alice", grollte Edward und zog mich enger an sich heran, wie um mir Halt zu geben.
„Oh nein, entschuldige, Bella. Ich dachte, Edward hätte dir bereits etwas zu trinken gegeben."
Mir war schlecht. Konnte Vampiren schlecht werden? Wenn ich auch nur daran dachte, mein Zähne in den Hals eines Menschen zu schlagen und von ihm zu trinken, wurde mir schwindelig vor Ekel. Doch gleichzeitig sammelte sich Speichel in meinem Mund. Oh Gott.
„Ich kann nicht", stieß ich hervor und versuchte mich auf etwas anderes als das Brennen in meinem Hals zu konzentrieren, das meine Stimme beinahe erstickte. Wenn ich mir vorstellte wie Edward sich in meiner Gegenwart gefühlt haben musste, wurde mir ganz anders. Es war ein Wunder, dass er sich hatte beherrschen konnte. Eins war klar: wenn sich in diesem Moment ein Mensch in den Umkreis von zehn Kilometern des Hauses der Cullens bewegte, würde ich über ihn herfallen. Doch das wollte ich nicht.
„Ich habe darüber nachgedacht", sagte Edward leise und vorsichtig, seine Hände ein beruhigendes Gewicht auf meinen Schultern. „Du könntest Tierblut probieren. Ich selbst finde es abscheulich, aber für dich wäre es eine Möglichkeit."

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Angst
Fiksi PenggemarNew York, Mitte des 18. Jahrhunderts - Isabella Swan lebt bei ihrem Onkel, seitdem ihre Eltern einem Raubüberfall zum Opfer gefallen sind. Als sie eines Nachts einen Auftrag für ihn ausführen soll, fällt sie in die Hände übler Vampire, die in ihr ei...