Kapitel 38

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Mir schwirrte der Kopf von der hastigen Drehung, mit der Edward mich hinter sich geschoben hatte. Was war passiert? Warum war er plötzlich so alarmiert?

„Aro hatte so etwas vermutet", ertönte eine Stimme von einer Person, die ich nicht sehen konnte. Doch sie war mir unbekannt und Edwards angespannter Haltung nach zu urteilen, handelte es sich um einen Vampir. Ich hielt die Luft an und versuchte, keinen Mucks zu machen. Es wäre albern zu hoffen, dass er mich nicht sah, denn mein Kleid schaute ohne Frage hinter Edward hervor, doch vielleicht würde er wieder gehen, wenn ich mich ruhig verhielt.

Edward sagte nichts, aber ein gefährliches, bedrohliches Grollen ließ seinen Körper erbeben.

„Wie hast du es geschafft, dass sie dir so willenlos dient, Edward? Alle Menschenmädchen, die ich finde, hören nicht auf zu schreien, sobald ich sie berühre. Ich kann nicht unbedingt behaupten, dass es mir missfällt, aber dein Geheimnis würde ich wirklich gern erfahren."

Ich musste ein Würgen unterdrücken, wenn ich mir vorstellte, was er mit diesen armen Mädchen getan hatte. Offensichtlich kannte er Edward durch Aro. Oder hatte früher vielleicht sogar mal für ihn gearbeitet.

„Was willst du hier?", war Edwards einzige Antwort. Er bewegte sich ein paar Schritte nach links und ich ging davon aus, dass er die Bewegungen des anderen Vampirs spiegelte.

Obwohl sich eine gewisse Neugierde in mir aufbaute, vermied ich es, an Edward vorbeizuschauen. Die Angst, die ich schon in Aros Gefangenschaft verspürt hatte, schob sich wieder an die Oberfläche. Er würde mich mitnehmen. Er würde mich mitnehmen und Aro ausliefern. Aber das würde Edward doch verhindern, oder? Die zwei Wochen waren noch nicht um.

Mit einem Mal wünschte ich mir, Edward hätte mich bereits zu einem Vampir gemacht. Ich war so wehrlos, so schutzlos als Mensch.

„Aro schickt mich, wie du es dir sicherlich denken kannst. Er lässt fragen, wie dir sein Spielzeug gefällt."

Edwards Körper bebte so sehr vor unterdrücktem Zorn, dass ich Angst bekam, er würde etwas Unüberlegtes tun. Vorsichtig legte ich eine Hand auf seine Schulter und drückte leicht. Zu spät kam mir der Gedanke, dass es eine schlechte Idee war, diesem Vampir zu zeigen wie nah wir uns standen.

„An deiner Stelle würde ich mir überlegen, was ich sage", zischte Edward und es klang so bedrohlich, dass ich zusammenzuckte.

Der Vampir, von dem ich noch immer keinen Blick erhascht hatte, lachte.

„War das eine Drohung?", höhnte er und Edward machte noch ein paar Schritte zur Seite, dieses Mal in die andere Richtung.

„Allerdings", antwortete Edward knapp und tastete nach mir, um sicherzugehen, dass ich noch an Ort und Stelle war.

„Edward, Edward", sagte der Vampir in einem leisen, spöttischen Tonfall, der mir wortwörtlich die Haare zu Berge stehen ließ. „Erst löst du dich von Aro, dann lachst du dir die Cullens als Freunde an und jetzt hast du dich in eine Sterbliche verliebt? Süß. Aro wird sehr erfreut sein über die Information, dass du offensichtlich deine weiche Seite entdeckt hast. Ich werde ihn von dir grüßen."

Ein Grollen schallte über die Lichtung und einen Moment später war Edward verschwunden. Er war einfach weg. Verängstigt schaute ich mich zu allen Seiten um, doch konnte weder ihn noch den anderen Vampir irgendwo entdecken. Mist, Mist, Mist! Was war passiert? Wo war er? Hatte der andere Vampir ihn angegriffen? Nach seinen letzten Worten war es wahrscheinlicher, dass Edward ihn angegriffen hatte. Ich wusste nicht, was mir mehr Angst machte.

Ein Geräusch von Stein, der auf Stein krachte, hallte durch den Wald und ich zuckte zusammen. War ihm etwas passiert? Ich wusste, dass er zäh war, aber was war, wenn der andere Vampir ihm wehtat? Was wenn er ihn . . . ich brachte es nicht über mein Herz, den Gedanken zu Ende zu denken.

AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt